Leitsatz (amtlich)

Die - behauptet unberechtigte - Leistungsverweigerung eines Versicherers ist ein Verstoß i.S.v. § 4 Abs. 1c ARB 2000, auch wenn die Leistungsverweigerung damit begründet wird, dass der Versicherungsnehmer bei Abschluss des Versicherungsvertrags seine Anzeigepflicht verletzt hat.

 

Normenkette

ARB 2000 § 4 ARB

 

Verfahrensgang

LG Mosbach (Urteil vom 31.05.2011; Aktenzeichen 1 O 264/10)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird unter deren Zurückweisung im Übrigen das Urteil des LG Mosbach vom 31.5.2011 - 1 O 264/10 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

a) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.557,45 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozent über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen und die Klägerin von einer Forderung der Landesoberkasse Baden-Württemberg aus gewährter Prozesskostenhilfe im Verfahren LG Karlsruhe 7 O 7/06 i.H.v. 117,59 EUR sowie von Forderungen der Kanzlei L i.H.v. 160, 76 EUR freizustellen.

b) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz hat die Klägerin zu 75 Prozent und die Beklagte zu 25 Prozent zu tragen. Die Kosten des Rechtsstreits im Berufungsverfahren trägt die Klägerin zu 70 Prozent die Beklagte zu 30 Prozent.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt Leistungen aus einer Rechtsschutzversicherung für ein zwischenzeitlich durch Vergleich beendetes Verfahren gegen einen Lebensversicherer, das Ansprüche aus zwei Berufsunfähigkeitszusatzversicherungen zum Gegenstand hatte.

Zwischen Klägerin und Beklagter bestand - im unmittelbaren Anschluss an eine Rechtschutzversicherung bei einem anderen Versicherer - ab 1.3.2001 eine Rechtsschutzversicherung für Nichtselbständige.. der Privat-, Berufs- und Verkehrsrechtschutz umfasste. Dem Versicherungsvertrag lagen die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung ARB 2000 (im weiteren ARB) zugrunde. Diese bestimmen u.a.:

§ 4 Voraussetzung für den Anspruch auf Rechtsschutz

(1) Anspruch auf Rechtsschutz besteht nach Eintritt eines Rechtsschutzfalles

...

c) in allen anderen Fällen von dem Zeitpunkt an, in dem der Versicherungsnehmer oder ein anderer einen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften begangen hat oder begangen haben soll.

Die Voraussetzungen nach a) bis c) müssen nach Beginn des Versicherungsschutzes gem. § 7 und vor dessen Beendigung eingetreten

sein.

(2) Erstreckt sich der Rechtsschutzfall über einen Zeitraum, ist dessen Beginn maßgeblich. Sind für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen mehrere Rechtsschutzfälle ursächlich, ist der erste entscheidend, wobei jedoch jeder Rechtsschutzfall außer Betracht bleibt, der länger als ein Jahr vor Beginn des Versicherungsschutzes für den betroffenen Gegenstand der Versicherung eingetreten oder, soweit sich der Rechtsschutzfall über einen Zeitraum erstreckt, beendet ist.

(3) Es besteht kein Rechtsschutz, wenn

a) eine Willenserklärung oder Rechtshandlung, die vor Beginn des Versicherungsschutzes vorgenommen wurde, den Verstoß nach Abs. 1c) ausgelöst hat;

Die Klägerin hatte noch vor Abschluss der Rechtsschutzversicherung zwei Risikolebensversicherungen einschließlich Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUZ) abgeschlossen. Die erste Versicherung (5559833) wurde aufgrund Antrags der Klägerin vom 14.10.1999 abgeschlossen; die zweite (5631379) aufgrund eines weiteren Antrags vom 19.2.2001. Obwohl die Klägerin damals unter der Hauterkrankung "lupus erythematodes" litt, war in beiden Versicherungsanträgen bei den Gesundheitsfragen vermerkt, es bestünden keine Vorerkrankungen. Als die Klägerin im Jahr 2004 Leistungen aus den Berufsunfähigkeitszusatzversicherungen forderte, lehnte der Versicherer dies mit Schreiben vom 19.3.2004 mit der Begründung ab, die Klägerin habe ihre vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt, und erklärte die Anfechtung der BUZ-Verträge.

Mit Schreiben vom 23.4.2004 bat der damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Beklagte um Erteilung der Deckungszusage für die gerichtliche Durchsetzung der Ansprüche aus den BUZ-Versicherungen. Die Beklagte lehnte die Deckung unter Verweis auf die Vorvertraglichkeit des Rechtsschutzfalles ab. Die Klägerin führte den Rechtsstreit um die Leistungen aus den Berufsunfähigkeitszusatzversicherungen ohne Deckungszusage der Beklagte vor dem LG Karlsruhe (Az. 7 O 7/06) unter Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe. Der Rechtsstreit wurde in der Berufungsinstanz vor dem OLG Karlsruhe (Az 12 U 168/09) durch Vergleich beendet. Dabei wurden die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben und ein Vergleichsmehrwert festgesetzt. Die Klägerin wird aufgrund dieses Vergleichs von der Landesoberkasse auf Gerichtskosten und auf Rückzah...

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