Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückabwicklung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Belehrung nach dem VerbrKrG stellt keine ordnungsgemäße Belehrung nach § 2 Abs. 1 HWiG a.F. dar.

2. Bei Nichtigkeit einer im Juli 1994 erteilen notariellen Vollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz darf die kreditgewährende Bank, der eine Ausfertigung der notariell beurkundeten Erklärung vorlag, grundsätzlich auf die Wirksamkeit der Vollmacht vertrauen.

3. Realkreditvertrag und finanziertes Grundstücksgeschäft sind weder als wirtschaftliche Einheit anzusehen noch stellen sie ein verbundenes Geschäft i.S. von § 9 VerbrKrG dar.

4. Im Falle eines wirksamen Widerrufs eines Kreditsvertrags nach § 2 Abs. 1; 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG a.F. kann der Kreditgeber gemäß §§ 3, 4 HWiG a.F. Rückzahlung der Darlehensvaluta vom Kreditnehmer verlangen und muss sich nicht auf ein Vorgehen gegen den Partner des finanzierten Geschäfts verweisen lassen, sofern kein Ausnahmetatbestand (verbundenes Geschäft, wirtschaftliche Einheit, Schadensersatzverpflichtung des Kreditgebers) vorliegt.

5. Zum Umfang der Aufklärungspflicht der finanzierenden Bank beim Erwerb von Wohnungseigentum.

 

Normenkette

VerbrKrG § 9 Abs. 1; HWiG § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 a.F.; BGB §§ 172-173

 

Verfahrensgang

LG Mannheim (Urteil vom 05.06.2001; Aktenzeichen 11 O 258/98)

 

Tenor

I. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 05.06.2001 – 11 O 258/98 – wird unter Abweisung der in der Berufungsinstanz gestellten klageerweiternden Anträge zurückgewiesen.

II. Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist für die Beklagte im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger haben bei der Beklagten zwei Darlehen aufgenommen, um den Erwerb einer Eigentumswohnung zu finanzieren. Sie verlangen Rückzahlung der geleisteten Darlehensraten und die Feststellung, dass der Beklagten keine weiteren Ansprüche aus dem Darlehensvertrag mehr zustehen.

Die Firma M… Bauträgergesellschaft mbH (im folgenden: Firma M…) errichtete ab etwa 1992 in M. die „Wohnanlage N. Str. …” mit dem Ziel, die einzelnen Wohnungen an Kapitalanleger zu veräußern. Die Errichtung der Anlage war von der Beklagten finanziert worden. Der Vertrieb der Wohnungen erfolgte über die Firma H… Konzept-Immobilien-Planungs- und Marketing GmbH (im folgenden: Firma H…), die weitere Firmen als Untervermittler einsetzte. Dabei wurden auch die Kläger unter im Einzelnen streitigen Umständen für den Kauf einer Wohnung geworben.

Am 06.11.1994 unterzeichneten die Kläger zwei Darlehensverträge mit der Beklagten über 137.000 DM bei einem effektiven Jahreszins von 9,2 % einerseits und über 34.000 DM zu einem effektiven Jahreszins in Höhe von 10,1 % andererseits (Anl. K 5 Anlagenband Kl., LG). Gleichzeitig unterzeichneten sie jeweils eine „Widerrufsbelehrung gemäß Verbraucherkreditgesetz” (II 83). Als Verwendungszweck war in den Kreditverträgen der Kauf einer Eigentumswohnung in M., N. Str. … angegeben. Ein unmittelbarer Kontakt zwischen den Parteien anlässlich der Darlehensaufnahme bestand nicht; die Verträge wurden übersandt.

Am 15.11.1994 unterbreiteten die Kläger der Firma HE… Bautreuhand GmbH (im folgenden: Firma HE…) einen notariell beurkundetes Angebot auf Abschluss eines „Geschäftsbesorgungsvertrages mit Vollmacht” zum Erwerb der Wohnungseinheit Nr. 3 in der genannten Wohnanlage. Die Vollmacht sollte erst mit Annahme des Vertragsangebots wirksam werden und erstreckte sich auf die Vornahme aller Rechtsgeschäfte, Rechtshandlungen und Maßnahmen, die für den Eigentumserwerb der Wohnung und gegebenenfalls dessen Rückabwicklung erforderlich oder zweckdienlich erscheinen. Wegen der Einzelheiten des Vertragsangebots und der Vollmacht wird auf die Anlage K 1 (Anlagenband Kläger LG) Bezug genommen. Die Firma HE… nahm dieses Angebot mit notariell beurkundeter Erklärung vom 14.12. 1994 an (Anl. K 2, Anlagenband Kl., LG).

Mit notariellem Kaufvertrag vom gleichen Tage schloss die Firma HE… als Bevollmächtigte der Kläger mit der Firma M… einen Kaufvertrag über die Wohneinheit Nr. 3 zum Kaufpreis von 137.125 DM (Anl. K 3, Anlagenband Kl., LG). Die Beklagte zahlte am 05.01.1995 einen Betrag von DM 132.326 an die Firma M…. Zuvor waren ihr mit Schreiben der Fa. H… vom 29. November 1994 alle für die Kreditgewährung erforderlichen Unterlagen übermittelt worden (AS II 191). Zur Sicherung ihrer Darlehensforderung wurde zugunsten der Beklagten eine Grundschuld in Höhe von 170.000 DM eingetragen. Die Kläger sind zwischenzeitlich als Miteigentümer im Grundbuch eingetragen (AS I 6). In der Folgezeit nahmen die Kläger die Miete ein und zahlten bis 28.06.2002 insgesamt 50.742,93 EUR an die Beklagte, seit 04.03.1998 unter Vorbehalt. Die Kläger ...

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