Leitsatz (amtlich)

1. In den Fällen des finanzierten Gesellschaftsbeitritts fehlt es für die Anwendbarkeit des Einwendungsdurchgriffs nach § 359 S. 1 i.V.m. § 358 Abs. 1 und 3 BGB an dem Erfordernis eines verbundenen Vertrages über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung durch einen Unternehmer bzw. nach § 9 Abs. 4 VerbrKrG an einem Austauschverhältnis zwischen dem finanzierten Entgelt und der anderen Leistung (des verbundenen Geschäfts), weil die Einlageschuld nicht das Entgelt für die durch den Gesellschaftsvertrag begründete Mitgliedschaft ist.

2. Mängel des Beitritts zu der Fondsgesellschaft führen zur Anwendung der Grundsätze von der fehlerhaften Gesellschaft, so dass die Vorschriften über den Einwendungsdurchgriff weder nach ihrem Tatbestand noch nach der von ihnen vorgesehenen Rechtsfolgenanordnung zur Konfliktlösung in den Fällen des finanzierten Gesellschaftsbeitritt herangezogen werden können.

3. Ist das Widerrufsrecht nach dem VerbrKrG innerhalb der Jahresfrist des § 7 Abs. 2 S. 3 VerbrKrG erloschen, wird bei der gebotenen gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung des § Abs. 2 HWiG das Haustürwiderrufsgesetz nicht von dem speziellerem Gesetz verdrängt. Für die Ausübung des Widerrufsrechts bei unterbliebener Belehrung gilt vielmehr die dem Verbraucher günstigere Zeitgrenze des § 2 Abs. 1 S. 4 HWiG a.F.

4. Für die Anwendung des § 1 Abs. 1 HWiG a.F. im Falle der Finanzierung der gezeichneten Einlage aufgrund Beitritts zu einer Fondsgesellschaft (GbR) durch eine Bank ist nicht erforderlich, dass der Anlagevermittler mit Vollmacht der Bank in Bezug auf das Kreditgeschäft tätig geworden ist.

5. Im Verhältnis zwischen Finanzierungs- und Beteiligungsvertrag fehlt es am Tatbestand verbundener (Haustür-)Geschäfte nach § 9 Abs. 2 VerbrKrG, weil der Beitritt zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht dem Schutzbereich des Gesetzes über den Widerruf von Haustürgeschäften unterliegt.

 

Verfahrensgang

LG Mosbach (Aktenzeichen 2 O 365/01)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 06.12.2004; Aktenzeichen II ZR 394/02)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Mosbach vom 9.1.2002 – 2 0 365/01 – wird zurückgewiesen.

2. Die Widerklage der Beklagten wird abgewiesen.

3. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen den Beklagten als Gesamtschuldnern zur Last.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten dürfen die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 52.000 Euro abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

5. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Verpflichtung zur Rückzahlung eines Darlehens, mit dem die klagende Bank den Beitritt der Beklagten zu einem geschlossenen Immobilienfonds finanzierte.

1. Die Fonds-Gesellschaft, die „… GdR …”, wurde durch notariellen Vertrag vom 23.8.1994 von Günther K. und Alexander R. mit je einer Einlage von 15.000 DM gegründet. Das Gesellschaftskapital war auf 13,5 Mio. DM ausgelegt. Initiator und Vertriebsgesellschaft war die Gesellschaft … (G.), die zugleich auch als Mietgarant auftrat. Das Anlagekonzept sah vor, dass der Anleger über den Treuhänder, die Firma S. Treuhand & Steuerberatungsgesellschaft mbH, …, der Gesellschaft beitrat und sich die Mittel für die gezeichnete Einlage durch ein Bankdarlehen beschaffte. Die Fondsgesellschaft (GbR) erwarb mit notariellem Vertrag vom 20.12.1995 die bereits im Jahre 1990 errichtete Gewerbeimmobilie M. in L. Die Beklagten, vertreten durch die mit notariellem Vertrag vom 15.12.1995 (Anl. B 3) von den Beklagten bestellte Treuhänder-Gesellschaft, traten in die GbR ein und übernahmen insgesamt 2 Anteile von je 30.000 DM. Die Valutierung des Finanzierungsdarlehens und die Einzahlung der Einlage in das Vermögen der GbR erfolgte über den Treuhänder. Eingeleitet wurde der Fondsbeitritt in der Investitionsphase durch eine von den Initiatoren eingeschaltete Vermittlerin. Diese suchte nach den Behauptungen der Beklagte diese unbestellt in deren Privatwohnung auf und überredete sie zu der Kapitalanlage; sie legte ihnen einen vollständig ausgefüllten formularmäßigen Darlehensantrag der Klägerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin zur Unterschrift vor. Eine Widerrufsbelehrung i.S.d. HWiG wurde nicht erteilt. Die Darlehenssumme des zwischen den Parteien auf Antrag der Beklagten vom 1.12.1995 geschlossenen Kreditvertrages i.H.v. 68.888,88 DM (Nettokreditbetrag 62.000 DM) war mit 7,8 % jährlich verzinslich, wobei der Zinssatz bis 30.11.2000 festgeschrieben war. Der tilgungsfreie Kredit sollte am 1.11.2015 durch eine von den Darlehensnehmern gleichzeitig abgeschlossene Kapitallebensversicherung abgelöst werden. Den monatlichen Belastungen der Anleger durch Zins- und Prämienzahlungen standen Ausschüttungen der Mieteinnahmen durch die Fondsgesellschaft gegenüber. Die letzten Mietausschüttungen erhielten die Beklagten am Anfang des Jahres 2000. Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 20.8.2001 an die Fonds-GbR (Anl. B 6, A...

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