Leitsatz (amtlich)

Der in der beanstandeten Werbung angebotene Rabatt i.H.v. 10 % auf die Preise der Konkurrenz begründet die Gefahr einer dauernden Preisunterbietung unterhalb der eigenen Einstandspreise, wodurch das grundsätzlich zulässige bloße Angebot unterhalb der eigenen Einstandspreise wegen Hinzutretens weiterer Unlauterkeitskriterien wettbewerbswidrig nach § 1 UWG wird.

 

Normenkette

UWG § 1

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Urteil vom 21.11.2002; Aktenzeichen 15 O 50/02 KfH IV)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 30.03.2006; Aktenzeichen I ZR 144/03)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Karlsruhe vom 21.11.2002 – Az.: 15 O 50/02 KfH IV – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.d. aufgrund des vorliegenden Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit i.H.d. jeweils beizutreibenden Betrags leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch.

Die Beklagte schaltete am 13.8.2001 in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der ebenfalls an diesem Tag erfolgten Einweihung eines Baumarktes der Wettbewerberin B. in der P. er Zeitung ganzseitig die nachstehend wiedergegebene Anzeige:

„Wir waren, sind und bleiben die Günstigsten! Sollten Sie bei irgendeinem örtlichen Einzelhändler einen identischen Artikel zum gleichen Zeitpunkt noch günstiger finden, auch wenn es ein Werbe- oder Eröffnungsangebot ist, machen wir Ihnen diesen Preis und Sie erhalten darauf 10 % extra ….”

Aufgrund dieser Werbeanzeige erwirkte die Klägerin eine einstweilige Verfügung gegen die Beklagte, die sowohl im anschließenden Widerspruchs- als auch im Berufungsverfahren bestätigt wurde. Insoweit wird auf die im vorliegenden Rechtsstreit beigezogenen Akten LG Karlsruhe (LG Karlsruhe, Urt. v. 21.11.2002 – 15 O 130/01 KfH IV) und OLG Karlsruhe (6 U 202/01) Bezug genommen.

Die Klägerin nimmt die Beklagte nunmehr auch im Hauptsacheverfahren unter dem Gesichtspunkt der unlauteren Behinderung auf Unterlassung in Anspruch.

Das LG hat der Klage stattgegeben. Nach Auffassung des LG ist die Werbeanzeige der Beklagten geeignet, sowohl die konkrete Wettbewerberin B. unzulässig zu behindern als auch darüber hinaus den Wettbewerb insgesamt in gemeinschaftsschädigender Weise zu stören.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie hält die streitgegenständliche Werbeanzeige unter Wiederholung und Bekräftigung ihrer bereits in erster Instanz vertretenen Rechtsauffassung für wettbewerbsrechtlich unbedenklich. Insbesondere sei sie, die Beklagte, aufgrund des von ihr angebotenen 10 %-Rabatts in keinem Fall gezwungen gewesen, Produkte unterhalb der eigenen Einstandspreise an Kunden abzugeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gemäss § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die im angegriffenen Urteil getroffenen Feststellungen sowie darüber hinaus auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das LG hat die Beklagte auf der Grundlage des § 1 UWG zu Recht verurteilt, die streitgegenständliche Werbung zu unterlassen.

1. Das LG ist bei seiner Entscheidung rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass es einem Unternehmer im Rahmen der geltenden marktwirtschaftlich orientierten Wirtschaftsordnung grundsätzlich frei steht, seine Preisgestaltung in eigener Verantwortung vorzunehmen. Diese Befugnis zur freien Preisgestaltung beinhaltet auch grundsätzlich das Recht, Konkurrenzpreise zu unterbieten. Ein solches Unterbieten von Konkurrenzpreisen stellt für sich genommen keine unbillige Behinderung dar, sondern ist vielmehr wesentliches Element eines gesunden Wettbewerbs. Das Unterbieten von Konkurrenzpreisen ist aus wettbewerbsrechtlicher Sicht grundsätzlich selbst dann nicht zu beanstanden, wenn vorübergehend einzelne Artikel unter den eigenen Einstandspreisen abgegeben werden (vgl. BGH GRUR 1979, 321 [322] – „Verkauf unter Einstandspreis I”; v. 6.10.1983 – I ZR 39/83, MDR 1984, 376 = GRUR 1984, 204 [206] – „Verkauf unter Einstandspreis II”; v. 27.10.1988 – I ZR 29/87, MDR 1989, 325 = GRUR 1990, 371 [372] – „Preiskampf”; v. 26.4.1990 – I ZR 71/88, MDR 1991, 126 = GRUR 1990, 685 [686] – „Anzeigenpreis I”; v. 26.4.1990 – I ZR 99/88, MDR 1990, 981 = GRUR 1990, 687 [688] – „Anzeigenpreis II”). Die Schwelle zur Unlauterkeit wird jedoch dann überschritten, wenn zum bloßen Angebot unterhalb der eigenen Einstandspreise weitere Unlauterkeitskriterien hinzutreten. Ein solches Unlauterkeitskriterium hat der BGH beispielsweise darin gesehen, dass die nicht kostengerechte Preiskalkulation auf Dauer angelegt ist und bezweckt, bestimmte Mitbewerber vom Markt zu verdrängen (BGH v. 27.10.1988 – I ZR 29/87, MDR 1989, 325 = GRUR 1990, 371 [372] – „Preiskampf”; v. 26.4.1990 – I ZR 71/88, MDR 1991, 126 = GRUR 1990, 685 [686] –...

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