Leitsatz (amtlich)

1. Rechtsdienstleistungen sind keine geschäftlichen Handlungen i.S.v. § 8 Abs. 1 S. 1 UWG, wenn sie unentgeltlich erfolgen. Daher steht einem Rechtsanwalt kein Unterlassungsanspruch gegen einen Nichtanwalt nach den Vorschriften des UWG zu, wenn der Nichtanwalt unerlaubte Rechtsdienstleistungen unentgeltlich erbringt.

2. Die Regelungen in den Prozessordnungen über die Vertretung der Parteien durch Nichtanwälte (§§ 79, 90 ZPO bzw. § 11 Abs. 2 und Abs. 6 ArbGG) haben nur eine innerprozessuale Bedeutung und sind kein Schutzgesetz zugunsten der Rechtsanwälte i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB. Einem Rechtsanwalt steht daher kein Unterlassungsanspruch gem. § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog gegen einen Nichtanwalt zu, wenn dieser eine Partei unter Verstoß gegen die Beschränkungen in den Prozessordnungen vertritt.

 

Normenkette

ZPO §§ 79, 90; ArbGG § 11 Abs. 2, 6; UWG § 8 Abs. 1 S. 1; BGB § 823 Abs. 2, § 1004 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Freiburg i. Br. (Urteil vom 13.02.2009; Aktenzeichen 8 O 46/09)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Verfügungsbeklagten werden das Urteil des LG Freiburg vom 20.3.2009 und die einstweilige Verfügung vom 13.2.2009 - 8 O 46/09 - aufgehoben.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

2. Die Nebenintervention der beiden Streithelfer im Berufungsverfahren wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten der Nebenintervention tragen die beiden Streithelfer. Im Übrigen trägt der Verfügungskläger die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.

 

Gründe

I. Der Verfügungsbeklagte (im Folgenden: Beklagter) war im Jahr 2008 bei einer Firma G. GmbH in H. beschäftigt. Zwischen der Arbeitgeberin einerseits und dem Beklagten und verschiedenen anderen Arbeitnehmern andererseits gab es wegen rückständiger Lohnansprüche Auseinandersetzungen. Der Beklagte erhob zunächst für sich selbst und sodann auch für seinen Sohn Patrick L. eine Klage gegen die Arbeitgeberin beim ArbG F. Mit Schriftsätzen vom 5.11.2008 und vom 24.11.2008 erhob der Beklagte weitere Klagen zum ArbG F. für zwei Arbeitskollegen (Philipp S. und Radoslav D.). Von beiden Kollegen hatte sich der Beklagte vorher eine umfassende Prozessvollmacht erteilen lassen, die er der Klageschrift beifügte. In den beiden arbeitsgerichtlichen Verfahren erschien der Beklagte zusammen mit den Klägern jeweils zum Termin zur mündlichen Verhandlung (Gütetermin bei Philipp S. und Güte- und Kammertermin bei Radoslav D.). Beide Verfahren wurden mit einem Vergleich abgeschlossen.

Der Verfügungskläger (im Folgenden: Kläger) ist Rechtsanwalt. In einem der genannten arbeitsgerichtlichen Verfahren vertrat er die dortige Beklagte, die damalige Arbeitgeberin des hiesigen Beklagten. Der Kläger ist der Auffassung, der Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, seine Kollegen Philipp S. und Radoslav D. vor dem ArbG zu vertreten, da er kein Rechtsanwalt sei. Auf Antrag des Klägers hat das LG zunächst am 13.2.2009 durch Beschluss eine einstweilige Verfügung gegen den Beklagten er-lassen und diese dann mit Urteil vom 20.3.2009 wie folgt bestätigt:

  • Der Antragsgegner hat es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, vor dem ArbG F. in fremden Rechtsangelegenheiten als Bevollmächtigter oder Beistand aufzutreten oder Klagen und Schriftsätze an jenes Gericht zu richten, es sei denn,
  • der durch ihn Vertretene ist ein Familienangehöriger (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes) und die Tätigkeit steht nicht im Zusammen-hang mit einer entgeltlichen Tätigkeit,
  • er tritt als Organ oder mit der Prozessvertretung beauftragter Vertreter einer selbst-ständigen Vereinigung von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung für ihre Mitglieder auf,
  • er tritt als Organ oder mit der Prozessführung beauftragter Vertreter einer Gewerkschaft oder Vereinigung von Arbeitgebern sowie eines Zusammenschlusses solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder auf,
  • er tritt als Beschäftigter der Partei oder eines mit ihr verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) auf,
  • er vertritt eine Behörde oder juristische Person oder einen von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschluss oder für diese eine andere Behörde, juristische Person oder einen solchen Zusammenschluss,
  • er vertritt juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer Gewerkschaft oder Vereinigung von Arbeitgebern oder eines Zusammenschlusses solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder stehen, und die juristische Person führt ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durch, und die...

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