Verfahrensgang

LG Offenburg (Aktenzeichen 3 O 240/16)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Offenburg vom 09.06.2017, Az. 3 O 240/16, wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ein mangelfreies fabrikneues typengleiches Ersatzfahrzeug aus der aktuellen Serienproduktion des Herstellers V. AG mit gleichwertiger technischer Ausstattung wie das mit Rechnung vom 21.11.2013 beschriebene Fahrzeug (Touran Comfortline BlueMotion Technology, 2,0 l TDI, 6-Gang, 2K2K Wild Cherry Red Metallic, 22 Anthrazit/Titanschwarz-Anthrazit/Schwarz/Perlgrau, 1D2 Anhängevorrichtung abnehmbar, 9VQ V. Soundsystem, P3T "LIFE Plus"-Paket, PG1 2 Einzelsitze in der 3. Sitzreihe, im Gepäckraumboden versenkbar, RGZ "RCD 310", W3T "LIFE") mit mindestens einer Motorisierung von 103 kW Zug um Zug gegen Rückübereignung des mangelhaften Fahrzeuges VW Touran, FIN WVGZZZ1TZEW043178 nachzuliefern.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagtenpartei mit der Rücknahme des im Klageantrag Ziff. 1 genannten Fahrzeugs in Verzug befindet.

3. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 711,61 EUR freizustellen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen

II. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten beider Instanzen.

IV. Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. 1. Die Parteien streiten um die Nacherfüllung eines Kaufvertrages über einen fabrikneuen VW Touran, Comfortline, Blue Motion Technology, 2.0 l TDI, 103 kW (140 PS), den die Klägerin am 02.10.2013 bei der Beklagten mit Sonderausstattung zu einem Preis von 29.148,20 EUR bestellt hatte (Anlage K 1).

Das vertragsgegenständliche Fahrzeug wurde am 29.11.2013 geliefert. In dem PKW ist ein Dieselmotor der V. AG aus der Motorbaureihe EA189 verbaut, der für die Abgasnorm Euro 5 zertifiziert und werkseitig mit einer Steuerungssoftware ausgestattet ist, die einen speziellen Modus für den Prüfstandlauf sowie einen hiervon abweichenden Modus für den Alltagsbetrieb vorsieht und hierdurch im Prüfzyklus verbesserte Stickoxidwerte generiert. Außerhalb des Testbetriebes werden die Schadstoffgrenzwerte für die Abgasnorm Euro 5 nicht eingehalten. Mit dem Bekanntwerden des Sachverhaltes im September 2015 ordnete das Kraftfahrt-Bundesamt gegenüber der V. AG den Rückruf der Fahrzeuge an und forderte das Unternehmen auf, geeignete Maßnahmen zur Herstellung der Euro 5 Norm zu ergreifen.

Der vertragsgegenständliche Touran wird seit Mai 2015 nicht mehr hergestellt. In der aktuellen Serienproduktion ist - abgesehen von der Änderung der Software - ein EA288 Motor verbaut, der mit der Abgasnorm Euro 6 zertifiziert ist. Das mit dem klägerischen Fahrzeug am ehesten vergleichbare Dieselaggregat der aktuellen Modellgeneration verfügt nunmehr statt über 103 kW (140 PS) über 110 kW (150 PS).

Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 25.01.2016 (Anlage K 2) forderte die Klägerin die Beklagte auf, einen nach aktuellen Vorschriften zulassungsfähigen mangelfreien und vertragsgemäßen Neuwagen bis zum 07.03.2016 zu liefern sowie bis zum 08.02.2016 mitzuteilen, wann der voraussichtliche Liefertermin des Fahrzeugs sein werde. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 27.01.2016 (Anlage K 3) hat die Beklagte den Anspruch zurückgewiesen. Die Nacherfüllung sei derzeit unzumutbar. Der Hersteller arbeite intensiv an einer technischen Lösung und werde schnellstmöglich an den Kunden herantreten. Im Oktober 2015 hat - so der unbestritten gebliebene Vortrag der Beklagten - das Kraftfahrt-Bundesamt den von der V. AG vorgeschlagenen Zeit- und Maßnahmenplan zur Entwicklung technischer Maßnahmen für verbindlich erklärt. Am 25.11.2015 stand für alle betroffenen Motor- und Leistungstypen das Konzept der technischen Überarbeitung fest. Am 16.12.2015 hat das Kraftfahrt-Bundesamt die für die Umsetzung des Software-Updates erforderliche Konzeptsoftware bestätigt. Mit der Umsetzung der technischen Überarbeitung aller betroffenen Fahrzeuge hat nicht unmittelbar im Anschluss begonnen werden können, weil die Konzeptsoftware für die verschiedenen Fahrzeug- und Motorvarianten noch feinabgestimmt wurde und das Kraftfahrt-Bundesamt seine Zustimmung zum Zeit- und Managementplan von separaten Freigabebestätigungen für die einzelnen Fahrzeug- und Motorvarianten abhängig gemacht hat. Der dem Nachweis bzw. der Prüfung durch das Kraftfahrt-Bundesamt vorausgehende Prozess war sehr zeitaufwendig. Erst als die Freigabebestätigung für ein Cluster vorlag, durfte die V. AG mit der Umsetzung der technischen Maßnahmen für alle im Cluster erfassten Fahrzeug- bzw. Motorvarianten beginnen. Nach ...

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