Leitsatz (amtlich)

1. In Überleitungsfällen nach Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB ist der Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist (§ 195 BGB n.F.) unter Einbeziehung der subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB n.F. zu berechnen (Festhaltung an Senat, OLGR 2006, 755 = ZIP 2006, 1855).

2. Rechtfertigt sich der geltend gemachte Anspruch aus Bereicherungsrecht wegen Verstoßes einer umfassenden Treuhandvollmacht gegen das Rechtsberatungsgesetz nach den Grundsätzen der Entscheidungen des BGH vom 18.09. und 11.10.2001 (BGH v. 18.9.2001 - XI ZR 321/00, MDR 2002, 103 = BGHReport 2002, 27 = WM 2001, 2113 = NJW 2001, 3774; BGH v. 11.10.2001 - III ZR 182/00, MDR 2002, 23 = BGHReport 2002, 7 m. Anm. Chemnitz = WM 2001, 2260 = NJW 2002, 66), so ist - unter Berücksichtigung eines angemessenen Zeitraums zur Auswertung dieser Entscheidungen und Klärung der relevanten Tatsachen (etwa ob dem Treuhänder eine Erlaubnis nach dem RBerG erteilt ist oder er sich bei Vertragsabschluss nach § 172 BGB legitimiert hat) - Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners i.S.v. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB n.F. regelmäßig nicht vor dem 1.1.2002 anzunehmen. Die Erhebung einer Klage noch im Jahr 2001 war einem Anleger in diesen Fällen nicht zumutbar.

 

Normenkette

BGB §§ 195, 199 Abs. 1; EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Mannheim (Urteil vom 31.01.2006; Aktenzeichen 2 O 246/05)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 17.06.2008; Aktenzeichen XI ZR 112/07)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des LG Mannheim vom 31.1.2006 - 2 O 246/05 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen teilweise geändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 10.095,59 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 1.1.2001 zu zahlen.

Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung der Kläger wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge tragen die Kläger 37 % und die Beklagte 63 %.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

VI. Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 15.943,31 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Darlehens, welches die Beklagte den Klägern zur Finanzierung einer Beteiligung an einem als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GdbR) organisierten Immobilienfonds gewährt hat. Die Kläger verlangen von der Beklagten aus ungerechtfertigter Bereicherung die Erstattung ihrer Zinsleistungen (nebst fortlaufender Zinsnutzungen gem. § 818 Abs. 1 BGB), die sie ab dem vierten Quartal 1992 bis zum ersten Quartal 1999 erbracht haben, sowie die Rückzahlung der zur Ablösung der Darlehensforderung zum 1.4.1999 an die Beklagte geleisteten Ablösesumme. Sie halten den Darlehensvertrag mangels wirksamer Vertretung durch die für sie bei Vertragsabschluss tätige Treuhänderin wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz für unwirksam.

Die Kläger unterbreiteten der H. & K. Steuerberatungsgesellschaft mbH (im Folgenden: Treuhänderin) am 24.7.1992 ein notariell beglaubigtes Angebot auf Abschluss eines umfassenden Geschäftsbesorgungsvertrags/Treuhandauftrags zum Beitritt zu der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts "Einkaufs- und Gewerbezentrum A. GdbR" unter Übernahme einer Beteiligung an deren Kapital mit einer Einlage von 17.429 DM. Zugleich erteilten sie der Treuhänderin eine umfassende, für die Zeit bis zum Ablauf des auf die Eintragung des Auftrag-/Vollmachtgebers als Gesellschafter in das Grundbuch folgenden Kalenderjahrs unwiderrufliche Vollmacht zu ihrer uneingeschränkten Vertretung bei der Durchführung des Treuhandvertrags und als Gesellschafter der Gesellschaft sowie zur Verfügung über die Gesellschaftsbeteiligung und die Liegenschaft. Die Vollmacht erstreckte sich auf den Abschluss aller Rechtsgeschäfte, die Abgabe und Entgegennahme aller Willenserklärungen und die Vornahme aller Handlungen, insbesondere solcher im Zuge und zum Zwecke der Realisierung des vorgenannten Gegenstandes der Treuhandtätigkeit. Die Vollmacht berechtigte zur Vertretung des Vollmachtgebers gegenüber Gerichten jedweder Art, Behörden der allgemeinen Verwaltung, Bauverwaltungsbehörden, Finanzbehörden, dem für die Liegenschaft zuständigen Grundbuchamt sowie gegenüber jedem Dritten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Wiedergabe des Treuhandauftrags mit Vollmacht in der Klageschrift verwiesen (dort Seiten 6-8).

Die Finanzierung des Anteilserwerbs sollte durch ein Darlehen im Nennbetrag von 20.000 DM erfolgen. Hierzu unterzeichneten die Kläger unter dem 24.7.1992 verschiedene Unterlagen (Einwilligung zur Übermittlung von Daten an die SCHUFA, Einzugsermächtigun...

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