Leitsatz (amtlich)

Zur Duldung einer Torschließanlage durch den Berechtigten eines als Grunddienstbarkeit eingetragenen Wegerechts.

 

Normenkette

BGB § 1020

 

Verfahrensgang

AG Freiburg i. Br. (Aktenzeichen 7 C 263/05)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten sich im wesentlichen darüber, ob die Beklagten aufgrund eines Wegerechts des Klägers verpflichtet sind, ein Tor tagsüber offen zu halten. Mit notariellem Kaufvertrag vom 10.12.2002 verkaufte der Erstbeklagte dem Kläger ein rückwärtiges Grundstück ohne eigenen Zugang zur Straße. Zugunsten des Grundstücks des Klägers und zu Lasten eines Grundstücks des Erstbeklagten sowie eines Grundstücks, an dem Wohnungseigentum der Beklagten begründet ist, wurden Dienstbarkeiten bewilligt. Die Bewilligungen haben im wesentlichen den gleichen Wortlaut, wie die bezüglich des in Wohnungseigentum aufgeteilten Grundstücks, die folgenden Wortlaut hat:

"Der jeweilige Eigentümer hat Wege- und Durchfahrtsrecht über Grundstück Flurstücknummer 14358/6 und Recht auf Verlegung und Unterhaltung von Ver- und Entsorgungsleitungen. Der Ausübungsbereich der Grunddienstbarkeit ergibt sich aus der Anlage."

Die jeweilige Grunddienstbarkeit wurde als "Wege- und Durchfahrtsrecht, Ver- und Entsorgungsleitungsrecht" im Grundbuch bzw. in den Wohnungsgrundbüchern unter Bezugnahme auf die Bewilligung eingetragen.

Die Einfahrt in das Areal auf dem Grundstück der WEG war zum Zeitpunkt des Grundstückskaufs mit einem schmiedeeisernen Einfahrtstor versehen. Nach Ankündigung vom 5.10.2003 ließ der Erstbeklagte für diese Einfahrt, dessen Tor bis dahin nur mechanisch geöffnet werden konnte, einen elektrischen Schließmechanismus einbauen, der sich bei Ein- und Ausfahrt mit einer Fernbedienung betätigen lässt. Darüber hinaus kann das Tor mit einem an der Innenseite verdeckt angebrachten kleinen Knopf geöffnet werden. Das seitlich befindliche kleine Tor für Fußgänger ist von der Neuerung nicht betroffen und wird auch nicht verschlossen.

Der Kläger, der auf seinem Grundstück ein Institut für Biometrie unterhält, sieht sein Wegerecht durch dieses Tor entgegen einer behaupteten Zusage des Erstbeklagten unzumutbar eingeschränkt. und hat beantragt, die Beklagten zu verurteilen, dass Tor. täglich in der Zeit von 8:00 Uhr bis 22.00 Uhr ununterbrochen geöffnet zu halten. Das AG hat nach Vernehmung von Zeugen die Klage abgewiesen. Die Berufung hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Aufgrund des bewilligten und im Grundbuch eingetragenen Wege- und Durchfahrtsrechts hat der Kläger keinen Anspruch darauf, dass das vorhandene Tor täglich in der Zeit von 8.00 Uhr bis 22.00 Uhr ununterbrochen geöffnet gehalten wird. Für die Auslegung dieses Rechtes ist vorrangig auf den Wortlaut und den Sinn der Grundbucheintragung und der dazu in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des eingetragenen ergibt, abzustellen. Umstände außerhalb dieser Urkunde dürfen nur insoweit mit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind. (BGH v. 12.10.1990 - V ZR 149/89, MDR 1991, 421 = NJW-RR 1991, 457). Weder aus der Bewilligung noch aus der Eintragung ergibt sich näheres für die Beurteilung der Streitfrage. Für die Entscheidung, ob das Zufahrtstor tagsüber offen zu halten ist, ist deshalb auf allgemeine Grundsätze und die hierzu ergangene Rechtsprechung zurückzugreifen.

Das Tor für Fußgänger ist ohnehin stets offen. Das Interesse der Beklagten an der Unterhaltung der modernen Schließung mit weitgehender Fernbedienung, die bedingt aber auch sicherstellt, dass das Tor stets geschlossen ist und das Grundstück der Kläger nicht von Unbefugten befahren werden kann, ist offenkundig und bedarf keiner weiteren Begründung. Der Kläger hat kein dem entgegenstehendes Recht. Gemäß § 1020 BGB hat er als Berechtigter bei Ausübung seiner Grunddienstbarkeit das Interesse de Eigentümer des belasteten Grundstücks tunlichst zu schonen. Die von den Beklagten installierte Schließung des Tores, die durch einen Knopf am Tor selbst und im Übrigen durch Funk mit tragbaren Sendern bedient werden kann, ist im allgemeinen für alle Beteiligten von Vorteil. Einerseits kann auf diese Weise gewährleistet werden, dass das Tor ständig geschlossen ist. Andererseits können die Berechtigten jederzeit durch Funk oder Knopfdruck am Tor dieses öffnen. Ein Öffnen von Hand, das ein Aussteigen aus dem Fahrzeug erfordern würde, entfällt.

Beurteilungsmaßstab für die Prüfung der schonenden Ausübung gem. § 1020 BGB sind die Regeln einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung (Fackelberg in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 1020 Rz. 4). Erforderlich ist eine Abwägung der beiderseitigen Interessen (Falckenberg MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 1020 Rz. 4; Staudinger/Mayer, BGB, 2002, § 1020 Rz. 5). In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein Wegeberechtigter verpflichtet ist, ein zum Schutz des Eigentümers angebrachtes Tor verschlossen zu halten und die damit verbundene als geringf...

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