Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatz

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Urteil vom 18.10.1982; Aktenzeichen 4 O 226/82)

 

Tenor

Urteil

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 18. Oktober 1982 wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Beschwer des Klägers beträgt DM 3.043,98.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 ZPO abgesehen.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Die Beklagte haftet dem Kläger nicht nach § 823 Abs. 1 BGB für den zufolge des Niedergehens einer Dachlawine von ihrem Hausanwesen angerichteten Sachschaden. Die Verkehrssicherungspflicht des für den Zustand eines Hausanwesens Verantwortlichen gebietet es diesem nicht uneingeschränkt. Sicherungsmaßnahmen gegen die Folgen etwa von der Dachschräge abgleitender Schneemassen zu ergreifen. Maßgebend für das Bestehen einer solchen Pflicht und die im Einzelfalle zu treffende Vorsorge sind vielmehr die jeweiligen konkreten Verhältnisse, wie sie in den örtlichen Besonderheiten, den Witterungsbedingungen, der Beschaffenheit des Gebäudes sowie der Art und Dichte des Verkehrs zum Ausdruck kommen. Hierbei spielt eine etwa entstandene und beachtete örtliche Übung, soweit sie nicht Ausdruck einer unvertretbaren Nachlässigkeit ist, eine bedeutsame Rolle (OLG Karlsruhe VersR 1956, 542; OLG München NJW 1965, 1085). So wird in schneereichen Gegenden vielfach damit zu rechnen sein, daß sich die Verkehrsbeteiligten mit den durch den Schneefall verbundenen Gefahren, so auch das Abgleiten niedergehender Schneemassen von Dachschrägen, vertraut gemacht haben und deshalb keiner besonderen Warnung bedürfen (BGH VersR 1955, 82; OLG Stuttgart DAR 1964, 214). Abweichungen können sich aber auch hier unter dem Gesichtspunkt der besonderen Struktur des Ortes, etwa als Fremdenverkehrsplatz (OLG München NJW 1965, 1085), öffentlich rechtlicher Vorschriften (vgl. OLG Celle VersR 1980, 1028) oder überhaupt der Ortsübung (OLG München VersR 1965, 908) ergeben. Umgekehrt kann in, wie vorliegend, schneeärmeren Gebieten nicht ohne weiteres verlangt werden, daß der Hauseigentümer oder sonst für die Verkehrssicherheit des Gebäudes Verantwortliche bei jedem Niederschlag, der geeignet sein kann, zur Bildung und bei entsprechenden Witterungsverhältnissen, insbesondere einsetzendem Tauwetter zur Ablösung von Dachlawinen zu führen, Sicherheitsmaßnahmen ergreift. Dies wäre mit dem Grundsatz, daß es zunächst einmal Sache des betreffenden Verkehrsteilnehmers ist, sich selbst durch Achtsamkeit vor der Gefahr von Verletzungen oder Sachschaden durch abfallenden Schnee zu schützen (vgl. schon RG DR 1942, 1759 Nr. 24; BGH VersR 1955, 82/83) nicht zu vereinbaren. Eine solche Auffassung würde dazu führen, den Verkehrssicherungspflichtigen praktisch in allen Fällen haften zu lassen, denn Schädigungen treten der Erfahrung nach schwerpunktmäßig in der Folge besonders nachhaltigen Schneeniederganges ein. Erforderlich zur Begründung von Sicherungspflichten sind vielmehr besondere Umstände des Einzelfalles, welche über die bloße Tatsache des, wenn auch besonders nachhaltigen Schneefalls, hinausgehen und eine Gefährdung Dritter nahelegen. Solche Umstände sind im Falle des Klägers nicht dargetan.

a) Die Anbringung von Sicherungsgittern im Dachbereich war, wie vielfach in schneearmen Gegenden, nicht ortsüblich. Das Unterlassen einer solchen Maßnahme kann dem Kläger nicht als Pflichtverstoß angelastet werden (vgl. RGRK – Steffen, 12. Aufl., § 823 BGB Rdnr. 219 m. w. N.).

b) Aber auch das Aufstellen von Warntafeln, Warnstangen oder das Beseitigen des angehäuften Schnees war nach den Umständen des vorliegenden Falles nicht geboten. Solche Maßnahmen sind vielfach angezeigt, wenn eine dem Verantwortlichen zumutbare Beobachtung der Verhältnisse ergibt, daß mit einem Niedergehen von Schneemassen an der Dachschräge alsbald zu rechnen ist („Überhang”; vgl. OLG Köln VersR 1980, 878; OLG Düsseldorf VersR 1961, 911). Für das Vorliegen einer solchen Sachlage hat der Kläger keinen Vortrag erbracht. Besondere, Abwehrmaßnahmen erforderliche Umstände können in der Beschaffenheit des Daches, etwa, je nach den Umständen, einer Dachschräge über 45, liegen (OLG Celle VersR 1980, 1028; OLG Stuttgart DAR 1964, 214). Das Dach des Anwesens der Beklagten war unstreitig nur um ca. 30 geneigt. Der Umstand, daß eine Abstellfläche für Kraftfahrzeuge an das Anwesen grenzte, genügte für sich allein noch nicht, die Notwendigkeit besonderer Sicherungsmaßnahmen zu begründen. Im gemeindlichen Ortsetter werden Wege. Straßen und Plätze, die an bebaute Grundstücke angrenzen, vielfach oder regelmäßig von Teilnehmern des stehenden bzw. ruhenden Verkehrs benutzt. Hierin liegt keine, für sich zur Begründung einer Verkehrssicherungspflicht hinreichende Besonderheit. Anders kann die Lage sein, wenn der Gebäudeeigentümer, w...

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