Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Aktenzeichen 6 O 280/19)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 04.02.2022, Az. 6 O 280/19, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen mit Ausnahme der Kosten der Streithelferin, welche diese selbst trägt.

3. Dieses und das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Karlsruhe sind vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 9.932,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Kläger fordern von ihren Grundstücksnachbarn Schadensersatz wegen der Beschädigung eines Walnussbaumes.

Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks F-Straße 20 in K das sie selbst bewohnen. Auf dem Grundstück stand in der Nähe zum Nachbargrundstück F-Straße 16/18, dessen Eigentümer die Beklagten sind, ein mehr als 40 Jahre alter Walnussbaum. Dieser war im Wurzelbereich teilweise verwachsen mit einem auf dem Grundstück der Beklagten stehenden Urweltmammutbaum. Die Beklagten führten ab dem Jahr 2017 auf ihrem Grundstück ein Bauvorhaben durch. Am 12.06.2017 erhielten sie hierzu vom Bauordnungsamt der Stadt K eine Baugenehmigung (Anlage K 1, AH Kl. 1. Instanz), in der ihnen für geschützte Bäume auf ihrem Grundstück innerhalb des Baubereichs eine Fällerlaubnis erteilt wurde. Die Auflagen des Gartenbauamts in der Baugenehmigung lauten auszugsweise:

"34. Alle weiteren geschützten Bäume, auch der nachbarliche Baumbestand entlang der Grundstücksgrenzen, sind zu erhalten und vor Beeinträchtigungen während der Bauzeit zu schützen (§ 1 in Verbindung mit § 3 Baumschutzsatzung).

35. Der Wurzelbereich der zu erhaltenden Bäume ist im Radius der Krone zuzüglich 1,50 m mit einem fest installierten, mindestens 1,80 m hohen Baumschutzzaun abzusperren. ...

36. Alle Eingriffe in Stamm, Wurzelwerk (= Kronengröße) und Krone von geschützten Bäumen sind aufgrund der DIN 18920, RAS-LP 4 und des § 3 Baumschutzsatzung (BSS) untersagt, sofern unter den nachfolgenden Punkten nichts anderes ausgeführt ist. Zu unterlassen sind das Beschädigen von Wurzeln, Stamm und Ästen. ....

37. Die angeordneten Baumschutzmaßnahmen sind vor Beginn der jeweiligen Arbeiten durchzuführen. Schutzzäune sind bis zum Abschluss aller Arbeiten zu belassen. Vor Beginn der Baumaßnahme ist mit dem Gartenbauamt ... ein Ortstermin zu vereinbaren, bei dem die Baumschutzmaßnahmen zusammen mit dem Bauunternehmen abzustimmen sind. Abweichungen bedürfen der vorherigen Abstimmung und Genehmigung durch das Gartenbauamt.

38. Die Baugrube bzw. der Aushub für die Rampenanlage der Tiefgarage greift in den statisch wirksamen Wurzelbereich der Bestandsbäume entlang der Grundstücksgrenzen ein. Die Eingriffe werden unter folgenden Bedingungen aufgrund § 6 Abs. 3 BSS zugelassen: Mit Abgrabungen (hier: Herstellung Baugrube und Rampe Tiefgarage) ist ein Mindestabstand von 2,50 m gemessen ab Stammfuß der/des zu erhaltenden Bäume entlang der Grundstücksgrenzen einzuhalten.

Die Baugrube zur Herstellung der Tiefgarage ist im Kronentraufbereich der Bestandsbäume entlang der Grundstücksgrenzen mit einen Berliner Verbau - oder als verlorene Schalung, die im Boden verbleiben muss - abzufangen.

Nach Abbruch des Gebäudes und vor dem Niederbringen des Verbaus ist ein Suchgraben von 60 cm Tiefe entlang des Verlaufs des Baugrubenverbaus in Handarbeit oder mit dem Saugbagger auszuheben.

Die zu Tage tretenden Wurzeln sind schneidend zu durchtrennen und umgehend vor Austrocknung/Frost zu schützen."

Die Beklagten beauftragten mit Schreiben vom 20.06.2017 (Anlage S 2, AH SH 1. Instanz AS 2) die Streithelferin, die Firma E GmbH, mit dem Abbruch der auf ihrem Grundstück vorhandenen Bauten sowie mit dem Roden von Bäumen und Sträuchern und mit Erdarbeiten. Die Arbeiten sollten am 26.06.2017 beginnen. Am 17.07.2017 sandten die Beklagten dem Geschäftsführer der Streithelferin eine E-Mail mit folgendem Inhalt (Anlage B 8, AH Bekl. 1. Instanz AS 13):

"Sehr geehrter Herr S,

in der Anlage übersenden wir Ihnen wie gewünscht die Baugenehmigung für das BV F-Straße 16.

In den Unterlagen finden Sie u. a. den Hinweis zur Kampfmittelbeseitigung (siehe Punkt 5), sowie die Auflagen des Gartenbauamtes inkl. den Fallerlaubnissen."

Bei den Erdarbeiten wurde im September 2017 durch die Streithelferin mit einer Baggerschaufel eine Wurzel des Walnussbaums abgerissen. Die Kläger informierten das Bauordnungsamt, welches einen mehrmonatigen Baustopp verfügte. Zu einem späteren Zeitpunkt wurden an der Grundstücksgrenze im Baumwurzelbereich Fräsarbeiten durchgeführt. Die Kläger beantragten daraufhin beim Landgericht Karlsruhe eine einstweilige Verfügung, die am 27.06.2018 durch Beschluss erlassen wurde (Anlage K 4, AH Kl. 1. Instanz AS 17). Sie leiteten zugleich ein selbständiges Beweisverfahren (LG Karlsruhe, 6 OH 12/18) zum Zustand des Nussbaums, insbesondere der Beschädigung der Wurzeln, der Standfestigkeit, der Wiederherstellung und seinem Wert ein. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme in je...

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