Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausgleich zwischen Gebäudeversicherer und Haftpflichtversicherer eines Mieters

 

Leitsatz (amtlich)

Dem Gebäudeversicherer steht bei Eintritt des Versicherungsfalls gegen den Haftpflichtversicherer eines Mieters analog § 78 Abs. 2 Satz 1 VVG ein Ausgleichsanspruch insoweit zu, als auch der Haftpflichtversicherer für den entstandenen Schaden an sich eintrittspflichtig wäre, dem Gebäudeversicherer aber ein Zugriff auf den Deckungsanspruch aus der Haftpflichtversicherung über § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG wegen des dem Gebäudeversicherungsvertrag im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu entnehmenden Regressverzichts verwehrt ist.

Für den Ausgleichsanspruch analog § 78 Abs. 2 Satz 1 VVG gelten dieselben Beweislastgrundsätze wie für den Schadensersatzanspruch des Vermieters gegen den Mieter. Die Umkehr der Beweislast bezüglich der objektiven Pflichtverletzung und des Verschuldens zu Lasten des Mieters - im Fall des Ausgleichsanspruchs zu Lasten seines Haftpflichtversicherers - setzt voraus, dass der Schaden durch "Mietgebrauch" und damit im Obhuts- und Gefahrenbereich des Mieters entstanden ist. Dagegen bleibt es bei der Beweislast des Vermieters - im Fall des Ausgleichsanspruchs bei der Beweislast des Gebäudeversicherers -, wenn nicht auszuschließen ist, dass der Schadenseintritt vom Mieter in keiner Weise veranlasst oder beeinflusst worden ist.

Die Beweislast liegt beim Mieter - bzw. bei seinem Haftpflichtversicherer -, wenn Zündquelle eine an das Stromnetz angeschlossene ("eingesteckte") und somit verwendete mobile Mehrfachsteckleiste war. Es kommt dabei nicht darauf an, wer die Mehrfachsteckleiste in die versicherte Mietsache einbrachte; auch ist ohne Belang, in wessen Eigentum sie stand und wer sie ursprünglich in Betrieb nahm.

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim - 11. Zivilkammer - vom 27.03.2018, Az. 11 O 176/16, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der durch die Nebenintervention verursachten Kosten des Streithelfers, die dieser selbst zu tragen hat.

3. Das Urteil ist hinsichtlich des Kostenausspruchs vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Ausgleichsansprüche der Klägerin als Gebäudeversicherer gegen die Beklagte als Haftpflichtversicherer des Mieters einer Gewerbeimmobilie.

Die H und L GdbR (im Folgenden: Eigentümerin) unterhielt bei der Klägerin eine Immobilienversicherung für das Anwesen B-Straße ... in Mannheim, das mit einer Lagerhalle nebst angeschlossenen Büroräumen bebaut war. Dem Vertrag lagen die "Bedingungen für die Immobilienversicherung (BFIMO)" der Klägerin zugrunde. Die Eigentümerin hatte das versicherte Anwesen an die - inzwischen insolvente - P GmbH, Mannheim (im Folgenden: Mieterin) vermietet, die bei der Beklagten seit 2012 im Rahmen einer sog. "Globalpolice" haftpflichtversichert war. In den Vertrag waren u.a. "Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB)" der Beklagten einbezogen.

Am 02.01.2014 entstand gegen 18.45 Uhr in der Lagerhalle des Anwesens ein Brand, durch den das bei der Klägerin versicherte Gebäude schwer beschädigt wurde. Zur Ermittlung der Ursache beauftragten die Parteien gemeinsam ein Sachverständigenbüro, für das Herr K. M unter dem 30.04.2014 ein schriftliches Gutachten erstattete. Überdies zog die Klägerin zur Ermittlung von Schadensumfang und -höhe die Ingenieurgesellschaft I+T hinzu, die unter dem 29.06.2017 eine sachverständige Stellungnahme abgab. Infolge des Brandschadens an dem versicherten Gebäude erbrachte die Klägerin der Eigentümerin im Rahmen eines Vergleichs vom 03.04.2014 Versicherungsleistungen in Gesamthöhe von 3,75 Mio. EUR. Hinsichtlich eines Teilbetrags dieser Summe verlangt sie von der Beklagten hälftigen Ausgleich.

Sie hat in erster Instanz behauptet, Ursache des Brands sei ein gequetschtes Stromkabel gewesen, das von der Mieterin in die versicherten Räumlichkeiten eingebracht und für die Trafostationen ihrer Gabelstapler verwendet worden sei. Die Beschädigung des Kabels sei von außen her erfolgt und für die Mieterin erkennbar gewesen. Ein Fehler bei der Herstellung sei auszuschließen. Ein Defekt der Gebäudeelektrik sei nicht brandursächlich geworden. Durch den Brand sei ein Zeitwertschaden am Gebäude zzgl. Kosten für Schutz- und Sicherungsmaßnahmen, Abbruch- und Entsorgung sowie Mietausfall in Gesamthöhe von 3.568.000 EUR entstanden. Überdies seien der Klägerin für die Hinzuziehung der vorgerichtlichen Sachverständigen Kosten i.H.v. 20.698,27 EUR angefallen.

Sie hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

1. an die Klägerin 1.794.349,14 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basi...

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