Entscheidungsstichwort (Thema)

Zu einer Forderung von Gleichstellungsgeld aus einem Übergabevertrag zwischen der Erblasserin und dem Beklagten sowie dem Pflichtteil

 

Normenkette

BGB §§ 195-196, § 199 ff., §§ 320, 328, 334, 2325, 2327

 

Verfahrensgang

LG Freiburg i. Br. (Urteil vom 02.10.2009; Aktenzeichen 8 O 90/08)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des LG Freiburg vom 2.10.2009 - 8 O 90/08 - im Kostenpunkt aufgehoben und wie folgt abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 50.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 10.4.2008 zu bezahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens haben die Klägerin ¼ und der Beklagte ¾ zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages erbringt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

6. Der Streitwertbeschluss des LG Freiburg vom 2.10.2009 - 8 O 90/08 - wird abgeändert. Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren wird auf 50.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin fordert teilklagend Gleichstellungsgeld aus dem Übergabevertrag vom 13.11.1997 zwischen ihrem Bruder, dem Beklagten, und ihrer Mutter, der am ... 2006 verstorbenen F. F., sowie ihren Pflichtteil nebst Pflichtteilsergänzung. Hilfsweise stützt sie ihre Klage vollumfänglich auf ihr Pflichtteilsrecht.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Feststellungen im landgerichtlichen Urteil verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das LG hat der Klage teilweise stattgegeben und der Beklagten einen Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruch i.H.v. 33.842,30 EUR zuerkannt. Der Gleichstellungsgeldanspruch sei gem. § 195 BGB verjährt. Eine 10jährige Verjährung entsprechend § 529 Abs. 1 BGB komme eben so wenig in Betracht wie eine analoge Anwendung des § 196 BGB. Die Klägerin habe bereits im Jahr 1997 Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen und der Person des Schuldners erlangt. Ausweislich des Parteivorbringens und der Beweisaufnahme sei sie am Nachmittag des 13.11.1997 telefonisch vom Beklagten darüber informiert worden, dass und mit welchem Inhalt der - zwischen den Beteiligten vorbesprochene - Anspruch beurkundet worden war.

Bei der Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruches seien dem Nachlass gem. §§ 2325, 2327 BGB sowohl die (gemischte) Grundstücksschenkung an den Beklagten als auch die schenkweise Zuwendung des Gleichstellungsanspruchs an die Klägerin hinzuzurechnen. Vom Wert des Grundstücks zum Zeitpunkt des Erbfalls seien zwar nicht das Wohnrecht und die Pflegeverpflichtung abzuziehen, wohl aber neben der übernommenen Grundschuld die Gleichstellungsverpflichtung. Sie mindere den Wert des Geschenks an den Beklagten, ohne dass es auf die tatsächliche Auszahlung des Gleichstellungsgeldes ankomme. Das der Klägerin zugedachte Gleichstellungsgeld stelle sich als Zuwendung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge seitens der Übergeberin dar; damit sei die Klägerin i.H.v. 40.903,35 EUR als beschenkt anzusehen. Dieses Geschenk müsse sie sich gem. § 2327 BGB auf ihren Pflichtteilsergänzungsanspruch anrechnen lassen. Maßgeblich hierfür sei der Zuwendungswillen der Erblasserin. Die Erblasserin habe der Klägerin ein Gleichstellungsgeld i.H.v. 80.000 DM zuwenden wollen und diesen Willen umgesetzt, indem sie die Übertragung des Grundstücks auf den Beklagten von der Übernahme einer entsprechenden Verpflichtung abhängig gemacht habe. Der Anspruch sei nur deshalb nicht erfüllt worden, weil die Klägerin nichts unternommen habe, um die Hemmung der Verjährung herbeizuführen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter. Der Anspruch auf das Gleichstellungsgeld sei nicht verjährt. Er hänge eng mit dem vertraglichen Gegenleistungsanspruch der Übergeberin auf Zahlung des Gleichstellungsgeldes an die Klägerin zusammen und müsse ebenso wie dieser gem. § 196 BGB nach zehn Jahren verjähren. Andernfalls bleibe das Forderungsrecht der Klägerin hinter demjenigen der Übergeberin zurück. Dies sei mit dem Grundgedanken des Vertrages zugunsten Dritter nicht zu vereinbaren. Davon abgesehen habe die Verjährung mangels Kenntnis nicht zu laufen begonnen. Die Beweiswürdigung des LG sei fehlerhaft. Die Annahme, dass die - mittellose - Klägerin ihren Anspruch wissentlich bis zum Tode der Mutter nicht geltend gemacht haben solle, widerspreche jeder Logik. Zumindest aber sei die Klage aus Pflichtteilsrecht vollumfänglich begründet. Das Gleichstellungsgeld dürfe der Klägerin nicht gem. § 2327 BGB als Eigengeschenk angerechnet werden. Rechtstechnisch sei zwar die Forderung gegen den Beklagten aus § 328 Abs. 1 BGB Schenkungsgengenstand, Ziel de...

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