Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch des ausgezogenen Ehegatten auf Nutzungsentschädigung bei gemeinsamem Hausgrundstück

 

Leitsatz (amtlich)

Haben geschiedene Eheleute in einem Vergleich über Kindesunterhalt dem Ehegatten, der weiterhin im gemeinsamen Haus wohnt, hierfür einen Wohnwert als Einkommen zugerechnet, so schließt dies einen Anspruch des ausgezogenen Ehegatten auf Nutzungsentschädigung jedenfalls dann nicht aus, wenn der andere Ehegatte seinen Lebensgefährten in das Haus aufnimmt.

 

Normenkette

BGB § 745 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Heidelberg (Urteil vom 26.10.2004; Aktenzeichen 2 O 68/04)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Heidelberg vom 26.10.2004 - 2 O 68/04 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen geändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 600,28 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 300,14 EUR seit dem 2.2.2004 und aus weiteren 300,14 EUR seit dem 1.3.2004 zu bezahlen.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, ab dem 1.4.2004 an den Kläger eine monatliche Nutzungsentschädigung von 300,14 EUR zu bezahlen, fällig jeweils zum Monatsletzten.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien sind geschiedene Eheleute, die noch hälftige Miteigentümer eines Hausgrundstücks sind. An einem Teil des Anwesens steht der Mutter der Beklagten ein Wohnrecht zu. Der übrige Teil wird von der Beklagten und einem der ehegemeinschaftlichen Kinder bewohnt.

Der Kläger fordert von der Beklagten für die Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums ab 1.10.2003 eine Entschädigung, die er mit monatlich 425 EUR beziffert. Die Beklagte verteidigt sich mit einem familiengerichtlichen Vergleich, in dem sich die Parteien nach der Scheidung - jeweils als gesetzliche Vertreter des einen ehegemeinschaftlichen Kindes und als Beklagte hinsichtlich des anderen Kindes - über die Unterhaltsansprüche beider Kinder geeinigt haben. Darin wurde der Beklagten der hälftige Wohnwert des von ihr benutzten Hausteils mit 450 EUR angerechnet.

Der Kläger hat beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger rückständige Nutzungsentschädigung für den Zeitraum 10/03 bis einschließlich 02/04 i.H.v. 2.125 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 425 EUR seit 1.11.2003, 1.12.2003, 2.1.2004, 2.2.2004 und 1.3.2004 zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, an den Kläger ab 31.3.2004 monatliche Nutzungsentschädigung i.H.v. 425 EUR zu bezahlen, fällig jeweils zum Monatsletzten.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gem. den §§ 313a Abs. 1 S. 2, 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.

II. Die zulässige Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg. Ihm steht ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung i.H.v. 300,14 EUR monatlich ab dem 1.1.2004 zu.

1. Der Kläger kann gem. § 745 Abs. 2 BGB eine Neuregelung der Benutzung des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen.

a) Keiner Entscheidung bedarf, ob der Vergleich, den die Parteien vor dem FamG über den Kindesunterhalt geschlossen haben und in dem die Nutzung des Anwesens durch die Klägerin und die ehegemeinschaftliche Tochter wertmäßig berücksichtigt ist, nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des BGH (BGH v. 11.12.1985 - IVb ZR 83/84, MDR 1986, 567 = NJW 1986, 1339; v. 11.12.1985 - IVb ZR 82/84, MDR 1986, 566 = NJW 1986, 1340) einem solchen Abänderungsverlangen entgegensteht, wie das LG angenommen hat. Das ist deswegen zweifelhaft, weil die Entscheidungen des BGH Regelungen über den Ehegattenunterhalt betreffen. Den Ausschluss des Rechtes aus § 745 Abs. 2 BGB hat der BGH damit begründet, dass das, was der ausgezogene Teilhaber bei einer Neuregelung als Nutzungsentgelt erhielte, in der Regel seinen Unterhaltsanspruch entsprechend mindern (bzw. den Unterhaltsanspruch des anderen Ehegatten entsprechend erhöhen) würde. An einer solchen Entsprechung fehlt es aber, wenn, wie hier, der Vergleich lediglich den Kindesunterhalt betrifft. Das durch eine Nutzungsentschädigung erhöhte Einkommen des Klägers führt nicht zu einer entsprechenden, sondern nur teilweisen Erhöhung der Unterhaltsansprüche der Kinder ggü. dem Kläger. Welche Auswirkungen eine derartige Einkommensverschiebung auf gegenseitige Unterhaltsansprüche der Ehegatten hätte, ist zwischen den Parteien streitig; seit der Scheidung ist, ohne dass ein ausdrücklicher Verzicht vorläge, Ehegattenunterhalt beiderseits nicht geltend gemacht worden. Zudem müsste für eine solche Betrachtung nicht auf den Zeitpunkt des Vergleichs über den Kindesunterhalt, sondern auf den Zeitpunkt abgestellt werden, ab dem dem Kläger eine Erhöhung zusteht. Vorliegend bestehen daher keine ausreichenden Anhaltspunkte für die vom BGH angenommene "Automatik", wonach der eine Ehegatte das, was...

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