Leitsatz (amtlich)

Es fällt keine neue Verhandlungs- und Beweisgebühr im Betragsverfahren in erster Instanz nach Zurückweisung der Berufung gegen ein Grundurteil an.

 

Verfahrensgang

LG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 10.03.2003; Aktenzeichen 6 O 11/02)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 29.04.2004; Aktenzeichen V ZB 46/03)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Kläger gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Freiburg vom 10.3.2003 – 6 O 11/02 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Beschwerdewert wird auf 6.503,42 Euro festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Mit Grundurteil vom 19.1.1999 hat das LG ausgesprochen, dass die Beklagte dem Grunde nach verpflichtet ist, das streitbefangene Grundstück käuflich zu erwerben und hierfür den Kaufpreis entspr. der vertraglichen Klausel zu zahlen. Die Berufung der Beklagten gegen dieses Urteil blieb ebenso wie ihre Revision erfolglos. Anschließend ist im Betragsverfahren Urteil des LG vom 30.12.2002 ergangen mit der Kostenentscheidung, dass die Kläger 6,6 % und die Beklagte 93,4 % der Kosten zu tragen haben.

Mit Kostenfestsetzungsgesuch vom 8.1.2003 (AS. 693) haben die Klägervertreter für das Betragsverfahren zusätzlich die Erstattung einer Verhandlungsgebühr sowie einer Beweisgebühr nebst Auslagenpauschale beantragt.

Im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10.3.2003 (AS. 791, 795) hat die Rechtspflegerin die Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Gebühren für das Betragsverfahren mit der Begründung verneint, nach neuerer Rspr. (OLG Oldenburg JurBüro 2002, 474) liege bei Zurückweisung des Rechtsmittels gegen ein Grundurteil und Zurückverweisung an die erste Instanz zum Festsetzungsverfahren kein Fall des § 15 BRAGO vor.

Dagegen wendet sich die sofortige Beschwerde der Kläger (AS 811 ff.), mit der sie beantragen, die abgesetzte Verhandlungs- und Beweisgebühr nebst Auslagenpauschale auch für das Höheverfahren festzusetzen. Dabei kann wegen der Einzelheiten der Beschwerdebegründung auf die Beschwerdeschrift Bezug genommen werden.

II. Die sofortige Beschwerde der Kläger ist nicht begründet. Zu Recht hat die Rechtspflegerin des LG die Erstattungsfähigkeit der für das Betragsverfahren zusätzlich geltend gemachten Gebühren (Verhandlungs- und Beweisgebühr nebst Auslagenpauschale) verneint.

Die Frage, ob eine Zurückverweisung i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 BRAGO vorliegt, wenn ein erstinstanzliches Grundurteil durch Zurückweisung der Berufung bestätigt wird, ist in der Rspr. der OLG umstritten (Zum Meinungsstand vgl. OLG Oldenburg JurBüro 2002, 474 einerseits und OLG Düsseldorf JurBüro 1995, 197 andererseits für die wohl noch überwiegende Auffassung). Der Senat schließt sich wie schon die Rechtspflegerin der Auffassung des OLG Oldenburg (OLG Oldenburg JurBüro 2002, 474) an, wobei zur Vermeidung von Wiederholungen wegen der Begründung im Einzelnen auf diese Entscheidung Bezug genommen wird.

Für den Senat ist maßgeblich, dass trotz der Entstehungsgeschichte des § 15 BRAGO (OLG Düsseldorf JurBüro 1995, 197) und trotz des Umstandes, dass nach dem Wortlaut auch dieser Fall unter § 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO a.F. fällt, § 15 Abs. 1 S. 1 BRAGO eine echte Zurückverweisung erfordert, die nicht gegeben ist, wenn ein erstinstanzliches Grundurteil im Berufungsverfahren bestätigt wird und anschließend das in erster Instanz anhängig gebliebene Betragsverfahren durchgeführt wird. Das Betragsverfahren war gar nicht beim Rechtsmittelgericht anhängig, und insofern konnte eine Zurückverweisung auch nicht erfolgen, weshalb ein entsprechender Ausspruch im Tenor des Berufungsurteils auch unterblieben ist. Eine Zurückverweisung im Rechtssinne liegt auch deshalb nicht vor, weil das Betragsverfahren nach § 304 Abs. 2, 2. Hs. ZPO trotz des anhängigen Berufungsverfahrens vor dem LG weiter verhandelt werden kann. Auch wenn es in der Praxis die Regel ist, dass das Betragsverfahren nicht betrieben wird, solange das Berufungsverfahren anhängig ist, so vermag die wohl noch herrschende Auffassung keine befriedigenden Erklärungen für die Fallkonstellation zu geben, dass das Betragsverfahren während des laufenden Berufungsverfahrens fortgesetzt wird. Eine zusätzliche Verhandlungs- bzw. Beweisgebühr kann auch nach dieser Auffassung im Betragsverfahren erst entstehen, wenn das Berufungsverfahren abgeschlossen ist. Das kann aber kaum einleuchten.

Für die vorliegend vertretene Auffassung spricht auch, dass nach einhelliger Meinung eine zusätzliche Verhandlungsgebühr nicht anfällt, wenn die Berufung gegen ein Grundurteil zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird. Die Zuerkennung einer weiteren Verhandlungs- bzw. Beweisgebühr lässt sich auch nicht damit rechtfertigen, der Rechtsanwalt müsse sich nach Abschluss des Berufungsverfahrens erneut einarbeiten, wobei es keineswegs selten sei, dass trotz des die Berufung zurückweisenden Urteils dessen Begründung auf Erwägungen beruhe, die im erstinstanzlichen Verfahren noch nicht angesprochen seien. Vergleichbare Situ...

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