Leitsatz (amtlich)

Zurückweisung der Berufung gegen ein Grundurteil mit anschließender Verhandlung über die Höhe ist Zurückverweisung i.S.d.es § 15 BRAGO - Verhandlungs- und Beweisgebühr können daher erneut entstehen.

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Beschluss vom 30.01.2004; Aktenzeichen 8 O 490/96)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin der 8. Zivilkammer des LG Darmstadt vom 30.1.2004 i.d.F. des Teilabhilfebeschlusses vom 9.6.2004 abgeändert.

Auf Grund des Beschlusses des 7. Zivilsenats des OLG Frankfurt vom 5.12.2003 und des rechtskräftigen Urteils des LG Darmstadt vom 16.10.2001 hat die Beklagte an den Kläger Kosten von 17.455,32 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basissatz aus 11.812,61 Euro seit 19.12.2001 und aus 5.642,71 Euro seit 21.11.2003 zu erstatten.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Beschwerdewert: 4.110 Euro.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen, soweit der Senat entschieden hat, dass § 15 BRAGO im Falle der Zurückverweisung der Berufung gegen das Grundurteil anwendbar ist.

 

Gründe

Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde dagegen, dass die Rechtspflegerin die Festsetzung einer Verhandlungs- und Beweisgebühr seines Prozessbevollmächtigten für das Betragsverfahren abgelehnt hat. Das LG hatte durch Grundurteil über den Grund des Anspruchs entschieden, die Berufung der Beklagten dagegen wurde zurückverwiesen. Das LG hat sodann über die Höhe der Forderung erneut verhandelt und entschieden.

Der Kläger vertritt die Auffassung, seinem Prozessbevollmächtigten seien in beiden Verfahren vor dem LG über Grund und Höhe der Klage je eine Verhandlungs- und Beweisgebühr erwachsen und zu erstatten, weil § 15 BRAGO Anwendung finde.

Die Beschwerde ist zulässig und zum Teil begründet.

Der Kläger hat Anspruch auf Erstattung der Verhandlungsgebühr, nicht aber der Beweisgebühr in dem Betragsverfahren.

In der Rechtsprechung ist umstritten, ob eine Zurückverweisung vorliegt, und ob für das Betragsverfahren § 15 BRAGO anzuwenden ist, wenn das Berufungsgericht die Berufung gegen ein Grundurteil zurückweist und anschließend vor dem erstinstanzlichen Gericht über die Höhe verhandelt wird.

Es wird die Ansicht vertreten, eine Zurückverweisung liege nur dann vor, wenn auf Grund der Entscheidung des Berufungsgerichts über den gleichen Gegenstand in der 1. Instanz erneut verhandelt werde, dann aber nicht, wenn lediglich über das in der 1. Instanz anhängig gebliebenen Betragsverfahren verhandelt werde, bei dem es sich um eine Wiederholung der früheren Verhandlung handle (OLG Saarbrücken JurBüro 1990, 338; OLG Düsseldorf JurBüro 1993, 672; OLG München JurBüro 1994, 543; OLG Hamburg JurBüro 1996, 136; OLG Odenburg JurBüro 1996, 305; LG Berlin v. 11.12.1998 - 84 T 732/98, MDR 1999, 385; OLG Bremen MDR 2002, 298; OLG Oldenburg JurBüro 2002, 474, jeweils m.w.N.).

Nach überwiegender Meinung in Literatur und Rechtsprechung liegt ein Fall der Zurückverweisung i.S.d. § 15 BRAGO auch dann vor, wenn das Berufungsgericht ein Grundurteil der 1. Instanz bestätigt, nicht selbst über die Höhe entscheidet, sondern die Verhandlung und Entscheidung hierüber der 1. Instanz überlässt (Hartmann, Kostengesetze, 33. Aufl., § 15 BGAGO Rz. 6; Gerold/Schmidt/Madert, BRAGO, 15. Aufl., § 15 BRAGO Rz. 4 mit Rechtsprechungsübersicht; Göttlich/Mümmler, fortgeführt von Rehberg/Xanke, BRAGO, 20. Aufl., Stichwort "Grundurteil" Anm. 2. 2 und Stichwort "Zurückverweisung" Anm. 1. 2; Riedel/Sußbauer/Fraunholz, BRAGO, 8. Aufl., § 15 BRAGO Rz. 2. 3; OLG Stuttgart JurBüro 1984, 1672; OLG Zweibrücken JurBüro 1990, 479 m. Anm. Mümmler; OLG Düsseldorf JurBüro 1995, 197; JurBüro 1997, 364; OLG Koblenz MDR 1996, 533; JurBüro 1997, 643; OLG Karlsruhe JurBüro 1996, 135; OLG Schleswig KostenRspr § 15 BRAGO Nr. 19 m. Anm. Lappe, jeweils m.w.N; s. auch Überblick bei Groll, JurBüro 1996, 286).

Der Senat folgt dieser letzteren Auffassung.

Dafür, dass eine Zurückverweisung auch dann vorliegt, wenn nach der Berufung über das Grundurteil über den Betrag verhandelt wird, spricht sowohl die historische Auslegung des § 15 BRAGO, als auch der Gesetzeswortlaut des § 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO a.F. und § 538 Abs. 1 Nr. 4 ZPO der jetzigen Fassung. Mit der Neufassung des § 15 BRAGO sollte die Regelung des früheren § 27 BRAGO nicht eingeschränkt werden, mit dem ausdrücklich auf § 538 ZPO verwiesen wurde, nach dessen Nr. 3 die Sache bei Entscheidung über ein Grundurteil im Falle eines dem Grunde und der Höhe nach streitigen Anspruchs an die 1. Instanz zurück zu verweisen ist.

Darauf, ob die Zurückverweisung ausdrücklich ausgesprochen wird, kommt es nach einhelliger Ansicht nicht an. Maßgeblich ist, ob sich aus dem Berufungsurteil die Notwendigkeit einer weiteren Verhandlung vor dem untergeordneten Gericht ergibt, weil das Rechtsmittelgericht die ihm an sich mögliche umfassende Anschlussentscheidung der untergeordneten Instanz übertragen hat.

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