Leitsatz (amtlich)

Von der Einholung eines externen Sachverständigengutachtens kann in den Fällen des § 463 Abs. 4 StPO nur in besonderen Ausnahmefällen abgesehen werden.

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss des Landgerichts -Strafvollstreckungskammer- .F. vom 20. Dezember 2007 wird als unbegründet verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Untergebrachten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last (§ 473 Abs. 1, 2 StPO).

 

Gründe

Mit Urteil vom 30.03.1993, rechtskräftig seit dem 07.04.1993, ordnete das Landgericht D. -neben der Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten wegen sexueller Nötigung in zwei Fällen - die Unterbringung des R.C. in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Der Untergebrachte, der zunächst im Westfälischen Zentrum für Forensische Psychiatrie L. untergebracht und dort entsprechend den Vorschriften des Landes Nordrhein-Westfalen am 19.10.1995, 08.11.1998 und 28.03.2001 durch einen externen Sachverständigen begutachtet worden war, befindet sich seit 2003 im Zentrum für Psychiatrie E.. Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts F. die Fortdauer der Unterbringung angeordnet.

Das zulässige Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft, mit dem diese die Begutachtung des Untergebrachten durch einen externen Sachverständigen erstrebt, bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Nach der Regelung des mit am 20.07.2007 in Kraft getretenen Gesetz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt eingeführten Absatzes 4 des § 463 StPO soll das Gericht im Rahmen der Überprüfungen nach § 67 e StGB nach jeweils fünf Jahren vollzogener Unterbringung das Gutachten eines Sachverständigen einholen, der weder mit der Behandlung des Untergebrachten befasst war noch in dem psychiatrischen Krankenhaus arbeitet, in dem sich der Untergebrachte befindet. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind vorliegend insofern erfüllt, als die Unterbringung seit der letzten die Fortdauer der Unterbringung anordnenden Entscheidung, der ein externes Gutachten zugrundelag, nämlich dem Beschluss des Landgerichts P. vom 18.01.2002, bereits wieder mehr als fünf Jahre vollzogen wurde. Mit der Pflicht zu einerexternen Prognoseuntersuchung soll den vom Bundesverfassungsgericht formulierten verfassungsrechtlichen Anforderungen (etwa in BVerfGE 70, 297 ff.) Rechnung getragen werden, wonach das Freiheitsgrundrecht des Art. 2 Abs. 2 S. GG an die den Fortdauerentscheidungen nach § 67 e StGB zugrundeliegende Sachverhaltsaufklärung umso strengere Anforderungen stellt, je länger die Unterbringung andauert. Um dem daraus folgenden Gebot bestmöglicher Sachaufklärung Genüge zu tun und Routinebegutachtungen entgegenzuwirken, ist es deshalb in der Regel angezeigt, in gewissen Zeitabständen Sachverständige hinzuziehen, die weder in die Behandlung des Untergebrachten eingebunden sind noch in dem Krankenhaus arbeiten, in der dieser sich -möglicherweise bereits eine längere Zeit -befindet (vgl. BVerfGE 70, 297 ff.; BVerfG NJW 2004, 739 ff. zur Sicherungsverwahrung; Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 31.03.2006, BTDrs 16/1110). Zwar hat der Gesetzgeber die im Entwurf vom 31.03.2006 vorgesehene obligatorische Verpflichtung zu regelmäßiger externer Begutachtung nach Einwänden des Bundesrates "gelockert". Entgegen dessen Vorschlag Abs. 4 des § 463 StPO im Entwurf zu streichen, hat der Gesetzgeber sich aber für die Einführung einer Sollvorschrift entschieden, da die regelmäßige Hinzuziehung eines externen Sachverständigen aus den im Entwurf genannten Gründen sinnvoll und notwendig sei und mit der Lockerung der Verpflichtung zur Einholung eines externen Gutachtens nur auf die Tatsache Rücksicht genommen werden solle, dass einige Ländergesetze zum Maßregelvollzug bereits regelmäßige externe Begutachtungen in kürzeren Zeitintervallen vorsehen. Wenn in diesen Fällen nach fünf Jahren vollzogener Unterbringung bereits ein aktuelles externes Gutachten vorliege, könne auf die neuerliche Einholung verzichtet werden. Dasselbe könne gelten, wenn der Untergebrachte sich bereits in Entlassungsvorbereitungen befinde und in Kürze aus dem Maßregelvollzug entlassen werden solle, zumal die Einholung eines externen Gutachtens in einem solchen Fall womöglich zu einer Verlängerung der Unterbringung führen könne (BTDrucks. 16/5137). Danach ist von engen Ausnahmefällen abgesehen regelmäßig ein Gutachten eines externen Sachverständigen einzuholen.

Ein solcher Ausnahmefall liegt allerdings hier vor. Nachdem jahrelang ein therapeutischer Fortschritt ausgeblieben war, haben sich in den letzten zwei Jahren erstmals Anhaltspunkte ergeben, die auf einen therapeutischen Erfolg hindeuten und eine bedingte Entlassung in einem überschaubaren Zeitraum als möglich erscheinen lassen. Das Zentrum für Psychiatrie E. geht...

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