Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Notwendigkeit einer Revisionszulassung bei einer Entscheidung über die unionsrechtliche Staatshaftung der Bundesrepublik Deutschland wegen eines vom Dieselskandal betroffenen Fahrzeugs

 

Leitsatz (amtlich)

1. Entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfragen stellen sich auf der Grundlage des Vortrags des Klägers nicht, die Voraussetzungen eines unionsrechtlichen Schadensersatzanspruchs sind geklärt, Anlass zu einer Rechtsfortbildung besteht nicht schon deshalb, weil der Kläger meint, ihm müsse neben seinen schon realisierten Ansprüchen gegen den Hersteller auch ein gleichartiger Anspruch gegen die Bundesrepublik Deutschland zustehen.

2. Der Umstand, dass einzelne Landgerichte dem Europäischen Gerichtshof Fragen zum Drittschutz insbesondere der Art. 18 Abs. 1 und Art. 26 Abs. 1 RL 2007/46/EG bezogen auf eine deliktische Haftung des Herstellers gegenüber dem Käufer vorgelegt haben, nötigt weder zur Revisionszulassung noch zur Vorlage an den Europäischen Gerichtshof.

 

Normenkette

ZPO § 543 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Aktenzeichen 10 O 313/19)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 23.11.2020, Az. 10 O 313/19, wird mit der Maßgabe, dass die Klage hinsichtlich des Hilfsantrags Ziffer 2 bereits unzulässig ist, einstimmig zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das erstinstanzliche Urteil und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird für die erste Instanz - insoweit unter Abänderung des Beschlusses des Landgerichts Karlsruhe vom 23.11.2020, Az. 10 O 313/19 - und für das Berufungsverfahren jeweils auf die Gebührenstufe bis 7.000,- EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Berufung des Klägers war durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, weil sie - offensichtlich - keine Aussicht auf Erfolg hat. Eine Entscheidung des Senats nach mündlicher Verhandlung ist auch nicht aus Gründen der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder aus sonstigen Gründen geboten (§ 522 Abs. 2 S. 1 ZPO). Die Berufung zeigt weder auf, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO), noch, dass vom Senat zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§§ 513 Abs. 1, 529 ZPO). Zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 18.03.2021 Bezug genommen (§ 522 Abs. 2 S. 3 ZPO). Wie dort ausgeführt ist die Klage hinsichtlich des Hilfsantrags Ziffer 2 bereits unzulässig (siehe Ziffer 1 e), S. 7 und 8 des Beschlusses vom 18.03.2021). Im Übrigen kann dahingestellt bleiben, ob das erforderliche Feststellungsinteresse (§ 256 ZPO) gegeben ist, da die Klage jedenfalls offensichtlich unbegründet ist.

Soweit der Kläger zum Hinweisbeschluss des Senats Stellung genommen hat, setzt er sich mit den erteilten Hinweisen inhaltlich nicht auseinander, er geht mit keinem Wort darauf ein, sondern verweist lediglich auf seinen erst- und zweitinstanzlichen Vortrag. Da dieser Vortrag in dem Hinweisbeschluss bereits ausführlich gewürdigt wurde und der Kläger noch nicht einmal den Versuch unternimmt, die Erwägungen des Senats zu entkräften, kann zur Vermeidung von Wiederholungen vollständig auf die Begründung des Hinweisbeschlusses verwiesen werden.

Gründe, die die Zulassung der Revision gebieten würden, legt der Kläger weder dar, noch sind solche ersichtlich. Der Kläger geht fehl in der Annahme, der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO) liege bereits dann vor, wenn ein Sachverhalt in der Öffentlichkeit große Aufmerksamkeit hervorgerufen hat, weil eine Vielzahl von Personen betroffen ist. Er verkennt damit, dass eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nur dann gegeben ist, wenn sich entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfragen stellen. Solche stellen sich hier jedoch - wie dem Hinweisbeschluss des Senats zu entnehmen ist - nicht und werden vom Kläger auch nicht aufgezeigt. Die Frage, ob Art. 8, 12 oder 46 der RL 2007/46/EG ein individualschützender Charakter zukommt, wird - soweit ersichtlich - in der obergerichtlichen Rechtsprechung einhellig verneint und damit im Sinne des Senats entschieden.

Auch zur Rechtsfortbildung (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO) ist die Zulassung der Revision nicht geboten. Das Verfahren gibt keine Veranlassung dazu, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen. Der Kläger versucht noch nicht einmal aufzuzeigen, welche Leitsätze dies sein sollen. Die Voraussetzungen eines unionsrechtlichen Schadensersatzanspruchs sind - wie im Hinweisbeschluss aufgezeigt - geklärt, was der Kläger auch nicht bezweifelt. In welcher Weise in dem hier zur Entscheidung anstehenden Fall eine Rechtsfortbildung hinsichtlich der - wie gezeigt - geklärten Rechtsfragen in Betracht kommen könnte, ist nicht ersichtlich. Dass der Kläg...

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