Entscheidungsstichwort (Thema)

vereinfachtes Unterhaltsverfahren. Vorliegen eines anderen Titels. Kindesunterhalts

 

Leitsatz (amtlich)

Die Voraussetzungen des 648 Abs. 2 ZPO liegen nicht (mehr) vor, wenn der Unterhaltsverpflichtete nach Antragstellung, aber vor der Unterhaltsfestsetzung eine vollstreckbare Jugendamtsurkunde über 100 % des Regelbetrages nach der RegelbetragsVO errichtet und dies dem Gericht mitgeteilt hat.

 

Normenkette

ZPO § 645 Abs. 2, § 648 Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Sinsheim (Beschluss vom 29.03.1999; Aktenzeichen 20 FH 5/98)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Sinsheim vom 29.3.1999 (20 FH 5/98) aufgehoben.

Der Antrag der Antragstellerinnen auf Festsetzung von Unterhalt im vereinfachten Verfahren wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens einschließlich des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragstellerinnen.

3. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 26.116,– DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Das am … geborene Kind … das am … geborene Kind … sowie die am … geborene … sind die ehelichen Kinder des Antragsgegners, der von der Mutter der Antragstellerinnen getrennt lebt. Mit am 10.11.1998 eingegangenem Antrag auf Festsetzung von Unterhalt im vereinfachten Verfahren begehren die Antragstellerinnen die Festsetzung von 150 % des Regelbetrages als Unterhalt ab Oktober 1998. Mit Verfügung vom 12.11.1998 hat das Gericht beim Prozeßbevollmächtigten der Antragstellerinnen angefragt, ob der Antragsgegner außergerichtlich zur Titulierung des Unterhalts aufgefordert worden sei. Der Antrag vom 6.11.1998 wurde dem Antragsgegner formlos zugeleitet, dieser errichtete am 4.1.1999 vollstreckbare Jugendamtsurkunden in Höhe von 100 % des Regelbetrages für die drei Kinder und teilte dies dem Gericht mit Schriftsatz vom 6.1.1999 mit. Gleichzeitig wurde der Vordruck „Einwendungen gegen den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt” vorgelegt, in welchem der Antragsgegner angekreuzt hat, daß das vereinfachte Verfahren (im Hinblick auf die vorgelegten Schuldtitel) nicht zulässig sei. Nachdem der Prozeßbevollmächtigte der Antragstellerinnen mitgeteilt hat, daß eine Aufforderung zur Titulierung nicht erfolgt sei, wurde der Antragsgegner vom Gericht aufgefordert, die Einwendungen hinsichtlich einer eingeschränkten Leistungsfähigkeit im Vordruck zu ergänzen. Hiergegen wurde von diesem eingewandt, als angestellter Geschäftsführer, der auch neben anderen Teilhaber der Firma sei, könne er im vorgesehenen Vordruck keine ordnungsgemäßen Angaben machen. Gleichzeitig wurde beantragt, das streitige Verfahren nach § 651 ZPO durchzuführen. Die Antragstellerinnen haben ihren Antrag für erledigt erklärt, soweit Jugendamtsurkunden errichtet wurden und im übrigen die Festsetzung des geltend gemachten Unterhalts beantragt.

Durch Festsetzungsbeschluß vom 29.3.1999 wurde der Unterhalt wie von den Antragstellerinnen beantragt mit der Maßgabe festgesetzt, daß der Antragsgegner sich durch die vollstreckbaren Jugendamtsurkunden vom 4.1.1999 zur Zahlung von 100 % des Regelbetrages abzüglich Kindergeldanteil verpflichtet hat. Der Einwand des Antragsgegners im übrigen wurde zurückgewiesen, da der Vordruck nicht vollständig ausgefüllt wurde und keine Belege vorgelegt wurden.

Gegen den ihm am 31.3.1999 zugestellten Beschluß hat der Antragsgegner mit am 14.4.1999 eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt und diese u.a. damit begründet, die Antragstellerinnen könnten den Anspruch nicht selbst geltend machen, da eine Sorgerechtsregelung nicht erfolgt sei; im übrigen sei das Verfahren gemäß § 645 ZPO durch das Vorliegen eines anderweitigen vollstreckbaren Titels unzulässig geworden. Insoweit sei eine teilweise Titulierung ausreichend. Die vorliegenden Titel seien im Beschluß nicht hinreichend berücksichtigt worden. Der Antragsgegner habe auch keinen Anlaß zur Antragstellung gegeben, da er stets freiwillig in Höhe des Mindestunterhalts Zahlungen geleistet habe und nicht außergerichtlich zur Errichtung eines Titels aufgefordert worden sei.

Die Antragstellerinnen haben sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist gemäß § 652 Abs. 1 ZPO zulässig und begründet. Der angefochtene Beschluß war aufzuheben, da die Voraussetzungen einer Unterhaltsfestsetzung im vereinfachten Verfahren nach § 645 Abs. 2 ZPO nicht vorlagen.

Der von den Antragstellerinnen gestellte Antrag ist möglicherweise bereits unzulässig, da diese selbst den Unterhalt, gesetzlich vertreten durch ihre Mutter, geltend gemacht haben. Nach unbestrittenem Vortrag ist eine Sorgerechtsregelung bisher nicht erfolgt und die Eltern der Antragstellerinnen leben offenbar nur getrennt. Dann wäre der Unterhaltsanspruch von der Mutter der Antragstellerinnen im eigenen Namen in gesetzlicher Prozeßstandschaft gemäß § 1629 Abs. 3 BGB geltend zu machen.

Unabhängig hiervon lagen die Voraussetzungen des § 645 Abs. 2 ZPO zumindest im Zeitpunkt d...

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