Entscheidungsstichwort (Thema)

Behandlung eines persönlichen Zugangsfaktors beim Altersruhegeld im Versorgungsausgleich; Anwartschaft beim Versorgungswerk der Architektenkammer Baden-Württemberg. Behandlung eines persönlichen Zugangsfaktors beim Altersruhegeld im Versorgungsausgleich

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird ein Versorgungsanrecht - hier: beim Versorgungswerk der Architektenkammer Baden-Württemberg - um einen Zugangsfaktor erhöht, weil das Altersruhegeld nach Erreichen des 65. Lebensjahres noch nicht in Anspruch genommen wird, ist die Versorgungsanwartschaft beim Versorgungsausgleich ohne diesen Erhöhungsfaktor zu berücksichtigen.

2. Anwartschaften beim Versorgungswerk der Architektenkammer Baden-Württemberg sind volldynamisch (Fortführung von BGH FamRZ 2005, 430).

 

Normenkette

BGB § 1587a Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Karlsruhe (Aktenzeichen 3 F 227/04)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 11.06.2008; Aktenzeichen XII ZB 115/05)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragstellers gegen das Urteil des AG - FamG - Karlsruhe (3 F 227/04) wird dieses unter Ziff. 2 aufgehoben und wie folgt abgeändert:

Zu Lasten der Versorgung des Antragstellers beim Versorgungswerk der Architektenkammer Baden-Württemberg wird für die Antragstellerin beim Versorgungswerk der Architektenkammer Baden-Württemberg eine Sonderversorgung i.H.v. 950,91 EUR monatlich begründet.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

4. Der Beschwerdewert wird auf 2.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien haben am 6.2.1973 die Ehe geschlossen. Das AG Karlsruhe hat die Ehe mit Urt. v. 7.12.2004 geschieden. Gleichzeitig hat es unter Ziff. 2 im Wege der Realteilung nach § 1 Abs. 2 VAHRG beim Versorgungswerk der Architektenkammer Baden-Württemberg eine Sonderversorgung in der Weise begründet, dass sich für die Antragsgegnerin eine Anwartschaft i.H.v. 1.135,87 EUR monatlich zu Lasten der Versorgung des Antragstellers beim Versorgungswerk der Architektenkammer ergibt. Dabei ist es von einer volldynamischen monatlichen Versorgung des Antragstellers beim Versorgungswerk der Architektenkammer Baden-Württemberg i.H.v. 2.355,83 EUR und einer Anwartschaft der Antragsgegnerin in der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. 84,09 EUR ausgegangen. Der Ehemann hatte zum Ehezeitende, d.h., im Alter von 68 Jahren, eine Anwartschaft i.H.v. 1.988,04 EUR erworben. Nach § 27 Abs. 2 der Satzung des Versorgungswerks Baden-Württemberg erhöht sich aber für jeden Monat nach Vollendung des 65. Lebensjahres der Rentenanspruch um 0,5 %, wenn die Altersrente nicht in Anspruch genommen wird. Da der Antragsteller zum Ende der Ehezeit am 31.5.2004 die Altersrente noch nicht in Anspruch genommen hat, beläuft sich seine Rentenanwartschaft laut Auskunft des Versorgungswerks für Architekten unter Einbeziehung dieses Erhöhungsfaktors auf 2.355,83 EUR. Entsprechend hat das AG bei der Durchführung des Versorgungsausgleich durch Realteilung nach der Satzung des Versorgungswerks diesen Wert zugrunde gelegt.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde. Das AG habe nicht von Versorgungsanwartschaften i.H.v. 2.355,83 EUR, sondern nur von Anwartschaften i.H.v. 1.988,04 EUR ausgehen dürfen. Da § 1587a Abs. 2 Nr. 2 BGB analog anzuwenden sei, müsse der Zugangsfaktor beim Versorgungsausgleich unberücksichtigt bleiben.

Die Antragsgegnerin dagegen ist der Auffassung, dass im Rahmen der Realteilung allenfalls § 1587a Abs. 2 Nr. 1 BGB analog anzuwenden und nach den beamtenrechtlichen Regelungen der Zugangsfaktor sehr wohl z.B. bei einem vorzeitigen Versorgungsbeginn zu berücksichtigen sei.

Das Versorgungswerk für Architekten teilte mit, dass die Steigerungsraten der Versorgung im Jahr 1995 3 %, 1996 2 %, 1997 1,5 %, 1998 1 %, 1999 1,5 %, 2000 0 %, 2001 2 %, 2002 1 %, 2003 0 % und 2004 0,8 % betragen haben.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II. Die gem. §§ 621e Abs. 1 ZPO zulässige befristete Beschwerde des Antragstellers ist begründet.

Im Rahmen des Versorgungsausgleichs nach § 1587a Abs. 1 BGB sind sowohl die gesetzliche Rentenversicherung der Ehefrau i.H.v. 86,21 EUR - dem neuen Bescheid der BfA vom 1.9.2004, eingegangen am 13.12.2004, entsprechend - als auch die vom Ehemann beim Versorgungswerk der Architektenkammer Baden-Württemberg (VwAK) erworbenen Rentenanwartschaften zu berücksichtigen. Letztere sind gem. § 1587a Abs. 2 Nr. 4c BGB in die Bewertung einzubeziehen (BGH v. 4.10.1990 - XII ZB 115/88, MDR 1991, 534 = FamRZ 1991, 310; OLG Karlsruhe v. 2.5.1991 - 2 UF 207/89, FamRZ 1991, 1066; Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 4. Aufl., § 1587a Rz. 220).

Der Streit der Parteien geht darum, ob sich der Ausgleichsbetrag unter Einbeziehung der Erhöhung der Anwartschaften auf Altersruhegeld des Ehemannes auf Grund der bis zum Eheende nicht erfolgten Inanspruchnahme des Altersruhegeldes errechnet oder ohne die Erhöhung auf Grund des Zugangsfaktors nach § 27 der ...

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