Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Recht auf Beiordnung eines PKH-Anwalts im Vaterschaftsfeststellungsprozess

 

Leitsatz (amtlich)

1. Im Vaterschaftsfeststellungsprozess ist dem klagenden Kind, das nicht durch das Jugendamt als Beistand vertreten wird, im Rahmen der Prozesskostenhilfe auf Antrag grundsätzlich ein Rechtsanwalt beizuordnen.

2. Das Erfordernis der Beiordnung eines Rechtsanwalts kann nicht mit der Erwägung abgelehnt werden, der Verzicht auf eine Beistandschaft durch das Jugendamt sei mutwillig.

 

Normenkette

ZPO § 121 Abs. 2; BGB § 1712; SGB VIII § 52a

 

Verfahrensgang

AG Heidelberg (Beschluss vom 21.11.2008; Aktenzeichen 34 F 152/08)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Prozesskostenhilfebewilligungsbeschluss des AG - FamG - Heidelberg vom 21.11.2008 (AZ. 34 F 152/08) wie folgt abgeändert und ergänzt:

Dem Antragsteller wird Rechtsanwalt R., L., als Prozessbevollmächtigter zu den Bedingungen eines am Gerichtsort ansässigen Bevollmächtigten beigeordnet.

 

Gründe

I. Der am ... 2005 in M. geborene Antragsteller nimmt, vertreten durch seine Mutter, den Antragsgegner auf Feststellung der Vaterschaft in Anspruch. Hierfür hat der Antragsteller Prozesskostenhilfe begehrt.

Mit Beschluss vom 21.11.2008 hat das AG - FamG - Heidelberg antragsgemäß ratenfreie Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug bewilligt, die Beiordnung des Prozessbevollmächtigten jedoch abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass dem Antragsteller die Möglichkeit offenstehe, eine kostenlose Beistandschaft durch das zuständige Jugendamt in Anspruch zu nehmen. Der Sachverhalt weise keine besonderen Schwierigkeiten auf, die die Beiordnung eines Rechtsanwalts erforderlich erscheinen ließen.

Gegen den ihm am 26.11.2008 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller mit am 4.12.2008 eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt, mit der er eine Ergänzung des Beschusses vom 21.11.2008 dahingehend begehrt, dass dem Antragsteller als Prozessbevollmächtigter zu den Bedingungen eines am Gerichtsort ansässigen Bevollmächtigten Herr Rechtsanwalt R. beigeordnet wird. Er hat darauf hingewiesen, dass der Antragsgegner nicht bereit sei, die Vaterschaft anzuerkennen. Die Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten sei grundsätzlich in Abstammungsprozessen geboten.

Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die gem. § 127 Abs. 2 ZPO form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers ist zulässig und führt zu der aus dem Tenor der Entscheidung ersichtlichen Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Nach § 121 Abs. 2 ZPO wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist. Auch im Vaterschaftsfeststellungsverfahren ist nach der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage und den persönlichen Verhältnissen der Partei zu entscheiden, ob eine Anwaltsbeiordnung erforderlich ist. Nach wohl herrschender Meinung in Schrifttum und Literatur legt bereits die existentielle Bedeutung der Statusfeststellung die Beiordnung eines Rechtsanwalts nahe, so dass grundsätzlich für Statusprozesse Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist (so BGH FamRZ 2007, 1968 für die Beiordnung eines Rechtsanwalts auf Seiten des Beklagten; OLG Düsseldorf FamRZ 1995, 241; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 121 Rz. 11; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl. Rz. 547; einschränkend Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl., § 121 Rz. 6; Zimmermann, Prozesskostenhilfe, 3. Aufl. Rz. 335).

An die Statusfeststellung knüpfen eine Vielzahl wichtiger Rechtsfolgen an, insbesondere die Unterhaltspflicht, aber auch etwaige erbrechtliche Ansprüche. Der BGH hat deshalb in seiner Entscheidung vom 11.9.2007 dem Beklagten Prozesskostenhilfe für das Vaterschaftsfeststellungsverfahren bewilligt (BGH FamRZ 2007, 1968). Neben der Bedeutung der Statusfeststellung und damit zusammenhängender Annexverfahren hat er auch auf die Besonderheiten des Verfahrens hingewiesen, das sich von dem des allgemeinen Zivilprozesses deutlich unterscheide. Für die klagende Partei stellt sich beispielsweise die Frage, ob etwa die Mutter oder das Kind selbst klagen sollten, an welchem Gerichtsstand geklagt werden muss und ob die Vaterschaftsfeststellungsklage sinnvoller Weise mit einer Klage auf Unterhalt verbunden werden sollte. Kindschaftsprozesse gelten deshalb zu Recht als so schwierig, dass auch aus verfassungsrechtlicher Sicht eine Beiordnung eines Rechtsanwaltes als erforderlich erscheint (vgl. BVerfGE 7, 53 für die Verteidigung im Ehelichkeitsanfechtungsverfahren).

Wenn jedoch dem Beklagten grundsätzlich Prozesskostenhilfe für das Vaterschaftsfeststellungsverfahren bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet werden muss, muss dies aus Gründen der Waffengleichheit auch für das hier klagende Kind gelten.

Gründe, die ausnahmsweise eine andere rechtliche Beurteilung rechtfertigen, sind nicht ersichtlich. So kan...

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