Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss wechselseitiger Verfügungen; Wirksamkeit von Testamentsnachträgen

 

Normenkette

BGB §§ 2270, 2247, 2267

 

Verfahrensgang

LG B (Beschluss vom 26.01.2010; Aktenzeichen 2 T 106/08)

Notariats G. (Beschluss vom 10.10.2008; Aktenzeichen NG 160/08)

 

Tenor

1. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten Ziff. 1 werden der Beschluss des LG B. vom 26.1.2010 - 2 T 106/08 - und der Beschluss des Notariats G. - Nachlassgericht - vom 10.10.2008 - NG 160/2008 - aufgehoben.

2. Das Notariats G. - Nachlassgericht - wird angewiesen, den Erbscheinsantrag der Beteiligten Ziff. 1 vom 10./18.9.2008 nicht aus den Gründen des Beschlusses vom 10.10.2008 zurückzuweisen.

3. Die Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet.

4. Der Geschäftswert für das Verfahren der Beschwerde und für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 150.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Erblasserin, geboren am ... 1924 verstarb verwitweten Standes am 2008 in F. Sie war verheiratet gewesen mit Herrn X. H., geboren am ... 1928, der bereits am 2000 in F. verstorben ist. Aus der Ehe sind keine Kinder hervorgegangen, auch gibt es keine eigenen Abkömmlinge des jeweiligen Ehegatten.

Nach dem Ableben ihres Ehemannes legte die Erblasserin dem Nachlassgericht ein handschriftliches Testament vor, das undatiert ist. Es hat folgenden Inhalt:

"Unser letzter Wille!

Die Ehegatten X. H. geb. am ... 1928 und M. H. geb. R. geb. am ... 1924 errichten hiermit das folgende gemeinschaftliche Testament.

1. Wir, die Ehegatten X. H. und M. H. geb. R. setzen uns gegenseitig zu Alleinerben (Vollerben) ein.

2. Der erstversterbende Ehegatte beruft den überlebenden Ehegatten zu seinem Alleinerben als befreiten Vorerben.

Zu Nr. 2 2. s. Rückseite

3. Erben des längstlebenden Ehegatten sollen zu 1/3 die Tochter meiner Schwester R. R. und zu 2/3 der Sohn der selben sein.

Letzterer jedoch mit der Auflage, dass unsere Grabstätte für die Dauer der ortsüblichen Liegezeit in gepflegten Zustand ist.

Wir erklären, dass ausschließlich die Verfügungen dieses Testaments Gültigkeit haben sollen.

F., den ..., B. Str. 73

X. H.

Den Verfügungen dieses Testaments, schließe ich mich an.

F., den ..., B. Str. 73

M. H."

Der Text des Testaments ist mit blauem Kugelschreiber in der Handschrift des Ehemannes geschrieben, die Durchstreichung, der Verweis auf die Rückseite und der Text auf der Rückseite jedoch mit schwarzem Kugelschreiber. Auf der Rückseite findet sich in der Handschrift des Ehemannes folgender Text:

"4 Änderungsbefugnis

Wir sind uns darin einig, dass der Längerlebende nach dem Tode des Zuerstversterbende berechtigt sein soll, einseitig die Rechtsnachfolge von Todes wegen nach sich selbst (also auch bezüglich geerbten Vermögen) abweichend von den Bestimmungen in dieser Urkunde neu zu regeln."

Nach der Eröffnung dieses Testaments auf Ableben des Ehemannes hat der Nachlassrichter am 17.11.2000 mit der Erblasserin das Testament besprochen und darüber einen Vermerk angefertigt. In dem Gespräch hat sie angegeben, dass das Testament ohne Datum von ihr und ihrem Ehemann mit endgültigem Testierwillen errichtet worden sei. Dass kein Datum vermerkt sei, liege daran, dass sie das Testament eigentlich beim Notariat G. hätten abgeben und dann bei der Abgabe das Datum hätten ergänzen wollen. Wegen schlechten Wetters seien sie aber nicht mehr zum Notariat gefahren. Das Testament sei im Februar oder März 2000 geschrieben. Von den eingesetzten Schlusserben, den Kindern der Schwester des Ehemannes, sollten J. L. zu 1/3 und A. R. zu 2/3 bedacht werden. Diese Kinder hätten seit ihrer Geburt mit ihren Eltern im gleichen Haus gewohnt, zu beiden Kindern hätte von Anfang an eine sehr gute Beziehung gestanden, sie seien immer zu ihnen gekommen, sie habe nach der Geburt bei der Pflege der Kinder viel geholfen, auch ihr Mann habe eine genauso gute Beziehung zu diesen Kindern gehabt. Diese Beziehung habe bis heute immer angehalten. Bis zu ihrer Verheiratung hätten beide Kinder in demselben Haus gewohnt.

Unter dem 13.6.2008 verfasste die Erblasserin ein eigenhändiges Testament folgenden Inhalts:

"Testament

Ich Frau M. H. geb. R. geb. am ... 1924 bin deutsche Staatsangehörige und habe gemeinsam mit meinem am ... 2000 in F. verstorbenen Ehemann Herrn X. H. ein eigenhändiges gemeinschaftliches Testament ohne Datum errichtet.

Hierin haben wir uns zunägst gengenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Erben des längstlebenden Ehegatten sollte zu 1/3 die Tochter und zu 2/3 der Sohn der Schwester meines Ehemannes sein.

Allerdings hatten mein Ehemann und ich vereinbart, dass der Längerlebende nach dem Tod des Erstversterbenden berechtigt sein soll, einseitig die Rechtsnachfolge von Todes wegen abweichend von den Bestimmungen des gemeinschaftlichen Testamentes neu zu regeln. Hieran bin ich durch frühere Verfügungen von Todes wegen nicht gehindert.

Ich berufe zu meiner alleinigen unbeschränkten Erbin die Stiftung "S." der Gemeinde F.

Die bisher zu Schlusserben eingesetzten Kinder der Schwester meines verstorbenen Ehemannes...

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