Entscheidungsstichwort (Thema)

Forderung

 

Verfahrensgang

AG Singen (Aktenzeichen 1 C 266/90)

LG Konstanz (Aktenzeichen 1 S 224/90)

 

Tenor

Die in einem Formularmietvertrag enthaltene Klausel: „Schönheitsreparaturen werden vom Mieter getragen”, begründet eine Verpflichtung des Mieters zur Vornahme der Schönheitsreparaturen auch dann, wenn der Mieter die Anfangsrenovierung übernommen und keine Endrenovierung durchzuführen hat.

 

Tatbestand

I.

Der Rechtsvorgänger der Klägerin hatte dem Beklagten und dessen zwischenzeitlich von ihm geschiedenen Ehefrau aufgrund eines Formularmietvertrages vom 12.02.1976 eine Wohnung vermietet.

§ 1 des Mietvertrages enthält u.a. die folgende Bestimmung: „Schönheitsreparaturen werden vom Mieter getragen.” Die Wohnung war beim Bezug nicht renoviert. Renovierungsarbeiten sind vom Beklagten letztmals in den Jahren 1983/1984 durchgeführt worden. Am 28.02.1990 ist der Beklagte aus der Wohnung ausgezogen, nachdem er zuvor nur in einem geringen Umfange Schönheitsreparaturen selbst ausgeführt hatte. Nach vorangegangenem Beweissicherungsverfahren über den Zustand der Wohnung hat die Klägerin die erforderlichen Schönheitsreparaturen durch einen Malerbetrieb ausführen lassen. Die hierfür angefallenen Kosten macht sie mit ihrer Klage u.a. geltend. Der Beklagte hat sich auf den Standpunkt gestellt, zur Durchführung von Schönheitsreparaturen bei seinem Auszug nicht verpflichtet gewesen zu sein, weil dies mit Rücksicht auf den unrenovierten Zustand der Wohnung bei deren Übernahme mit dem Rechtsvorgänger der Klägerin ausdrücklich vereinbart worden sei und mit vertraglicher Übernahme der laufenden Schönheitsreparaturen die weitere Verpflichtung, die Wohnung bei Ende der Mietzeit renoviert zurückgeben zu müssen, eine unangemessene und mit Treu und Glauben nicht zu vereinbarende Benachteiligung darstelle.

Das Amtsgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme stattgegeben. Es hat für erwiesen erachtet, daß der Beklagte die Wohnung in einem renovierungsbedürftigen Zustand hinterlassen habe und daß bei der ersten Besichtigung der Wohnung der Beklagte und der Rechtsvorgänger der Klägerin darüber gesprochen haben, der Beklagte müsse am Ende der Mietziet nicht renovieren, wenn er die Wohnung zu Beginn der Mietzeit selbst instand setze. Ungeachtet dieser mündlichen Absprache sei der Beklagte jedoch aufgrund der Renovierungsklausel im Mietvertrag verpflichtet gewesen, die laufenden Schönheitsreparaturen durchzuführen, da diese Verpflichtung nicht abbedungen worden sei. Mit Rücksicht auf den Zeitablauf seit den letzten Schönheitsreparaturen und der erwiesenen Renovierungsbedürftigkeit der Wohnung sei die Vornahme von Schönheitsreparaturen beim Auszug auch fällig gewesen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Die Renovierungsklausel, so seine Auffassung, sei weder eindeutig noch unmißverständlich und sage nichts darüber, ob der Mieter die laufenden Schönheitsreparaturen zu tragen habe. Die gewählte Formulierung erlaube auch die Auslegung i.S. einer Freizeichnung des Vermieters. Jedenfalls sei die Klausel mit Rücksicht auf die übernommene Anfangsrenovierung unangemessen und deshalb unwirksam.

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, daß die hier in Rede stehende Mietvertragsklausel jedenfalls dann, wenn der Mieter, wie im Streitfall, die Anfangsrenovierung vorgenommen habe, nur der Entlastung des Vermieters von seiner Instandhaltungspflicht dienen solle, es aber dem Mieter überlassen bleibe, ob er die Schönheitsreparaturen durchführen wolle. Zumindest sei die Klausel unklar i.S. von § 5 AGBG. Mit dieser Ansicht würde es von dem Rechtsentscheid des BGH vom 30.10.1984 (BGHZ 92, 363 = NJW 1985, 480) abweichen; zudem seien gleiche oder ähnliche Klauseln häufiger in Mietverträgen anzutreffen, so daß der Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung zukomme. Das Landgericht hat daher beschlossen, dem Senat folgende Frage zum Rechtsentscheid vorzulegen:

„Begründet die in einem Formularmietvertrag enthaltene Klausel „Schönheitsreparaturen werden vom Mieter getragen” eine Verpflichtung des Mieters zur Vornahme der Schönheitsreparaturen oder beinhaltet sie, wenn der Mieter die Anfangsrenovierung übernommen und keine Schlußrenovierung durchzuführen hat, nur eine Freizeichnung des Vermieters von seiner Instandhaltungspflicht für die Mietsache?”.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Vorlage ist zulässig. Gegenstand des Vorlagebeschlusses ist eine Rechtsfrage, die sich aus einem Mietverhältnis über Wohnraum ergibt (§ 541 Abs. 1 ZPO). Daß es bei der Vorlagefrage um die Auslegung einer formularmäßigen Klausel geht, steht der Zulässigkeit nicht entgegen. Zwar ist die Auslegung rechtsgeschäftlicher Willenserklärungen bzw. vertraglicher Regelungen grundsätzlich Sache des Tatrichters (s. Zöller/Schneider, 17. Aufl., § 550 ZPO Rdn. 10 und die dort. Rspr.Nachw.). In Rede steht hier jedoch eine gerade im Bereich der Wohnraummiete häufig wiederkehrende und typische Vertragsbestimmung. Die Auslegung derartiger Formularklauseln i...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge