Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich. Berechnung des Ausgleichs von Anrechten der Pensionskasse für die Deutsche Wirtschaft im Wege der Realteilung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Anrechte der Pensionskasse für die Deutsche Wirtschaft sind im Wege der Realteilung nach VAHRG § 1 Abs. 2 auszugleichen, obwohl nur das auszugleichende Anrecht, nicht aber die für den geschiedenen Ehegatten zu begründende Anwartschaft eine Rente für den Invaliditätsfall vorsieht.

2. Zur versicherungs-mathematischen Berechnung des Realteilungsbetrages

 

Normenkette

BGB § 1587; VAHRG § 1 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Karlsruhe (Urteil vom 09.10.1997; Aktenzeichen 6 F 71/96)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird Ziff. 2. b) im Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Karlsruhe vom 09.10.1997 (6 F 71/96) aufgehoben und wie folgt neu gefaßt:

2. b) Zu Lasten des Versorgungsanrechts des Antragstellers bei der Pensionskasse für die Deutsche Wirtschaft wird für die Antraggegnerin ein Versorgungsanrecht i. H. v. monatlich 478,10 DM, bezogen auf den 31.03.1996, bei der Pensionskasse für die Deutsche Wirtschaft begründet.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zwischen den Parteien aufgehoben.

3. Der Beschwerdewert beträgt 1.000,00 DM.

 

Tatbestand

I.

Das Familiengericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Ehe der Parteien geschieden (Ziff. 1) sowie in Ziff. 2 den Versorgungsausgleich durchgeführt. Dabei hat das Gericht in Ziff. 2 a das Rentensplitting i. H. v. monatlich 640,32 DM zugunsten der ausgleichsberechtigten Antragsgegnerin geregelt und in Ziff. 2 b die Realteilung der betrieblichen Altersversorgung des Antragstellers zugunsten der Antragsgegnerin mit einem zu teilenden Barwert von insgesamt 63.739,36 DM, ebenfalls bezogen auf den 31.03.1996, vorgenommen.

Hiergegen hat die Antragsgegnerin form- u. fristgerecht Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, die Realteilung erneut unter Anwendung versicherungsmathematischer Grundsätze vorzunehmen.

Der Antragsteller ist der Beschwerde entgegengetreten. Der Senat hat zum Zwecke der Berechnung der Ausgleichsrente bei dem Versicherungsmathematiker Prof. Dr. Heubeck ein Gutachten vom 29.07.1998 eingeholt. Hierauf wie auf dessen Ergänzung vom 22.10.1998 sowie auf die vorgelegte Satzung und Kopie des Geschäftsplans der Pensionskasse wird Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die gemäß §§ 629 a Abs. 2 i. V. m. 621 e Abs. 1 ZPO zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist auch in der Sache gerechtfertigt. Eines konkreten Sachantrages der Rechtsmittelführerin bedurfte es nicht, da der Senat an einen solchen nicht gebunden ist. Vielmehr ist das Gericht berechtigt und verpflichtet, die erstinstanzliche Entscheidung hinsichtlich der Realteilung in jeder Richtung, sei es auch entgegen den Zielen des Rechtsmittels, in Übereinstimmung mit der materiellen Rechtslage zu bringen, soweit nicht das Verbot der Schlechterstellung des Rechtsmittelführers entgegensteht (BGH, FamRZ 1984, 990 = NJW 1984, 2879).

Diese erneute Überprüfung und Berechnung des im Wege der Realteilung gemäß § 1 Abs. 2 VAHRG auszugleichenden, monatlichen Rentenbetrages führt zum Ergebnis, daß der ausgleichsberechtigten Antragsgegnerin ein monatliches, statisches Versorgungsanrecht bei der Pensionskasse für die Deutsche Wirtschaft i. H. v. 478,10 DM zusteht. Diese statische Rente entspricht einer dynamischen Rentenanwartschaft von monatlich (478,10 DM × 12 × 3,3 × 0,0047112253) 89.20 DM und übersteigt damit den Grenzwert von monatlich 82,60 DM zum Ende der Ehezeit am 31.03.1966, so daß gemäß Ziff. 5 des Geschäftsplans der Pensionskasse die Realteilung zwischen den Ehegatten zu erfolgen hat, nachdem die dynamisierte Ausgleichsrente zwei von hundert der Bezugsgröße (§ 18 SGB IV) übersteigt.

Der Senat hat auch keinen Anlaß gesehen, von der Ausgleichsform der Realteilung schon allein deswegen abzuweichen, weil zwar das auszugleichende Anrecht, nicht aber das für den geschiedenen Ehegatten zu begründende Anrecht eine Rente für den Invaliditätsfall vorsieht (dazu BGH, B. v. 19.08.1998 – XII ZB 100/96). Dem hat zum einen die Versorgungsordnung der Pensionskasse dadurch Rechnung getragen, daß das auf Seiten des Ausgleichsverpflichteten für Alters- und Invaliditätsrente gebildete Deckungskapital ganz zur Ermittlung den (bloßen) Altersversorgung des Ausgleichsberechtigten herangezogen wird, was damit aus versicherungsmathematische Gründen zur einer höheren Altersversorgung führt; als die bei einer zusätzlichen Absicherung von Invaliditätsrisiken der Fall wäre, zum anderen sieht auch die Witwenversorgung der Pensionskasse nur eine Altersvorsorge, keine zusätzliche Invaliditätsabsicherung vor. Der Versorgungsausgleich hat aber nicht die Aufgabe, einen geschiedenen Ehegatten versorgungsmäßig besser zu stellen als einen verheirateten, verwitweter Ehegatten. Bei Betrachtung dieser für die Versorgung maßgeblichen Umstände kann nicht festgestellt werden, daß die Realteilung hier zu einer unangemessenen Benachteiligung des ausgleichsberechtigten Ehegat...

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