Leitsatz (amtlich)

1. Eine Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, ist nicht verpflichtet, den ausschließlich für die Beantragung von Prozesskostenhilfe eingeführten Vordruck für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Rahmen der Überprüfung nach § 120 Abs. 4 ZPO in jedem Falle nochmals auszufüllen und alle Belege, auch soweit keine Änderung erfolgt ist, erneut beizufügen. Die Erklärungspflicht bezieht sich nur darauf, ob eine Veränderung eingetreten ist, und wenn ja, welche.

2. Da das Gericht berechtigt ist, der Partei aufzugeben, die im Rahmen der Auskunftspflicht gemachten Angaben zu vervollständigen, zu belegen oder sonst glaubhaft zu machen, um eine genügende und sichere Grundlage für die erneute Entscheidung über die gewährte Prozesskostenhilfe zu erhalten, kann eine für die Entscheidung nach § 120 Abs. 4 ZPO wesentliche Änderung nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern angenommen werden, wenn die angeforderten Erklärungen und Belege ausbleiben. Dies rechtfertigt es dann, nach § 124 Nr. 2, 2. Alt. ZPO zu verfahren, wenn die Partei auf diese mögliche Folge zuvor hingewiesen worden war.

 

Normenkette

ZPO § 120 Abs. 4, § 124 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Heidelberg (Beschluss vom 25.04.2005; Aktenzeichen 7 O 59/03)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss der Rechtspflegerin der 7. Zivilkammer des LG Heidelberg vom 25.4.2005 - 7 O 59/03 - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Beklagten ist durch Beschluss der Einzelrichterin vom 24.7.2003 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung gewährt worden. Die Entscheidung erging auf Antrag der Beklagten auf der Grundlage ihrer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 20.5.2003.

Im November 2004 überprüfte die Rechtspflegerin, ob eine wesentliche Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagten eingetreten sei, und forderte sie zur Vorlage einer erneuten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf. Daraufhin meldete sich zunächst eine Nachbarin der Beklagten, teilte mit, dass diese sich in Südafrika befinde, und bat in deren Namen um eine Fristverlängerung.

Am 8.2.2005 wandte sich die Rechtspflegerin mit folgendem Schreiben an die Beklagte:

"Die Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse habe ich gestern erhalten. Leider ist sie unvollständig. Unter Punkt D haben Sie vergessen, Ihren Ehegatten als Angehörigen anzugeben. Da ich davon ausgehe, dass ihr Ehegatte über eigene Einnahmen verfügt, sind Belege über die Höhe der Einnahmen beizufügen (z.B. Gehaltsabrechnung). Des Weiteren benötige ich einen aktuellen Beleg über das Ihnen gezahlte Wohngeld. Der zuletzt eingereichte Beleg gilt nur bis 30.9.2003. Als letztes benötige ich noch einen Beleg über das gezahlte Erziehungsgeld. Da ich Ihrem Schreiben entnehme, dass Sie sich noch immer in Südafrika befinden, gewähre ich Ihnen eine Frist bis 15.3.2005. Bitte reichen Sie die fehlenden Belege bis dahin ein."

Mit Verfügung vom 21.3.2005 erinnerte die Rechtspflegerin die Beklagte an die Erledigung der Anfrage und wies darauf hin, dass im Falle der Nichterledigung das Gericht die Prozesskostenhilfebewilligung aufheben könne.

Mit Beschluss vom 25.4.2005 - auf dessen Gründe wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird - hat das LG den Beschluss vom 24.7.2003, mit dem der Beklagten Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsverpflichtung bewilligt worden war, aufgehoben.

Gegen den am 26.4.2005 zugestellten Beschluss hat ihr Prozessbevollmächtigter sofortige Beschwerde eingelegt und darum gebeten, der Beklagten zu Überreichung der notwendigen Unterlagen eine Frist bis 20.8.2005 zu setzen. Das LG hat daraufhin mit Verfügungen vom 13.5., 4.7., 1.8. und 10.8.2005 jeweils Fristen zur Vorlage der geforderten Unterlagen gewährt bzw. verlängert. Mit Beschluss vom 4.10. 2005 hat es der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Nach § 124 Nr. 2, 2. Alt. ZPO kann das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wieder aufheben, wenn die Partei der Aufforderung, eine Erklärung nach § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO abzugeben, nicht nachkommt. Diese Voraussetzung ist gegeben.

Zwar ist nach herrschender Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum (OLG Zweibrücken JurBüro 1995, 310, m.w.N.; Zöller/Philippi, ZPO 25. Aufl., § 120 Rz. 28, m.w.N.), die der Senat teilt, eine Partei nicht verpflichtet, den ausschließlich für die Beantragung von Prozesskostenhilfe eingeführten Vordruck für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Rahmen der Überprüfung nach § 120 Abs. 4 ZPO in jedem Falle nochmals auszufüllen und alle Belege, auch soweit keine Änderung erfolgt ist, erneut beizufügen. Die Erklärungspflicht bezieht sich nur darauf, ob eine Veränderung eingetreten ist und wenn ja, welche. Es ist zweckmäßig, die Partei aufzufordern, ih...

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