Entscheidungsstichwort (Thema)

Ehescheidung. Prozesskostenhilfe

 

Verfahrensgang

AG Mosbach (Beschluss vom 21.03.2001; Aktenzeichen 2 F 468/00)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Mosbach vom 21.03.2001 – 2 F 468/00 – aufgehoben und zur weiteren Entscheidung über die beantragte Prozesskostenhilfe zurückverwiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien, beides türkische Staatsangehörige, haben am 17.07.1988 vor dem Standesbeamten in K./B. C. Türkei geheiratet. Aus dieser Ehe sind drei minderjährige Kinder hervorgegangen. Mit Schriftsatz vom 06.10.2000 hat der Antragsteller die Scheidung der Ehe beantragt und hierfür Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gestellt. Zu den Scheidungsvoraussetzungen nach Art. 134 türkisches ZGB hat er vorgetragen, dass die Ehe zerrüttet sei. Er habe sich einer neuen Lebenspartnerin zugewandt, mit der er in eheähnlicher Gemeinschaft lebe.

Die Antragsgegnerin hat Zurückweisung des Prozesskostenhilfe-Antrages wie auch des Ehescheidungsantrages beantragt und diesbezüglich geltend gemacht, dass den Antragsteller, der eine neue Lebenspartnerin kennen gelernt habe und ausgezogen sei, das alleinige Verschulden am Auseinanderleben treffe. Sie wolle weiterhin an der Ehe festhalten, weshalb sie Widerspruch nach Art. 134 Abs. 2 des türkischen ZGB erhebe.

Der Antragsteller sieht die Erhebung des Widerspruchs als rechtsmissbräuchlich an, weil die Ehe der Parteien schon bevor er eine neue Lebenspartnerin kennen gelernt habe, aufgrund unterschiedlicher Lebensvorstellungen und Weltanschauungen unheilbar zerrüttet gewesen sei, weshalb die jetzige Situation nicht auf sein alleiniges Verschulden zurückgeführt werden könne.

Das Amtsgericht – Familiengericht – Mosbach hat mit Beschluss vom 21.03.2001 (2 F 468/00) das Prozesskostenhilfe-Gesuch des Antragstellers zurückgewiesen und hierzu ausgeführt, dass der Widerspruch der Antragsgegnerin nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen werden könne, weshalb dem Scheidungsantrag von vorneherein die Erfolgsaussicht fehle.

Hiergegen hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt. Selbst wenn der Widerspruch der Antragsgegnerin als gerechtfertigt angesehen werde, sei ein Rechtsschutzbedürfnis für das Scheidungsverfahren gegeben, da die unwiderlegbare und damit die Ehescheidung auf jeden Fall auslösende Zerrüttungsvermutung nach Art. 134 Abs. 4 türkisches ZGB voraussetze, dass ein Scheidungsantrag abgelehnt worden sei und die Eheleute dann noch weitere drei Jahre getrennt gelebt hätten.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige Beschwerde ist begründet.

Dem Antragsteller kann Prozesskostenhilfe nicht wegen fehlender Erfolgsaussicht des von ihm eingereichten Scheidungsantrages versagt werden.

Dem Amtsgericht ist zunächst zu folgen, soweit es den von der Antragsgegnerin erhobenen Widerspruch gegen die Ehescheidung nach Art. 134 Abs. 2 türkisches ZGB nicht als rechtsmissbräuchlich ansieht (hierzu: OLG Karlsruhe, FamRZ 98, 477 f).

Nicht zu folgen vermag der Senat allerdings der vom Amtsgericht vertretenen Auffassung, dass im Hinblick auf eine widerspruchsbedingte Zurückweisung des Scheidungsantrages keine Erfolgsaussicht i.S. von § 114 ZPO gegeben sei. Insoweit schließt sich der Senat der von mehreren Oberlandesgerichten (OLG Braunschweig FamRZ 97, Seite 1409 f.; OLG Celle FamRZ 1998, Seite 758 und OLG Hamm, FamRZ 99, Seite 1352) vertretenen Ansicht an, dass in Fällen der vorliegenden Art die Erlangung der materiellrechtlichen Voraussetzungen für ein Scheidungsverfahren nach Art. 134 Abs. 4 türkisches ZGB die Erfolgsaussicht i.S. von § 114 ZPO zu begründen vermag. Dies deshalb, weil die Abweisung des Scheidungsverfahrens in Verbindung mit einer dreijährigen Trennungszeit eine nicht widerlegbare Zerrüttungsvermutung begründet und damit eine Ehescheidung auf jeden Fall ermöglicht (Anmerkung Rechtsanwalt Rumpf zu dem Urteil des türkischen Kassationshofs vom 25.09.1997, FamRZ 1998, Seite 1117 f). Insoweit darf die unbemittelte Partei nicht schlechter gestellt werden als die bemittelte Partei, welche die Voraussetzungen des Art. 134 Abs. 4 türkisches ZGB auf der Grundlage eines – erfolglosen – Scheidungsverfahrens zu erlangen vermag.

Da die vom Antragsteller zur Begründung seines PKH-Gesuchs vorgelegten Unterlagen zu Einzelpositionen (u.a. Übernachtungskosten und Verpflegung allein mit 1.160 DM) nicht im weiteren belegt sind, sah sich der Senat nicht in der Lage, über den Prozesskostenhilfe-Antrag des Antragstellers bzw. eine festzusetzende Ratenzahlung zu befinden, weshalb die Sache zur weiteren Entscheidung an das Amtsgericht zurückzugeben war.

Eine Kostenentscheidung ist im Beschwerdeverfahren gem. § 127 Abs. 4 ZPO nicht veranlasst.

 

Unterschriften

Riedel Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht, May Richter am Oberlandesgericht, Schabert Richter am Amtsgericht

 

Fundstellen

Haufe-Index 1530689

FamRZ 2002, 890

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