Entscheidungsstichwort (Thema)

Erbscheinserteilung. weitere Beschwerde gegen die Ablehnung eines Erbscheinsantrags. Erbscheinsverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

Auch im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gilt der Grundsatz der Bindung des Gerichts, an das zurückverwiesen worden ist, an die Rechtsauffassung des übergeordneten Gerichts. Das hat zur Folge, daß im Erbscheinsverfahren sowohl das Amts- und Landgericht wie auch der Senat an die Auffassung des Landgerichts, die es in einer nicht angefochtenen früheren Beschwerdeentscheidung vertreten hat, gebunden sind

 

Normenkette

FGG §§ 25, 84

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Beschluss vom 19.10.1987; Aktenzeichen 11 T 366/87)

 

Tenor

1. Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten Ziff. 2–6 gegen den Beschluß des Landgerichts Karlsruhe vom 19. Oktober 1987 – 11 T 366/87 – wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerdeführer haben der Beschwerdegegnerin deren außergerichtliche Kosten zu erstatten.

3. Der Beschwerdewert entspricht einem Viertel des noch festzusetzenden Nachlaßwertes.

 

Gründe

1. Die Beteiligten streiten über die Erbfolge, insbesondere die jeweiligen Quoten, nach der im Jahre 1951 verstorbenen Erblasserin.

Das Landgericht hat durch Beschluß vom 4.12.1986 (AS. 217 ff.) den Vorbescheid des Nachlaßgerichtes Pforzheim vom 15.10.1986 (AS. 177 ff.) aufgehoben und dabei die nach seiner Auffassung zutreffende Erbfolge festgelegt. Den darauf von den Beschwerdeführern gestellten neuen Erbscheinsantrag hat das Nachlaßgericht durch Beschluß vom 15.6.1987 (AS. 263 ff.) zurückgewiesen, weil er nicht der Beschwerdeentscheidung des Landgerichts entsprach und dabei ausgeführt, es sei an diese Entscheidung gebunden. Die hiergegen eingelegte Beschwerde hat das Landgericht durch Beschluß vom 19.10.1987 (AS. 307 ff.) zurückgewiesen und gleichfalls die Auffassung vertreten, es sei ebenso wie das Amtsgericht an seinen nicht angefochtenen früheren Beschwerdebeschluß gebunden. Hiergegen wenden sich die Beschwerdeführer mit ihrer weiteren Beschwerde unter Hinweis auf ihren früheren Vortrag. Sie sind der Auffassung, Amts- und Landgericht seien bei der Entscheidung über ihren neuen Antrag nicht an die Erstbeschwerdeentscheidung des Landgerichts gebunden, sondern hätten eine neue eigene Entscheidung zu treffen. In der Sache treten sie der Auffassung des Landgerichts entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgenannten Beschlüsse verwiesen.

2. Die zulässige weitere Beschwerde (§§ 27, 29 FGG) ist nicht begründet.

Auch im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gilt der Grundsatz der Bindung des Gerichts, an das zurückverwiesen worden ist, an die Rechtsauffassung des übergeordneten Gerichts. Das hat zur Folge, daß im Erbscheinsverfahren sowohl das Amts- und Landgericht wie auch der Senat an die Auffassung des Landgerichts, die es in einer nicht angefochtenen früheren Beschwerdeentscheidung vertreten hat, gebunden sind (allgemeine Meinung, vgl. BGHZ 15, 122; KG MDR 80, 766; BayObLG FamRZ 85, 839; Keidel/Kuntze/Winkler 12. Aufl. Rdn. 8 zu § 25 FGG m.w.N.). Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn sich aufgrund neuer Tatsachen oder Beweismittel ein anderer Sachverhalt ergibt oder eine Änderung des anzuwendenden Rechts eingetreten ist (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler a.a.O.). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Der oben dargestellten Bindungswirkung liegen allerdings Fälle zugrunde, in denen das Beschwerdegericht die Sache zur erneuten Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen hat. Eine derartige formelle Zurückverweisung ist hier nicht erfolgt.

Nach Auffassung des Senats folgt die Bindungswirkung in Fällen der vorliegenden Art, in denen zulässigerweise ein Vorbescheid erlassen worden ist, aber aus dem Sinn und Zweck eines derartigen Vorbescheides. Ein solcher kann ausnahmsweise erteilt werden, sofern eine Vorklärung der Sach- und Rechtslage geboten ist, um die Erteilung eines später als unrichtig wieder einzuziehenden Erbscheines zu vermeiden (BGHZ 20, 255; Keidel/Kuntze/Winkler a.a.O. Rdn. 1 zu § 84 FGG; Palandt 46. Aufl. Anm. 5 zu § 2353 BGB jew.m.w.N.).

Wird ein derartiger Vorbescheid angefochten, kann das Landgericht denselben aufheben und das Nachlaßgericht anweisen, den für richtig gehaltenen Erbschein zu erteilen. Darin liegt dann auch formell eine Zurückverweisung. Die Anweisung des Nachlaßgerichtes setzt aber voraus, daß bereits ein Erbscheinsantrag gestellt war, der der Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts entspricht (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler a.a.O. Rdn. 2 zu § 84 FGG). War dies – wie vorliegend – nicht der Fall, so hat das Nachlaßgericht über etwaige noch andere, bisher nicht verbeschiedene Anträge zu entscheiden oder muß neue Anträge der Beteiligten abwarten. Im letzteren, hier gegebenen Fall neuer Antragstellung kann die Bindungswirkung nicht anders beurteilt werden als in den Fällen, in denen bereits vor der Beschwerdeentscheidung des Landgerichts ein entsprechender Antrag vorlag. Denn der Vorbescheid schließt das Erbscheinsverfahren in erster Instanz nicht ab,...

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