Leitsatz (amtlich)

Verbindlichkeiten eines Ehegatten aus einer während der Ehe begangenen Straftat mindern dessen Endvermögen.

 

Tenor

Der Antrag der Antragstellerin vom 17.9.2002 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung der Berufung wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Das AG – FamG – W. hat mit Verbundurteil vom 26.7.2002 (Az.: ES) den Antragsgegner u.a. zur Zahlung von 1.963,38 Euro als Zugewinnausgleich verurteilt und die weiter gehende Klage auf Zugewinnausgleich i.H.v. 2.432,52 Euro abgewiesen. Bei der Berechnung des Endvermögens des Antragsgegners hat das AG Verbindlichkeiten i.H.v. 9.551,86 DM abgezogen. Diese resultieren unstr. aus einer Straftat des Antragsgegners. Der Antragsgegner wurde vom LG H. am 6.9.2000 wegen Vergewaltigung einer Studentin zu fünf Jahren Haft verurteilt. Der Betrag von 9.551,80 DM rührt teilweise aus der Opferentschädigung, teilweise aus Zahlungen an die Gerichtskasse und Rechtsanwälte.

Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, nach Treu und Glauben könne eine Minderung des Endvermögens des Antragsgegners nicht erfolgen, soweit es um die Verbindlichkeiten aus der Straftat gehe …

II. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist zwar zulässig, aber unbegründet.

Die beabsichtigte Prozessführung bietet nach dem bisherigen Vorbringen der Parteien keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Das AG Weinheim hat bei der Berechnung des Endvermögens des Antragsgegners berechtigterweise die aus der Straftat resultierenden Verbindlichkeiten i.H.v. 9.551,86 DM abgezogen.

Anzusetzen sind grundsätzlich alle am Stichtag bei den Ehegatten vorhandenen geldwerten rechtlich geschützten Positionen oder rechtlich geschützten Positionen mit wirtschaftlichem Wert (BGH v. 10.10.1979 – IV ZR 79/78, AG 1980, 158 = GmbHR 1980, 200 = MDR 1980, 211 = FamRZ 1980, 37 [39]; v. 14.1.1981 – IVb ZR 525/80, MDR 1981, 478 = FamRZ 1981, 239; FamRZ 1991, 411). Hiervon abgezogen werden alle Verbindlichkeiten, d.h. Verpflichtungen, die am Stichtag das Vermögen eines jeden Ehegatten mindern (§ 1375 Abs. 1 S. 1 BGB). Die Verbindlichkeit muss rechtlich begründet sein, eine bloß sittliche Verpflichtung genügt nicht (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 61. Aufl., § 1375 Rz. 14). Ansonsten spielt es keine Rolle, auf welchem Rechtsgrund die Verbindlichkeit beruht. Daher finden auch Verbindlichkeiten, die aus einer Straftat resultieren, oder die im Zusammenhang mit Straftaten entstanden sind, Berücksichtigung (z.B. Haußleiter/Schulz, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, 3. Aufl., Kap. 1 Rz. 308, 186).

Nur unter den streng limitierten Voraussetzungen des § 1375 Abs. 2 BGB werden Beträge dem Endvermögen hinzugerechnet, auch wenn sie nicht mehr vorhanden sind. Diese Voraussetzungen liegen vorliegend aber nicht vor. Weder hat der Beklagte unentgeltliche Zuwendungen gemacht (Abs. 2 Nr. 1), noch hat er sein Vermögen verschwendet (Abs. 2 Nr. 2), noch hat er Handlungen in der Absicht vorgenommen, den anderen Ehegatten zu benachteiligen (Abs. 2 Nr. 3), zumindest hat die Antragstellerin hierzu nichts vorgetragen.

Eine entsprechende Anwendung des § 1375 Abs. 2 BGB auf den vorliegenden Fall scheitert an der fehlenden Vergleichbarkeit der Fälle. Die Vorschrift ist nach allgemeiner Meinung erschöpfend. Sie enthält eine abschließende Regelung und ist daher zurückhaltend auszulegen (Soergel/Lange, BGB, 12. Aufl., § 1375 Rz. 11, 22; Staudinger/Thiele, BGB, 13. Bearb., § 1375 Rz. 30; OLG Karlsruhe v. 17.10.1985 – 2 UF 129/84, FamRZ 1986, 167 [168]). Die zwischen den Ehegatten bestehende Schicksalsgemeinschaft rechtfertigt es nach Ansicht des Gesetzgebers, dass der andere Ehegatte solche Vermögensminderungen mittragen muss.

Der Senat sieht keine Veranlassung, im vorliegenden Fall von dieser Rechtssprechung abzuweichen.

Die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben nach § 242 BGB kommt vorliegend ebenfalls nicht in Betracht. Die Lehre und Rspr. wenden § 242 BGB immer nur dann an, wenn das Ergebnis ansonsten schlechterdings untragbar wäre und wo die Rechtsausübung zu mit Recht und Gerechtigkeit offensichtlich unvereinbaren Ergebnissen führt (BGH BGHZ 48, 396 [398]; v. 10.10.1986 – V ZR 247/85, MDR 1987, 303 = NJW 1987, 1069 [1070]; BAG DB 1990, 740 [741]). Dieser Fall liegt aber nicht vor, da der Antragstellerin noch ein Restanspruch verbleibt und sie nicht völlig mittellos ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 1 GKG, 118 Abs. 1 S. 4 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1127129

OLGR-KS 2004, 274

www.judicialis.de 2002

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