Leitsatz (amtlich)

1. Dem in Berufsausbildung befindlichen volljährigen Kind ist die Inanspruchnahme von BAföG zumutbar.

2. Ändert sich die finanzielle Situation der Eltern, so kann das Kind verpflichtet sein, eine Abänderung des zunächst ablehnenden BAföG-Bescheids nach § 53 BAföG zu beantragen.

 

Normenkette

BGB § 1602 Abs. 1, § 1610 Abs. 2; BAföG § 53

 

Verfahrensgang

AG Weinheim (Beschluss vom 12.01.2009; Aktenzeichen 3 F 133/08 (UK))

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des AG - FamG - Weinheim vom 12.1.2009 (Az. 3 F 133/08 UK) in Ziff. 2 aufgehoben und wie folgt abgeändert:

Der Beklagten wird Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit sie sich gegen einen Anspruch auf Zahlung von Kindesunterhalt ab 1.10.2008 verteidigt.

Der Beklagten wird Rechtsanwalt B., W., als Prozessbevollmächtigter beigeordnet.

Die Partei hat beginnend mit dem 1.4.2009 monatliche Raten i.H.v. 15 EUR auf die Prozesskosten zu erbringen.

Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.

II. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

III. Eine Gebühr für das Beschwerdeverfahren wird nicht erhoben.

 

Gründe

(gemäß § 127 ZPO ab II. 3 nur an Beklagte)

I. Bei der Klägerin handelt es sich um die am ... 1989 geborene Tochter der Beklagten. Sie lebt im Haushalt ihres Vaters, der von der Mutter seit längerer Zeit geschieden ist. Die Klägerin besucht die ...-Schule in M.. Sie absolviert dort eine Berufsausbildung zur chemisch-technischen Assistentin, die voraussichtlich bis Sommer 2009 dauern wird.

Die Beklagte arbeitete zuletzt im "Landhaus S.", einem Seniorenheim in W., als Pflegekraft und erhielt dort ein monatliches Bruttoeinkommen i.H.v. 2.200 EUR. Mit Schreiben vom 26.8.2008 wurde das Arbeitsverhältnis gekündigt. Ab 1.10.2008 bezog die Beklagte ein Arbeitslosengeld i.H.v. 768,90 EUR. Die Tatsache, dass sie arbeitslos ist, teilte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit Schriftsatz vom 13.10.2008 der Gegenseite mit. Die Klägerin hatte mit Kenntnis der Beklagten einen Antrag auf Bewilligung von Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz gestellt. Mit Bescheid vom 29.8.2008 hat das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis - Amt für Ausbildungsförderung - den Antrag zurückgewiesen mit der Begründung, der Betrag des anzurechnenden Einkommens und/oder Vermögens übersteige den Gesamtbedarf des Auszubildenden. Die Klägerin hat gegen diesen Bescheid kein Rechtsmittel eingelegt.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Kindesunterhalt beginnend mit dem Monat September 2008 i.H.v. zuletzt 221 EUR monatlich in Anspruch. Sie hat vorgetragen, dass die Beklagte durch eigenes Verschulden ihre Arbeitsstelle verloren habe, da sie selbst gekündigt habe. Die Beklagte habe sich auch nicht intensiv um einen neuen Arbeitsplatz bemüht, um ihre Unterhaltsverpflichtung erfüllen zu können. Ihr seien deshalb fiktive Einkünfte i.H.v. monatsdurchschnittlich 1.400 EUR netto anzurechnen. Der Vater der Klägerin sei nicht leistungsfähig, da er lediglich eine Erwerbsunfähigkeitsrente i.H.v. 994,71 EUR und eine Betriebsrente i.H.v. monatlich 32 EUR beziehe.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat vorgebracht, dass sie nicht leistungsfähig sei, da sie lediglich über ein Arbeitslosengeld i.H.v. 768,90 EUR verfüge. Sie habe sich um Stellenangebote in der Tagespresse sowie im Internet bemüht. Um die Bewerbungskosten zu sparen, habe sie sich dabei vorab bei den in Frage kommenden Arbeitsgebern erkundigt, ob eine Stelle frei sei. Unter anderem habe sie sich beim Seniorenheim "Haus J." in H., beim Seniorenzentrum "D." in L. und bei der Seniorenresidenz "N." in M. beworben. Als ungelernte Kraft sei sie ferner nicht in der Lage, ein Einkommen zu erzielen, das über dem Selbstbehalt von 1.100 EUR liege.

Die Klägerin habe es ferner versäumt, gegen den ablehnenden BAföG-Bescheid Rechtsmittel einzulegen.

Für die Verteidigung gegen die von der Klägerin erhobene Unterhaltsklage hat die Beklagte Prozesskostenhilfe begehrt.

Mit Beschluss vom 12.1.2009 hat das AG - FamG - Weinheim den Antrag der Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung zurückgewiesen, dass die beabsichtigte Rechtsverteidigung der Beklagten keine hinreichende Erfolgsaussicht habe. Zur weiteren Begründung hat das AG auf die mit Beschluss vom 12.1.2009 ergangene einstweilige Anordnung verwiesen. Hierin hat das AG ausgeführt, dass die Beklagte nicht im Einzelnen dargelegt habe, welche Bemühungen sie unternommen habe, um einen Arbeitsplatz zu finden. Bei einem fiktiven Bruttoeinkommen von 2.200 EUR monatlich habe die Beklagte im Jahr 2008 ein Nettoeinkommen von 1.408,15 EUR und im Jahr 2009 von 1.390,55 EUR erzielen können. Sie sei deshalb in der Lage, auch bei einem Selbstbehalt von 1.100 EUR Unterhalt in der geforderten Höhe zu zahlen. Die Klägerin sei nicht verpflichtet gewesen, einen neuen Antrag auf BAföG Leistungen zu stellen oder ein Rechtsmittel gegen den ablehnenden Bescheid einzulegen, da sie hierzu von der Beklagten nicht aufgefordert worden sei.

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