Entscheidungsstichwort (Thema)

Ordnungswidrigkeit nach dem AÜG

 

Verfahrensgang

AG Rastatt (Beschluss vom 02.05.1989; Aktenzeichen 9 OWi 93 a-b/89)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerden der Betroffenen P. und L. gegen den Beschluß des Amtsgerichts Rastatt vom 2. Mai 1989 werden als unbegründet kostenpflichtig verworfen.

Der Antrag der Generalstaatsanwaltschaft, Rechtsanwalt … als Verteidiger zurückzuweisen, hat sich erledigt.

 

Tatbestand

I.

Das Amtsgericht Rastatt hat gegen die Betroffenen P. und L. wegen vorsätzlichen Tätigwerdenlassens unerlaubt entliehener Arbeitnehmer (Art. 1 § 1 Abs. 1, 16 Abs. 1 Nr. 1 a AÜG) Geldbußen in Höhe von jeweils 1.500,00 DM festgesetzt. Hiergegen wenden sich die Betroffenen mit der Rechtsbeschwerde. Sie rügen die Verletzung materiellen Rechts. Eine zulässige Verfahrensrüge wird nicht erhoben.

 

Entscheidungsgründe

II.

Soweit sich die Rechtsbeschwerden nicht lediglich in unzulässiger Weise gegen die Beweiswürdigung und die tatsächlichen Feststellungen des amtsgerichtlichen Beschlusses wenden, sind sie unbegründet. Die aufgrund der Sachrüge gebotene Prüfung des angefochtenen Beschlusses läßt keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Betroffenen erkennen.

1. Die Beweiswürdigung genügt den an eine Bußgeldentscheidung zu stellenden Anforderungen. Sie enthält keine Lücken oder Widersprüche und verstößt auch nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine anerkannte Erfahrungssätze. Die aus den Beweisumständen gezogenen Schlüsse sind möglich, zwingend brauchen sie nicht zu sein. Von den somit ohne Rechtsfehler getroffenen Feststellungen des Amtsgerichts entfernen sich die Rechtsbeschwerden in unzulässiger Weise, wenn sie geltend macht, es treffe nicht zu, daß die Firma W. GmbH & Co. KG neben der Gestellung von Personal keine eigenständigen Aufgaben innerhalb der Bauarbeitsgemeinschaft …krankenhaus übernommen habe. Welcher Art diese zusätzlichen Aufgaben gewesen sein sollen, legen die Rechtsbeschwerden selbst nicht dar. Dies gilt auch für die Feststellung des Amtsgerichts, die Arbeitnehmer der Firma W. seien vollständig in den Betrieb der übrigen Arbeitsgemeinschafts-Partner eingegliedert gewesen.

2. Die Feststellungen des Amtsgerichts rechtfertigen den Schuldspruch gegen die Betroffenen P. und L..

Die Mitwirkung der Arbeitnehmer H. und W. der Firma W. GmbH & Co. KG in der Bauarbeitsgemeinschaft … krankenhaus … hat das Amtsgericht rechtlich zutreffend als unzulässige Arbeitnehmerüberlassung gewertet. Bereits aus Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG ergibt sich, daß der Gesetzgeber die Abordnung von Arbeitnehmern zu einer zur Herstellung eines Werkes gebildeten Arbeitsgemeinschaft grundsätzlich als Arbeitnehmerüberlassung ansieht und eine Ausnahme hiervon nur unter den in dieser Vorschrift enthaltenen Voraussetzungen vorgesehen ist. Maßgebende Kriterien für die Abgrenzung der Arbeitnehmerüberlassung gegenüber dem sonst in Betracht kommenden Werkvertrag sind die Organisation der Arbeitsleistung, die Weisungsbefugnis, die Risikoverteilung und die Berechnung der Vergütung (vgl. Marschall, Bekämpfung illegaler Beschäftigung S. 25; Boewer, die Auswirkungen des Arbeitnehmerüberlassungsverbots auf die Bauwirtschaft DB 1982, 2033, 2036 f.; Erbs/Kohlhaas § 1 AÜG Anm. 4 f; Becker/Wulfgramm AÜG 3. Aufl. Art. 1 § 1 Rdnr. 39). Dabei entscheidet sich die Frage, ob die Arbeitskräfte im Rahmen eines Werkvertrages eingesetzt werden oder ob es sich um eine Arbeitnehmerlassung handelt, zunächst nach dem Geschäftsinhalt der zwischen den beteiligten Unternehmen vereinbarten Verträge. Der Geschäftsinhalt kann sich sowohl aus den schriftlichen Vereinbarungen der beteiligten Unternehmen als auch aus der praktischen Durchführung der Verträge ergeben. Widersprechen sich schriftliche Vereinbarungen und tatsächliche Durchführung des Vertrages, so kommt es auf die tatsächliche Durchführung an. Diese ist für die Ermittlung des Vertragstyps maßgebend (vgl. BAG Urteil vom 15.6.1983 JZ 1983, 219; Boewer a.a.O. 2036). Das Amtsgericht hat daher zu Recht nicht lediglich die schriftliche Vertragsgestaltung berücksichtigt, sondern zutreffend die tatsächliche Durchführung des Arge-Vertrages in den Vordergrund gestellt. Danach waren die Arbeitnehmer H. und W. sowohl in bezug auf die Organisation der Arbeitsleistung als auch hinsichtlich der Weisungsbefugnis in vollem Umfange den Anordnungen und Weisungen des firmenfremden Baustellenleiters B. unterstellt. Die Firma W. selbst hat keinerlei Leitungsbefugnisse ausgeübt. Auch die Berechnung der Vergütung für die beiden Arbeitnehmer erfolgte nicht anhand der von ihnen erbrachten Leistungen, was für einen Werkvertrag sprechen könnte, sondern erfolgte auf Stundenlohnbasis ohne Rücksicht auf die erbrachte Arbeitsleistung. Lediglich die in den schriftlichen Verträgen enthaltene Risikoverteilung könnte für die Beteiligung an der Durchführung eines Werkvertrages sprechen. Insoweit ist jedoch zu beachten, daß die Firma W. lediglich im Innenverhältnis an der Bauarbeitsgemeinschaft beteiligt wurde und nach außen hin nicht in Ersche...

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