Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert einer (unechten) Drittwiderspruchsklage

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Streitwert einer Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO ist nicht nach § 6 ZPO, sondern nach § 3 ZPO zu bemessen.

2. Bei einem Grundstück ist der Streitwert mit 20 % des Grundstückswerts anzusetzen.

3. Das Affektionsinteresse ist mit einem 1/4 des so errechneten Streitwerts zusätzlich zu berücksichtigen.

 

Verfahrensgang

AG Sinsheim (Beschluss vom 22.04.2003; Aktenzeichen 20 F 307/01)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Klägers wird der Beschluss des AG – FamG – Sinsheim vom 22.4.2003 (20 F 307/01) i.d.F. des Teilabhilfebeschlusses des AG vom 2.7.2003 abgeändert.

Der Streitwert für das Verfahren erster Instanz wird auf 27.500 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit seiner Klage vom 24.7.2001 hatte der Kläger beantragt, die Zwangsvollstreckung in das im hälftigen Miteigentum der Parteien stehende, im Grundbuch von W. Nr. 24 eingetragene Grundstück Flurstücknummer 2, A.-Str. 2, durch das Teilungsversteigerungsverfahren 50 K des AG Heidelberg für unzulässig zu erklären; gleichzeitig hatte er den Antrag gestellt die Zwangsvollstreckung einzustellen.

Sein Begehren hat er insb. damit begründet, dass die Einreichung des Teilungsversteigerungsantrags eine Verfügung i.S.d. § 1365 BGB darstelle.

Nach dem die Beklagte der Klage entgegengetreten war und das Grundstück inzwischen versteigert worden ist, hat der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Mit Beschluss vom 27.2.2003 hat das FamG der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und mit Beschluss vom 22.4.2003 den Streitwert für das Verfahren auf 13.416 DM festgesetzt.

Gegen die Streitwertfestsetzung haben die Verfahrensbevollmächtigten des Klägers Beschwerde mit dem Ziel eingelegt, dass der Wert in einem Bereich von 64.500 DM bis 86.000 DM festgesetzt werden möge.

Das Interesse des Klägers habe auch in der Vermeidung der Verschleuderung des Grundstücks durch die Teilungsversteigerung bestanden, in deren Rahmen sich i.d.R. eine Verlustquote von 30 % ergebe. Weiter sei es ihm darum gegangen, das Grundstück als Sicherheit für etwaige Ansprüche aus der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung wenigstens vorübergehend zu behalten und es letztlich sogar für die Beklagte und die Kinder zu erhalten. Bei einem Bruchteilswert von 215.000 DM ergebe sich eine angemessene Spanne in einem Bereich von 64.500 DM bis 86.000 DM. Das Einstellungsverfahren sei selbstständig zu bewerten.

Die Verfahrensbevollmächtigte der Beklagten hat geäußert, der Streitwert sei entspr. dem nach Abzug der Verbindlichkeiten dem Kläger ausgekehrten Betrag von 60.000 Euro festzusetzen.

Mit Beschluss vom 2.7.2003 hat das FamG der Beschwerde insoweit abgeholfen, als es den Streitwert auf 15.000 Euro festgesetzt hat.

II. Die (einfache) Beschwerde ist gem. den §§ 9 Abs. 2 S. 1 BRAGO, 25 Abs. 3 S. 1 GKG zulässig. Durch Art. 32 des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27.7.2001 (BGBl. I Nr. 40 S. 1887 f.) ist § 25 GKG nicht geändert worden. Nach den Vorstellungen der Beschwerdeführer über den Streitwert ist der Beschwerdewert zweifelsfrei erreicht.

Die Beschwerde ist teilweise in der Sache gerechtfertigt, denn der Streitwert war auf (rund) 27.500 Euro festzusetzen.

1. Der Streitwert einer so genannten unechten Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO, mit der – wie vorliegend – beantragt wird, die Zwangsversteigerung zur Aufhebung der Gemeinschaft für unzulässig zu erklären, ist nicht nach der begrifflich nicht in Betracht kommenden Vorschrift des § 6 ZPO zu bemessen, vielmehr hat die Festsetzung entsprechend § 3 ZPO nach freiem Ermessen zu erfolgen. Maßgebend ist das Interesse des Klägers daran, dass die bestehende Gemeinschaft an dem Grundstück erhalten bleibt und eine Verschleuderung des Grundstücks vermieden wird (Schneider, Streitwertkommentar, 11. Aufl., Rz. 988 – Drittwiderspruchsklage; Göttlich/Mümmler, BRAGO, 19. Aufl., – Drittwiderspruchsklage Nr. 2; BGH v. 16.1.1991 – XII ZR 244/90, FamRZ 1991, 547 ff.). Er ist daher nicht nach dem Gesamtwert, sondern allenfalls in Höhe eines Bruchteils daran zu bemessen und ggf. zusätzlich ein besonderes Affektionsinteresse an der Vermeidung der Versteigerung zur berücksichtigen (BGH v. 16.1.1991 – XII ZR 244/90, FamRZ 1991, 547 ff.).

2. Nach dem es sachgerecht erscheint das Interesse der klagenden Partei an der Vermeidung einer Vermögensverschleuderung in Relation zum Grundstückswert und damit nach einem Bruchteil dieses Wertes zu bemessen, setzt der Senat nach den Gegebenheiten des vorliegenden Falles diesen mit 20 % an, vgl. zu diesem Prozentsatz Schneider, Streitwertkommentar, 11. Aufl., Rz. 989 und die dort zitierte Rspr. Diese konkreten Umstände sind maßgebend und nicht die von den Beschwerdeführern gesehene Verlustquote, die sich aus der statistischen Auswertung in Zwangsversteigerungssfällen „ergeben dürfte”, wie sie ausführen. Es besteht kein rechtfertigender Grund, diesen Bruchteil bzw. Prozentsatz wegen der Berücks...

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