Leitsatz (amtlich)

1. In der Regel kann die streitige Frage offen bleiben, ob bei einem rückständigen und zukünftigen Unterhalt betreffenden Verfahren infolge Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beklagten gem. § 240 ZPO das ganze Verfahren - also auch soweit es die Unterhaltsansprüche für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens betrifft - unterbrochen ist. Da ein Kläger nach § 86 InsO sogar bestimmte Verfahren, die die Insolvenzmasse betreffen, wieder aufnehmen kann, kann er erst recht das Verfahren aufnehmen, soweit es - wie etwa bzgl. der nach Insolvenzeröffnung entstehenden Unterhaltsansprüche - keine Insolvenzforderungen betrifft (Fortführung von BGH NJW 1966, 51).

2. Ein Teilurteil nach § 301 ZPO kommt dann in solchen Fällen bzgl. des wieder aufgenommenen Verfahrensteils in der Regel wegen der Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen in Teil- und Schlussurteil nicht in Betracht. Es erscheint allerdings angemessen, das Verfahren hinsichtlich der vom Insolvenzverfahren nicht erfassten Unterhaltsansprüche gem. § 145 ZPO abzutrennen (Fortführung von BGH NJW 2003, 2386, 2387).

 

Normenkette

ZPO §§ 145, 240, 250, 301

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Abänderung eines gerichtlichen Vergleichs über Trennungsunterhalt in Anspruch.

Die Parteien sind seit Mai 2000 getrennt lebende Eheleute. Hinsichtlich des Trennungsunterhaltes schlossen sie am 26.3.2002 vor dem AG Karlsruhe einen Vergleich, nach dem sich der Beklagte verpflichtete, an die Klägerin ab 1.4.2002 monatlich 103 EUR Trennungsunterhalt zu zahlen. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Abänderung des Vergleichs für die Zeit ab Oktober 2002 in Anspruch. In der Berufungsinstanz (während der Berufungserwiderungsfrist) wurde durch Beschluss des AG Karlsruhe am 22.11.2005 über das Vermögen des Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet. Daraufhin hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 25.1.2006 den Berufungsantrag mit der Maßgabe verlesen, dass die Berufung im Hinblick auf die Unterbrechung nach § 240 ZPO nur hinsichtlich der Unterhaltsansprüche ab Dezember 2005 weiter verfolgt werde.

II. Insolvenzforderungen sind nur die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 22.11.2005 bereits entstandenen und fällig gewordenen Trennungsunterhaltsansprüche (BGH v. 23.2.2005 - XII ZR 114/03, MDR 2005, 812 = BGHReport 2005, 713 m. Anm. Hauß = FamRZ 2005, 608 [611]). Ob eine Unterbrechung des Verfahrens nach § 240 ZPO auch hinsichtlich der Trennungsunterhaltsansprüche für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetreten ist, wird unterschiedlich beurteilt. Überwiegend wird angenommen, dass die Unterbrechung das gesamte Verfahren erfasst (BGH NJW 1966, 51; MDR 2004, 711; Feiber in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 240 Rz. 19; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 240 Rz. 11; Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., § 85 Rz. 9; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 240 Rz. 8). Teilweise wird angenommen, dass keine Unterbrechung eingetreten ist, soweit das Verfahren Unterhaltsansprüche für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens betrifft (OLG Karlsruhe v. 2.4.2003 - 16 UF 4/03, OLGReport Karlsruhe 2004, 178 = FamRZ 2004, 821 [822]). Dies braucht indessen vorliegend nicht abschließend entschieden zu werden. Soweit davon ausgegangen wird, dass das gesamte Verfahren unterbrochen ist, ist weiter davon auszugehen, dass die Klägerin durch die Änderung ihres Berufungsantrags in der mündlichen Verhandlung vom 25.1.2006 jedenfalls das Verfahren hinsichtlich der Trennungsunterhaltsansprüche für die Zeit ab Dezember 2005 (konkludent) - trotz § 250 ZPO auch formwirksam (BGHZ 50, 397, 399 [400]; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 250 ZPO Rz. 4) - wieder aufgenommen hat. Da die Klägerin als Gläubigerin nach § 86 InsO sogar gewisse Verfahren, die die Insolvenzmasse betreffen wieder aufnehmen kann, kann sie erst recht Verfahren aufnehmen, die - wie hier nach § 40 InsO - keine Insolvenzforderungen betreffen (so i.E. - "ohne weiteres berechtigt" - auch BGH NJW 1966, 51).

Soweit danach Trennungsunterhaltsforderungen ab Dezember 2005 Gegenstand des Rechtsstreits sind, kam ein Teilurteil nach § 301 ZPO wegen der Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen in Teil- und Schlussurteil nicht in Betracht (Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 301 ZPO Rz. 7, m.w.N.). Beide Parteien sind zwischenzeitlich (seit 2003 bzw. 2004) arbeitslos, so dass sowohl für den Zeitraum Oktober 2002 bis November 2005 als auch ab Dezember 2005 von Bedeutung sein wird, ob und ggf. in welchem Umfang den Parteien fiktive Einkünfte zuzurechnen sind.

Andererseits erscheint es dem Senat angemessen, das Verfahren hinsichtlich der vom Insolvenzverfahren nicht erfassten Trennungsunterhaltsansprüche (also der Unterhaltsansprüche ab Dezember 2005) unverzüglich fortzuführen und zu diesem Zweck gem. § 145 ZPO abzutrennen. Ansonsten würde das Verfahren wegen der Unzulässigkeit eines Teilurteils auch wegen dieser vom Insolvenzverfahren nicht erfassten Ansprüche während des Insolvenzverfahrens praktisch ruhen. Es i...

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