Entscheidungsstichwort (Thema)

Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Vermögen des Unterhaltsschuldners. Unterbrechung des Unterhaltsrechtsstreits. vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandenen und fällig gewordenen Ansprüche als Konkursforderungen. Parteiwechsel. Treuhänder als Partei. Laufendes Einkommen als Insolvenzmasse. Pfändungsfreigrenze des § 850 Abs. 1 ZPO. Besserstellung der Unterhaltsberechtigten

 

Leitsatz (amtlich)

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Unterhaltsschuldners führt nur zur Unterbrechung des Unterhaltsrechtsstreits, soweit dieser Ansprüche für den Zeitraum bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens betrifft.

Da laufendes Einkommen des Beklagten nur insoweit Insolvenzmasse ist, als es den Pfändungsfreibetrag des § 850c Abs. 1 ZPO übersteigt, kann im Mangelfall die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterhaltsrechtlich zu einer Besserstellung der Unterhaltsgläubiger führen.

 

Normenkette

ZPO §§ 240, 850c Abs. 1; InsO §§ 80, 35, 36 Abs. 1

 

Tenor

1. Der Rechtsstreit ist gem. § 240 ZPO unterbrochen, soweit Unterhaltsansprüche bis zum 8.1.2002 Gegenstand des Rechtsstreits sind.

2. Der Klägerin wird – soweit das Verfahren nicht unterbrochen ist – Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von RA S., M., bewilligt.

3. Der Prozesskostenhilfeantrag des Beklagten wird – soweit das Verfahren nicht unterbrochen ist – zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Parteien haben am 3.3.1995 die Ehe geschlossen. Sie leben seit Ende September 2000 getrennt. Das ehegemeinsame Kind D., geb. am … 1993, wird von der Mutter betreut und versorgt.

Die Klägerin ist nicht erwerbstätig. Sie bezieht für sich und das Kind seit 20.11.2000 Sozialhilfe. Der auf den Sozialhilfeträger übergegangene Unterhaltsanspruch wurde am 22.11.2000 rückübertragen.

Der Beklagte hat bis zu einer betriebsbedingten Kündigung zum 31.3.2001 bei der Spedition D. 3.396 DMnetto monatlich verdient. Anlässlich der Kündigung erhielt er eine Abfindung i.H.v. 9.700 DM. Seit April 2001 bezieht er Arbeitslosengeld, zuletzt Arbeitslosenhilfe i.H.v. 177,38 Euro wöchentlich (…). Die Parteien haben Schulden i.H.v. ca. 33.000 Euro (…). Streitig ist, ob und in welcher Höhe der Beklagte diese Schulden während der Trennungszeit tatsächlich zurückführt.

Die Klägerin macht Kindes- und Ehegattenunterhalt geltend. Sie trug vor dem AG vor, der Beklagte sei zumindest teilweise als leistungsfähig zu beurteilen. Die Abfindung sei für die Zeit ab April 2001 zur Aufstockung des Arbeitslosengeldes bis zu ca. 3.075 DM netto monatlich zu verwenden. Im Übrigen habe sich der Beklagte nicht hinreichend um Arbeit bemüht, weshalb dieses Einkommen auf fiktiver Basis fortzuschreiben sei. Sie erkennt Abzüge i.H.v. 934,30 DM an (vgl. …: 17,20 DM Haftpflicht und Unfallversicherungsprämie, 24,10 DM Lebensversicherungsprämie, 710 DM Kreditrate …-bank, 183 DM Kreditrate …-Bank). Weitere Abzugspositionen kämen nicht in Betracht, da der Beklagte Nachweise über die tatsächliche Kredittilgung nicht erbracht habe. Die Sollstände seien nicht belegt. Seit 1.4.2001 lebe sie zwar mit ihrem Lebensgefährten zusammen; dieser sei jedoch arbeitslos und beziehe Arbeitslosenhilfe. Ihre Wohnkosten trage das Sozialamt.

Die Klägerin hat beim AG beantragt (…):

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die Zeit von Dezember 2000 bis einschl. März 2001 einen Unterhaltsrückstand i.H.v. 1.652,50 Euro nebst 9,5 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin mit Wirkung ab April 2001 einen monatlichen, monatlich im Voraus zahlbaren Unterhalt

a) auf Ehegattenunterhalt

bis einschl. Juni 2001 i.H.v. monatlich 265,00 Euro,

ab 1.7.2001 bis 31.12.2001 i.H.v. monatlich 248,00 Euro sowie

ab 1.1.2002 fortlaufend i.H.v. monatlich 247,00 Euro zu bezahlen;

b) auf Kindesunterhalt für das ehegemeinsame Kind D., geboren am 7.7.1993

bis einschl. Juni 2001 i.H.v. monatlich 148,00 Euro,

ab 1.7.2001 bis 31.12.2001 i.H.v. monatlich 130,00 Euro sowie

ab 1.1.2002 fortlaufend i.H.v. monatlich 131,00 Euro zu bezahlen.

Der Beklagte hat Klagabweisung beantragt.

Der Beklagte hat vorgetragen, die Klägerin selbst habe mittlerweile ein eigenes Erwerbseinkommen; sie sei im Haushalt als Haushilfe tätig. Der Lebensgefährte der Klägerin arbeite ebenfalls. Er selbst beziehe nur Arbeitslosengeld. Er habe sich umfassend um Arbeit beworben; ihm sei es nicht gelungen, eine neue Arbeitsstelle zu finden. Auf seine schriftlichen Bewerbungen habe er Absagen erhalten. Die Abfindung i.H.v. 9.700 DM habe er zur Tilgung von Schulden (2.000 DM auf einen ehegemeinsamen Kredit beim …, 5.000 DM auf einen Kredit vom Vater des Beklagten aus dem Jahr 1996 i.H.v. insgesamt 14.000 DM) verwendet. Er bezahle monatlich diverse Verbindlichkeiten: 160 DM zugunsten … Bank, 50 DM an den … (Rest 1.000 DM per November 2001) und 150 DM an … für eine Eckbank und eine Waschmaschine (Restsoll 600 DM bis 700 DM).

Das AG hat der Klage mit Urteil vom 29.11.2002 weitgehend stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlic...

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