Verfahrensgang

LG Arnsberg (Urteil vom 16.10.2015; Aktenzeichen 2 O 323/14)

 

Tenor

Auf die Berufung der Parteien wird das am 16.10.2015 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Arnsberg - unter Zurückweisung beider Rechtsmittel im Übrigen - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Der Beklagte wird verurteilt, die geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, dass die von ihm am 11.04.2013 freigelassenen Wisente und deren Abkömmlinge die auf dem klägerischen Waldgrundstücken der Gemarkung G, Flur X, Flurstücke X2 und X3 wachsenden Bäume - insbesondere Buchen - durch Schälen der Baumrinde oder auf andere Weise beschädigen.

Die Verurteilung steht unter dem Vorbehalt, dass dem Beklagten für die von ihm beabsichtigten Maßnahmen zur Störungsbeseitigung die nach § 45 Abs. 7 BNatSchG erforderlichen Ausnahmegenehmigungen durch die nach Landesrecht für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden erteilt werden.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle zukünftigen Schäden, die ihm durch die vorbezeichneten Wisente an den vorbezeichneten Bäumen zugefügt werden, zu ersetzen hat, solange die Freisetzungsphase i.S.v. §§ 9 u. 10 des "öffentlich-rechtlichen Vertrages für die Freisetzungsphase Wisente im Rothaargebirge" vom 08.04.2013 nicht beendet ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Hinsichtlich des Störungsbeseitigungstenors ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 44.000,00 EUR vollstreckbar.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

A. Die Parteien streiten über die Vornahme von Maßnahmen zur Verhinderung von Schäden an Bäumen durch Wisente.

Der Kläger ist Eigentümer eines umfangreichen Waldgebietes im Bereich von G1, Gemarkung G, Flur X, Flurstücke X2 und X1. Der Kläger bewirtschaftet diese Fläche überwiegend mit Rotbuchen, die er nach dem Prinzip der Naturverjüngung bearbeitet. Die Bäume werden nicht gepflanzt, sie regenerieren sich durch natürliche Aussaat. Die dem Kläger gehörenden Bestände gehören zu einem FFH-geschützten Gebiet, dem Natura-2000-Gebiet "H".

Bei dem Beklagten handelt es sich um einen Verein. Der Verein wurde im Nachgang zur am 25.06.2008 erfolgten Unterzeichnung eines Vertrages mit der Überschrift: "Wisente im Rothaargebirge" gegründet. Er hat sich zum Satzungszweck die "Wiederansiedelung und Erhaltung des Wisents im Rothaargebirge" gemacht. Dieser Zweck soll erreicht werden zunächst durch den Bau eines Auswilderungs-/Versuchsgeheges mit der Zielsetzung, nach erfolgreicher Versuchsphase mit wissenschaftlicher Begleitung die dort lebenden Tiere freizusetzen, auszuwildern und in einem festgesetzten Projektgebiet durch geeignete Managementmaßnahmen dauernd zu erhalten.

Auf der Grundlage des Vertrages vom 25.06.2008 begann der Beklagte im Jahr 2010 mit der Ansiedlung einer achtköpfigen Herde von Wisenten, zunächst in einem eng begrenzten und abgesperrten Gebiet, das zuletzt die Größe von ca. 88 ha aufwies.

Am 08.04.2013 schlossen der Beklagte, der Kreis-B als untere Landschafts- und Jagdbehörde, als Veterinär- und Straßenverkehrsbehörde und als Aufsichtsbehörde über die örtlichen Ordnungsbehörden im Projektgebiet, die Bezirksregierung F als höhere Landschafts- und Straßenverkehrsbehörde, der Landesbetrieb H Nordrhein-Westfalen als Forstbehörde und obere Jagdbehörde und die J als Vertreterin des Grundeigentümers des Projektgebietes einen Vertrag unter der Überschrift: Öffentlich-rechtlicher Vertrag für die Freisetzungsphase "Wisente im Rothaargebirge" (vgl. Bl. 12 ff.). Dieser löste mit Genehmigung des Ministeriums E des Landes Nordrhein-Westfalen (im Folgenden: E) den Vertrag vom 25.06.2008 ab (vgl. Bl. 21).

Mit dem Vertrag sollte die so genannte "Freisetzungsphase" beginnen.

Ziel des Vertrages war nach der Präambel die dauerhafte Etablierung einer frei lebenden Wisent-Population von maximal 25 Tieren im Rothaargebirge, in einem auf ca. 4.300 ha begrenzten Projektgebiet. Der Vertrag sollte in diesem Zusammenhang alle erforderlichen behördlichen Genehmigungen für die Freisetzungsphase ersetzen. In dem Vertrag ist geregelt, dass der Beklagte zunächst Eigentümer und Halter der Wisente bleiben solle, wobei als endgültiges Ziel jedoch formuliert wurde, dass die Tiere herrenlos werden sollten. Hierzu sollte nach der Freisetzungsphase, welche auf mehrere Jahre angelegt sein sollte, ein weiterer Vertrag über die Herrenlosigkeitsphase geschlossen werden. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 08.04.2013 (Bl. 12 ff. d.A.) verwiesen.

Am 11.04.2013 entließ der Beklagte, gemäß den im Vertrag geschlossenen Regelungen, eine achtköpfige Gruppe von Wisenten aus dem abgesperrten Gatter, um sie im Projektgebiet auszuwildern. Durch Geburten war die Herde zwischenzeitlich auf mindestens 22 Wisente angewachsen. Durch Todesfälle hat sich die Zahl der in Rede stehenden Wisente auf insgesamt 19 reduziert, wovon sich 17 bei der Herde a...

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