Leitsatz (amtlich)

1. Ein Teilurteil darf nicht erlassen werden, wenn es die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen schafft. Eine Gefahr sich widersprechender Entscheidungen ist gegeben, wenn in einem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht oder Rechtsmittelgericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann. Dies gilt auch dann, wenn mit dem Hauptantrag eine Bauhandwerkersicherung im Sinne des § 650f BGB und mit dem Hilfsantrag Zahlung restlichen Werklohns begehrt wird, wenn wegen der Ausnahmeregelung des § 650f Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 BGB im Rahmen des Hilfsantrages über die Verbraucherbauvertragseigenschaft des geschlossenen Werkvertrages zu entscheiden ist und im Rahmen des Hilfsantrages im Hinblick auf die Frage des vertraglich vereinbarten Vertragssolls die Auslegungsregel des § 650k Abs. 2 BGB Anwendung finden kann.

2. Ein Verbraucherbauvertrag im Sinne des § 650i Abs. 1, 1. Alt. BGB kann auch bei gewerkeweiser Vergabe vorliegen, wenn die Beauftragung zeitgleich oder in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Erstellung eines neuen Gebäudes erfolgt, die Erstellung eines neuen Gebäudes für den Unternehmer ersichtlich ist und die Gewerke zum Bau des neuen Gebäudes selbst beitragen.

 

Verfahrensgang

LG Münster (Aktenzeichen 212 O 24/20)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 03.12.2020 verkündete Teilurteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Münster aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Münster zurückverwiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Stellung einer Bauhandwerkersicherheit, hilfsweise restlichen Werklohn. Die Beklagte macht im Wege der Widerklage Ansprüche wegen streitiger Mängel geltend.

Die Klägerin betreibt einen Handwerksbetrieb aus dem Bereich Stahl- und Hallenbau. Die Beklagte beauftragte die Klägerin mit Auftragsbestätigung vom 11.04.2019 (Anl. K1, Bl. 7-13 d.A.), unterzeichnet mit der Unterschrift "T. H", mit der Errichtung einer Mehrzweck-Industriehalle auf dem Grundstück Mstr. 00 in K. Das Fundament der Industriehalle wurde durch Drittunternehmer errichtet.

Mit Nachtragsangebot vom 06.02.2019 (Anl. K7, Bl. 79-81 d.A.), adressiert an "C Metallverarbeitung Zu Hd. Herrn Tfg H" und unterzeichnet mit der Unterschrift des Ehemanns der Beklagten, "T. H", wurde die Klägerin mit der Erbringung weiterer Leistungen beauftragt.

Der Ingenieur für Tragwerksplanung, P (im Folgenden: der Statiker), übermittelte mit Schreiben vom 05.06.2019 (Anlage K 16) dem Streithelfer die statische Berechnung mit den Konstruktionszeichnungen zur Überprüfung.

Die Klägerin erbrachte ihre Leistungen. Das Abnahmeprotokoll vom 25.09.2019 (Anlage K 11, Bl. 86-87 d.A.) wurde vom Ehemann der Beklagten unterschrieben.

Die seitens der Klägerin errichtete Halle ist vermietet an das Unternehmen C GmbH Metallverarbeitung, deren Geschäftsführer der Ehemann der Beklagten ist.

Die Klägerin stellte ihre Schlussrechnung vom 01.10.2019 (Anl. K2, Bl. 14-26 d.A.) über insgesamt 206.311,05 EUR brutto und errechnete unter Berücksichtigung von Abschlagszahlungen einen ausstehenden Betrag in Höhe von 30.383,79 EUR brutto und ihre Nachtragsrechnung vom 22.11.2019 über 669,38 EUR (Anl. K3, Bl. 27 d.A.) über Wind- und Regenwächter. Darüber hinaus stellte sie Rechnungen vom 09.12.2019 (Anlage K9, Bl. 84 d.A.) i.H.v. 1.755,25 EUR und vom 27.01.2020 (Anlage K 10, Bl. 85 d.A.) in Höhe von weiteren 2.680,48 EUR (Bl. 4 d.A.). Sämtliche Rechnungen waren an die Privatanschrift der Beklagten adressiert.

Mit an die "C Metallverarbeitung Zu Hd. Herrn Tfg H" adressiertem Schreiben vom 12.11.2019 (Anl. K5, Bl. 70-71 d.A.) wandte sich die Klägerin an den Ehemann der Beklagten, den sie als "Bauherrn" bezeichnete und übermittelte ihm Zeichnungen (Anl. K5, Bl. 72-73 d.A.). Mit E-Mail vom 13.11.2019 (Anl. K5, Bl. 74 d.A.), adressiert an die E-Mail-Anschrift "H@C-metallverarbeitung.de", übermittelte die Klägerin ein weiteres Schreiben. Mit Schreiben vom 06.01.2020 (Anl. K5, Bl. 75 d.A.), wiederum adressiert an die "C Metallverarbeitung Zu Hd. Herrn Tfg H", wandte sich die Klägerin erneut an den Ehemann der Beklagten. Mit E-Mail vom 07.01.2020 (Anl. K5, Bl. 77 d.A.), wiederum adressiert an die E-Mail-Anschrift "H@C-metallverarbeitung.de", übermittelte die Klägerin ein weiteres Schreiben.

Die Klägerin mahnte mit anwaltlichem Schreiben vom 04.02.2020 (Anl. K4, Bl. 28. 35 d.A.) die offenen Rechnungsbeträge unter Fristsetzung bis zum 14.02.2020, verlängert bis zum 18.02.2020, an.

Die Klägerin hat die Meinung vertreten, die Beklagte sei nicht Verbraucherin und es obliege der Beklagten, darzulegen und zu beweisen, dass sie Verbraucherin sei. Zur Bejahung der Verbrauchereigenschaft komme es auch nicht auf den subjektiven Willen der Parteien, einen Vertrag als Verbraucher abzuschließen, sondern darauf an, wie sich das Geschäft f...

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