Leitsatz (amtlich)

1. Das Architektenhonorar ist i.d.R. anteilig zu mindern, wenn die nach § 15 HOAI vorgesehenen Kostenermittlungen nicht zeitgerecht erstellt werden.

2. Werden ein Umbau und ein Anbau gleichzeitig durchgeführt, findet eine getrennte Honorarberechnung nach § 23 Abs. 1 HOAI nicht statt, wenn es sich funktional um ein einheitliches, nicht trennbares Bauvorhaben handelt.

3. Gleichwohl steht dem Architekten in einem solchen Fall gem. § 24 Abs. 1 HOAI ein Umbauzuschlag zu, der sich jedoch nur auf den Anteil bezieht, den der Umbau wertmäßig am Gesamtvorhaben ausmacht.

4. Der Architekt kann seiner Honorarberechnung von ihm geplante Maßnahmen nicht zugrunde legen, soweit sie zu einer Steigerung der Baukosten oder einer Minderung des Wertes des Objektes geführt haben und er deshalb von ihnen hätte abraten müssen.

5. Aus der Überschreitung einer vereinbarten Baukostenobergrenze darf der Architekt für seine Honorarberechnung keinen Vorteil ziehen.

6. An den konkreten Nachweis der Nebenkosten nach § 7 Abs. 3 S. 2 HOAI sind zwar keine übertriebenen Anforderungen zu stellen. Jedenfalls ist aber zu fordern, dass die geltend gemachte Aufstellung mit vorgelegten Belegen oder sonstigen Umständen korrespondiert und nachvollziehbare Gründe genannt und ggf. bewiesen werden, die eine Zugehörigkeit zu dem konkreten Bauvorhaben decken.

7. Der Auftraggeber kann den Architektenvertrag aus wichtigem Grund kündigen, wenn der Architekt eine sachgerechte Beratung über die Höhe der Baukosten in einer Weise versäumt hat, die dem Auftraggeber ein Festhalten am Vertrag unzumutbar macht.

 

Normenkette

HOAI § 7 Abs. 3 Nr. 2, § 15 Abs. 1, § 23 Abs. 1, § 24 Abs. 1; BGB a.F. § 631 Abs. 1 f.; BGB a.F. 631 Abs. 2; BGB a.F. 634 Abs. 1; BGB a.F. 649 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Essen (Urteil vom 27.07.2001; Aktenzeichen 9 O 121/01)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 27.7.2001 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des LG Essen wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Unter Berücksichtigung des Weiteren Vorbringens der Parteien stellt sich der Sachverhalt wie folgt dar:

Nachdem der Beklagte das mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück T.-Straße in F. im Dezember 1999 für 658.000 DM erworben hatte, bat er den Kläger, seinen Cousin, der von Beruf Architekt ist, um einen Vorschlag für eine Umgestaltung des Objekts. Die erste Planung des Klägers sah einen Umbau des Gebäudes vor, dessen Kosten er auf 436.600 DM bezifferte. Der Beklagte, der die Kosten möglichst steuerlich geltend machen wollte, wünschte jedoch kein Einfamilienhaus, sondern wollte das Objekt erweitern und in den oberen Etagen Mietwohnungen einrichten. Die Parteien besprachen, zu diesem Zweck einen Teil des Altbaus stehen zu lassen, diesen zu entkernen und umzubauen und ihn in einen Erweiterungsbau zu intregieren. Der Kläger übergab dem Beklagten auf dieser Basis eine Kostenschätzung vom 28.3.2000 (Anlage 1 Bd. I, Anlage 1 Bd. II), die sich auf 810.000 DM brutto (698.275,86 DM netto) zzgl. 180.000 DM Baunebenkosten belief, sowie eine hierauf beruhende "Beispiel-Honorarberechnung nach HOAI" über 127.629,95 DM brutto. Der Beklagte beauftragte den Kläger mündlich mit der Erbringung der Leistungsphasen 1-9 nach § 15 HOAI.

Am 30.3.2000 stellte der Kläger einen Bauantrag. Zur Vorbereitung der Ausschreibung besprachen die Parteien am 12.5.2000 verschiedene Ausstattungsmerkmale. Der Kläger machte über die Ergebnisse handschriftliche Notizen (Anlage 2 Bd. II; Bl. 446 GA). Als der Beklagte am 8.6.2000 mit einem Herrn X.2 von der E.-Bank Finanzierungsgespräche führte, faxte ihm der Kläger wunschgemäß eine auf den 8.5.2000 datierte weitere Kostenschätzung (Bl. 481 GA) zu, die er handschriftlich mit dem Vermerk "vorab unverbindlich" versah. Diese wies für die Gruppen 300 und 400 Kosten von insgesamt 868.000 DM brutto aus. Streitig ist, ob der Kläger die Aufstellung entsprechend seinem Vorbringen dem Beklagten ein erstes Mal bereits am 11.5.2000 übermittelt hatte.

Mit der Planung und Überwachung der Gewerke Heizung und Sanitär betraute der Beklagte das Ingenieurbüro U. Nachdem die Baugenehmigung am 6.7.2000 erteilt worden war, wurden die Erdarbeiten am 10.7.2000 und die Rohbauarbeiten am 827.7.2000 vergeben. Bis zum Baubeginn Mitte August 2000 erbrachte der Beklagte Eigenleistungen, insb. in Form eines teilweisen Handabbruchs und einer Entkernung des verbliebenen Altbaus. Die Zimmerarbeiten wurden am 16.10., die Gerüstarbeiten am 28.11. und die Dachdecker-/Klempnerarbeiten am 14.12.2000 beauftragt.

Nachdem die Kostenentwicklung von den Parteien im ...

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