Leitsatz (amtlich)

Die Entscheidung des EuGH im Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland, wonach diese durch Aufrechterhaltung der Bestimmungen zum zwingenden Preisrecht in der HOAI gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 15 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. g und Abs. 3 der Richtlinie 2006/123 verstoßen habe (EuGH, Urteil v. 4.7.2019 - C-377/17, BeckRS 2019, 13028), führt nicht zur Unanwendbarkeit der Mindestsatzregeln gem. § 7 HOAI, denn das Urteil des EuGH im Vertragsverletzungsverfahren bindet nur den Mitgliedstaat, der nach eigenem Ermessen die geeigneten Maßnahmen ergreifen muss, um den europarechtswidrigen Zustand zu beseitigen. Für den einzelnen Unionsbürger geht von dem Urteil keine Rechtswirkung aus. Die Feststellung der Europarechtswidrigkeit der Mindestsätze der HOAI im Vertragsverletzungsverfahren ändert nichts daran, dass zum Zeitpunkt des Verstoßes die HOAI zu beachten war, denn es gibt insofern keine Rückwirkung (Anschluss an OLG Naumburg, NZBau 2017, 667, 669; KG, IBR 2018, 690; entgegen OLG Celle, Urteil v. 17.7.2019 - 14 U 188/18, BeckRS 2019, 15002; LG Dresden, Beschluss v. 8.2.2018 - 6 O 1751/15, BeckRS 2018, 44863).

Der Grundsatz der unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts unterliegt bestimmten Schranken. So findet die Verpflichtung des nationalen Richters, bei der Auslegung und Anwendung der einschlägigen Vorschriften des innerstaatlichen Rechts den Inhalt einer Richtlinie heranzuziehen, ihre Schranken in den allgemeinen Rechtsgrundsätzen und darf nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen (Anschluss an BGH NJW 2016, 1718, 1721; EuGH, IWRZ 2019, 76, 77; EuGH, NZA 2014, 193, 195).

Der Grundsatz der unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts unterliegt bestimmten Schranken. So findet die Verpflichtung des nationalen Richters, bei der Auslegung und Anwendung der einschlägigen Vorschriften des innerstaatlichen Rechts den Inhalt einer Richtlinie heranzuziehen, ihre Schranken in den allgemeinen Rechtsgrundsätzen und darf nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen (Anschluss an BGH NJW 2016, 1718, 1721; EuGH, IWRZ 2019, 76, 77; EuGH, NZA 2014, 193, 195).

 

Verfahrensgang

LG Essen (Aktenzeichen 6 O 351/17)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 28.12.2017 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen (6 O 351/17) - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 96.768,03 EUR nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.10.2017 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 6% und die Beklagte 94%, die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz tragen der Kläger zu 3% und die Beklagte zu 97%.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des für die jeweils andere Partei vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht jene vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger betreibt ein Ingenieurbüro für Versorgungstechnik in T. Die Beklagte gehört zur sogenannten U-Gruppe und betreibt ein Unternehmen mit Sitz in F, dessen Gegenstand die wirtschaftliche Entwicklung von Immobilien ist.

Die Parteien streiten um vom Kläger gegen die Beklagte geltend gemachte Honorarforderungen in Zusammenhang mit deren Bauvorhaben "X-Straße 1, Haus Y, ... C".

Aufgrund Ingenieurvertrags vom 2.6.2016 (K1, Bl. 11-30), in dem u.a. ein Pauschalhonorar von 55.025,00 EUR für die darin im Einzelnen aufgeführten Leistungen vorgesehen war, erbrachte der Kläger Leistungen gem. § 55 HOAI (2013). Wegen der Einzelheiten der im Vertrag getroffenen Vereinbarungen wird auf den Inhalt der in Kopie zur Akte gereichten Vertragsurkunde Bezug genommen.

Auf die Abschlagsrechnungen des Klägers Nr. 18/16 vom 15.6.2016 (Bl. 65) und Nr. 26/16 vom 16.9.2016 (Bl. 66), die jeweils auf Grundlage der Honorarpauschale aufgestellt waren, leistete die Beklagte Zahlungen in Höhe von brutto 25.340,66 EUR und 30.055,26 EUR. Genehmigungs- und Ausführungsplanung mit dem Stand von September 2016 wurden vollständig an die Beklagte übergeben.

Danach vereinbarten die Parteien in Zusammenhang mit nach Übergabe der Planung eingetretenen Änderungen insgesamt 3 Nachträge. Alle Nachtragsangebote des Klägers beinhalteten eine Honorarermittlung nach Zeitaufwand.

Aufgrund eines Angebots des Klägers vom 3.10.2016 erteilte die Beklagte am 7.10.2016 einen Auftrag zur Überarbeitung der Ausführungsplanung bezüglich der Heizung zu einem Pauschalhonorar von netto 3.000,00 EUR (Bl. 61). Auf die Rechnung des Klägers Nr. 32/16 (Bl. 67) bezüglich dieses 1. Nachtrags zahlte die Beklagte den vollen Betrag von 3.570,00 EUR brutto.

Unter dem 9.10.2016 bot der Kläger die Überarbeitung d...

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