Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachehelicher Unterhalt: Berücksichtigung des Erwerbstätigenbonus bei der Ermittlung des konkreten Bedarfs des Unterhaltsberechtigten. Berechnung des Altersvorsorgeunterhalts bei konkreter Bedarfsberechnung. Voraussetzungen für eine Befristung des Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Auch bei der Berechnung, inwieweit der konkret ermittelte Bedarf durch eigenes Einkommen des Unterhaltsberechtigten gedeckt ist, ist der Abzug des sog. Erwerbstätigenbonus i.H.v. 1/7 des Erwerbseinkommens geboten. Ein solcher Abzug dient dem Zweck, einen Arbeitsanreiz zu schaffen und berufsbedingte Mehraufwendungen auszugleichen. Diesen Zweck erfüllt der Abzug in allen Fällen der Bedarfsdeckung durch eigenes Erwerbseinkommen des Unterhaltsberechtigten, so dass er nicht nur bei Quotenunterhalt in Betracht kommt (anders OLG Köln in FamRZ 2002, 326). Wenn bei der Berechnung des konkreten Bedarfs (auch beruflich veranlasste) Mehraufwendungen keine Berücksichtigung gefunden haben, ist auch eine Reduzierung des üblichen Siebtels nicht veranlasst.

2. Bei konkreter Bedarfsberechnung kann der Altersvorsorgeunterhalt nach dem gesamten Unterhaltsbedarf berechnet werden, die Beitragsbemessungsgrenze gilt hier nicht (BGH in FamRZ 2007, 117). Dies hat zur Folge, dass für die Berechnung des Altersvorsorgeunterhalts auch der durch den Wohnvorteil gedeckte Bedarf herangezogen werden kann.

3. Mit dem Einwand der zeitlichen Begrenzung des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt gemäß § 1573 Abs. 5 (a.F.) BGB ist der Unterhaltsschuldner nicht präkludiert, sofern zum Zeitpunkt der Schaffung des Ausgangstitels nicht schon alle für die Befristung relevanten Umstände eingetreten oder zuverlässig voraussehbar waren (BGH in FamRZ 2007, 793).

 

Normenkette

BGB § 1573 Abs. 5 (a.F.), § 1578 Abs. 3, § 1602; ZPO § 323 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Beckum (Urteil vom 05.03.2004; Aktenzeichen 6 F 106/06)

 

Tenor

Der Kläger wird verurteilt, der Beklagten in Abänderung des Urteils des OLG Hamm vom 5.3.2004 - 11 UF 36/03 - monatlichen nachehelichen Unterhalt wie folgt zu zahlen:

von Juni bis zum 12.7.2006 i.H.v. 1.126 EUR (730 EUR Elementarunterhalt und 396 EUR Altersvorsorgeunterhalt);

vom 13.7. bis Dezember 2006 i.H.v. 1.876 EUR (1.480 EUR Elementarunterhalt und 396 EUR Altersvorsorgeunterhalt);

für Januar 2007 i.H.v. 1.875 EUR (1.480 EUR Elementarunterhalt und 395 EUR Altersvorsorgeunterhalt)

und ab Februar 2007 i.H.v. 1.976 EUR (1.555 EUR Elementarunterhalt und 421 EUR Altersvorsorgeunterhalt).

Im Übrigen werden Klage und Widerklage abgewiesen.

Die Berufung des Klägers und die weitergehende Anschlussberufung der Beklagten werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 72 % und die Beklagte zu 28 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 85 % und die Beklagte zu 15 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die am 3.10.1986 geschlossene Ehe der Parteien ist durch Urteil des AG Beckum vom 16.1.2003, rechtskräftig seit dem 14.1.2004, geschieden worden.

Die Trennung erfolgte Mitte 1996.

Aus der Ehe sind die am 14.4.1987 geborene M und der am 3.1.1990 geborene K hervorgegangen.

Während M seit Jahren beim Kläger lebt, lebte K bis Ende Februar 2007 bei der Beklagten. Seit dem 1.3.2007 ist er in den Haushalt des Klägers gewechselt.

Durch Urteil des Senats vom 5.3.2004 - 11 UF 36/03 - wurde der Kläger zur Zahlung von monatlichem Nachscheidungsunterhalt i.H.v. insgesamt 1.700 EUR (1.346 EUR Elementarunterhalt und 354 EUR Altersvorsorgeunterhalt) an die Beklagte verurteilt.

Dieser Entscheidung liegt die Berechnung des konkreten Bedarfs der Beklagten i.H.v. 3.217 EUR zugrunde.

Dieser wurde i.H.v. 750 EUR durch das Wohnen im ehemals gemeinsamen Haus gedeckt und im Höhe von 1.114,29 EUR durch 6/7 des von der Beklagten damals aus Halbtagstätigkeit als Realschullehrerin erzielten Erwerbseinkommens.

Im vorliegenden Verfahren begehren beide Parteien die Abänderung des Urteils zu ihren Gunsten.

Der Kläger hat das ehemals gemeinsame Haus in P erworben und die Beklagte ist zum 12.7.2006 ausgezogen.

Die am 24.4.1958 geborene Beklagte war seit September 2002 - erstmals seit dem vor der Eheschließung absolvierten Referendariat und nach dem im Jahr der Eheschließung abgelegten 2. Examen für das Lehramt - als Lehrerin für katholische Religion, Kunst und Hauswirtschaft bis Januar 2007 einschließlich aufgrund befristeter Arbeitsverträge mit wechselnden wöchentlichen Stundenzahlen von 8 bis 24 Stunden (Vollzeit = 28 Stunden) tätig.

In der Zeit vom 7.7.2005 bis zum 21.8.2005 sowie vom 24.6.2006 bis zum 9.8.2006 war sie arbeitslos.

Ab September 2006 war sie mit 24 Wochenstunden tätig.

Sie bewarb sich zum Schuljahr 2005/2006 und in der Folgezeit beim Regierungspräsidenten in N, im Internet sowie beim Bischöflichen Generalvikariat um eine Vollzeitstelle.

Gleichzeitig hoffte sie, aufgrund entsprechender Zusagen des Direktors auf eine Festanstellung an der Schule in P.

Seit Februar 2007 hat sie dort eine Vo...

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