Leitsatz (amtlich)

1. Zwischen dem Betreiber und dem Besucher einer Sauna kommt kein Verwahrungsvertrag gem. § 688 BGB zustande, wenn letzterer in einem im Umkleideraum zur Verfügung gestellten Spind seine Kleidung und Wertsachen einschließt.

2. Der Saunabetreiber ist dem Besucher grundsätzlich nicht zum Schadensersatz verpflichtet, wenn der Spind aufgebrochen und Wertsachen entwendet werden.

 

Normenkette

BGB § 536a Abs. 1, § 536b Abs. 1, § 688

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Urteil vom 20.09.2004; Aktenzeichen 9 O 84/04)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Bielefeld vom 20.9.2004 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Wert der Berufung: 18.613,55 EUR.

 

Gründe

A. Gemäß § 540 Abs. 2 i.V.m. § 313a Abs. 1 S. 1 und § 544 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO wird von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen abgesehen.

B. Die zulässige Berufung ist unbegründet.

I. Das LG hat zu Recht einen Anspruch des Klägers wegen des Abhandenkommens der Geldbeträge, der Uhr und des Fahrzeugschlüssels verneint.

1. Der Anspruch ergibt sich nicht aus §§ 280 Abs. 1 und 3, 283 S. 1 BGB i.V.m. § 695 BGB wegen Verletzung einer Pflicht aus einem Verwahrungsvertrag. Denn zwischen den Parteien ist kein Verwahrungsvertrag i.S.v. § 688 BGB zustande gekommen.

a) Durch den Verwahrungsvertrag wird der Verwahrer verpflichtet, eine ihm von dem Hinterleger übergebene bewegliche Sache aufzubewahren. Die Aufbewahrung muss den Hauptinhalt des Vertrages ausmachen. Entscheidend für den Verwahrungsvertrag sind die Gewährung von Raum und die Übernahme der Obhut über die hinterlegte Sache. Der Hinterleger muss seine Sachherrschaft aufgeben und der Verwahrer die tatsächliche Verfügungsgewalt erlangen (vgl. BGHZ 3, 200 [202] = NJW 1951, 957; VersR 1962, 955; Hüffer in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 688 BGB Rz. 6 f., 10, 17, 43; Palandt/Sprau, 64. Aufl., § 688 BGB Rz. 1, 2, 4). Da die Vertragsgestaltung und die Besitzlage bei der Verwahrung mit der Leihe oder Miete sehr ähnlich sind, ist die Einordnung im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln. Maßgebendes Kriterium hierfür ist, worin nach der Interessenlage der Parteien die wesentliche Vertragsleistung besteht (vgl. dazu die zuvor zitierte Rspr. und Lit.).

b) Vorliegend hat der Kläger seine Sachherrschaft nicht aufgegeben. Durch das Einschließen der Wertgegenstände in den Spind trat nur eine Gewahrsamslockerung ein. Der Kläger behielt nämlich den Schlüssel und hatte die jederzeitige Zugriffsmöglichkeit auf seine Sachen, also weiterhin unmittelbaren Besitz (§ 854 BGB).

Entgegen der Ansicht des Klägers rechtfertigt es keine andere Beurteilung, dass der Kläger gezwungen gewesen sei, seine Kleidung und seine Wertgegenstände in dem Spind abzulegen, weil er diese nicht mit in die Sauna habe nehmen können. Diese Argumentation berücksichtigt nicht ausreichend, dass das erkennbare - und von dem Saunabenutzer durch die Inanspruchnahme akzeptierte - Interesse des Betreibers lediglich auf die Zurverfügungstellung einer Aufbewahrungsmöglichkeit gerichtet ist. Selbst wenn auch der Saunabetreiber einen Ersatzschlüssel zu dem Spind haben sollte, so ist dieser doch nicht dazu bestimmt, üblicherweise den Spind zu öffnen; er wird nur in Notfällen (z.B. Schlüsselverlust oder -beschädigung) verwendet. Das Behalten eines Zweitschlüssels führt auch hier allenfalls zu dessen Mitbesitz an den eingeschlossenen Gegenständen (BGH NJW 1979, 714; Palandt/Bassenge, § 854 BGB Rz. 5), also nicht zum Verlust des Besitzes des Klägers.

2. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers kann sich demnach nur aus der Verletzung einer Nebenpflicht aus einem gemischten Vertrag oder Mietvertrag ergeben; daran fehlt es jedoch.

a) Unabhängig davon, welche Hinweis-/Warnschilder aufgehängt waren, hat der Beklagte die erforderlichen, geeigneten und zumutbaren Schutzmaßnahmen gegen Diebstahl der in die Spinde eingeschlossenen Gegenstände der Saunabesucher getroffen.

Das hat das LG zutreffend ausgeführt. Auch der Berufungsvortrag des Klägers rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Der Beklagte stellt eine Ablagemöglichkeit in einem Spind zur Verfügung, in den Sachen eingelegt werden, die üblicherweise anlässlich eines Saunabesuchs mitgebracht werden (insb. Kleidung, Bargeld in nicht ungewöhnlicher Höhe und persönliche Gegenstände des täglichen Gebrauchs).

In Umkleideräumen von für die Allgemeinheit gegen Entgelt zugänglichen Sport- und Fitnessanlagen ist ein Spind der vorliegenden Art nicht ungewöhnlich (Holzspind mit Stangenschloss), zumal üblicherweise keine Gegenstände von besonderem Wert mitgebracht werden. Verbindliche objektive Standards der Bauart und Sicherheitsmerkmale eines derartigen Spindes sind nicht ersichtlich, davon gehen auch die Parteien aus. Spinde der üblicherweise zur Verfügung gestellten Art sind mit mehr oder weniger großem Kraftaufwand innerhalb kurzer Zeit unauffällig aufzubrechen. Die Gefahr des Diebstahls ist auch allgemein aus Presse, Funk und Fernsehen bekannt (eben...

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