Leitsatz (amtlich)

Will ein Unfallgeschädigter auf Basis fiktiver Reparaturkosten bis zum Wiederbeschaffungswert ohne Abzug des Restwertes abrechnen, ist es im Anschluss an BGH, Urt. v. 29.4.2008 - VI ZR 220/07 grundsätzlich erforderlich, dass er sein Fahrzeug mindestens sechs Monate weiternutzt und dazu erforderlichenfalls verkehrssicher (teil-)reparieren lässt.

Der Ablauf der Sechs-Monats-Frist lässt die Frage der Fälligkeit des Anspruchs auf den vom Geschädigten zunächst nicht regulierten Anteil in Höhe des Restwertes unberührt. Während des Laufes der Sechs-Monats-Frist hat der Ersatzpflichtige insoweit zur Ermöglichung einer praktikablen Schadensabwicklung ein zeitweiliges Leistungsverweigerungsrecht. Dies ist normativ mit Blick auf die bei der Entwicklung der Sechs-Monats-Frist angestellten Zumutbarkeitserwägungen an § 242 BGB festzumachen.

Kommt es zwischen Geschädigtem und Ersatzpflichtigem vor Ablauf der Sechs-Monats-Frist hinsichtlich der Restwertabsetzung zum Streit und beruft sich der Ersatzpflichtige dabei auf sein zeitweiliges Leistungsverweigerungsrecht, hat der Geschädigte Anspruch auf eine klare Regulierungsprognose.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 249, 271, 849

 

Verfahrensgang

LG Essen (Urteil vom 09.05.2008; Aktenzeichen 3 O 56/08)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels das am 9.5.2008 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Essen hinsichtlich auszuurteilender Zinsen und im Kostenpunkt teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Zinsen aus 7.494,45 EUR i.H.v. 4 % für den Zeitraum vom 7.12.2007 bis 30.1.2008 sowie i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für den Zeitraum vom 31.1.2008 bis zum 14.4.2008 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen der Kläger zu 57 % und die Beklagte zu 43 %.

Die Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz tragen der Kläger zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund dieses Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenpartei zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger macht gegen die Beklagte mit der am 4.2.2008 beim LG Essen eingegangenen und ihr am 9.3.2008 zugestellten Klage vom 24.1.2008 restliche Schadensersatzansprüche wegen Beschädigung seines Wohnmobils, Fabrikat Fiat Concorde, Erstzulassung 23.7.1997 in deren Kfz-Werkstattbetrieb geltend. Das Fahrzeug wurde von einem Mitarbeiter der Beklagten anlässlich eines Werkstattaufenhaltes wegen eines Defektes an der Zündung am 30.7.2007 beim Einfahren in die Werkstatthalle am Dach beschädigt, da das Hallentor nicht ausreichend hoch geöffnet war. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte dem Kläger dem Grunde nach voll haftet.

Über den zwischenzeitlich vollständig ausgeglichenen Fahrzeugschaden einschließlich der angefallenen Sachverständigenkosten nebst Kostenpauschale hinaus begehrt der Kläger zweitinstanzlich noch 840 EUR Nutzungsausfall (7 Tage a 120 EUR) mit der Begründung, er habe vom 03.-5.8.2007 (Freitag bis Sonntag) und vom 09.-12.8.2008 (Donnerstag bis Sonntag) unfallbedingt sein Wohnmobil an verlängerten Wochenenden zu Urlaubszwecken nicht nutzen können. Bis einschließlich zum 13.8.2007 befand sich das Wohnmobil nach dem Unfallereignis vom 30.7.2008 bei der Beklagten, die eine Begutachtung des Fahrzeugs veranlasst hatte. Diese verzögerte sich, da erst nach Rückfrage beim Hersteller des Wohnmobils klar war, dass nur ein vollständiger Dachaustausch eine sach- und fachgerechte Reparatur darstellen würde. Erst am 14.8.2007 nach Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 10.8.2008 erhielt der Kläger sein provisorisch an Zündung und Dach repariertes Fahrzeug von der Beklagten zurück.

Einen ihm von der Beklagten noch am Unfalltag angebotenen Ersatz-Pkw hat der Kläger abgelehnt, was in der mündlichen Verhandlung des LG vom 9.5.2008 unstreitig wurde. Erstinstanzlich hatte der Kläger über die vorgenannten Zeiten hinaus mit der Begründung, er habe sein Wohnmobil ferner nicht wie einen Pkw für die täglichen Fahrten zur Arbeit nutzen können, für weitere 7 Tage a 65 EUR Nutzungsausfall geltend gemacht. Dieses Begehren verfolgt er zweitinstanzlich nicht weiter.

Zwischen den Parteien war die Abrechnung des Fahrzeugschadens zunächst streitig. Nunmehr -nach vorprozessualen Zahlungen sowie einer weiteren Zahlung nach Klagezustellung durch die Betriebshaftpflichtversicherung der Beklagten- streiten die Parteien zweitinstanzlich insbesondere noch um die Kosten. Die Zahlung der Betriebshaftpflichtversicherung vom 14.4.2008 i.H.v. 7.494,45 EUR haben die Parteien bereits erstinstanzlich zum Anlass genommen, insoweit die Hauptsache übereinstimmend für erledigt zu erklären.

Der Kläge...

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