Leitsatz (amtlich)

Bei der Wiedergabe eines anthropologischen Sachverständigengutachtens in einem Urteil sind Angaben zur Merkmalshäufigkeit gefundener Merkmalsübereinstimmungen weder möglich noch erforderlich (gegen OLG Jena, DAR 2006, 523 und VRS 110, 424 sowie OLG Hamm, 3. Senat, Beschluß vom 14. Juni 2007 - 3 Ss OWi 387/07 -).

 

Verfahrensgang

LG Münster (Entscheidung vom 19.11.2007; Aktenzeichen 14 Ns 62 Js 6588/04 (10/07))

AG Ahaus (Aktenzeichen 2 Ds 62 Js 6588/04 (646/04))

 

Tenor

Die Revision wird auf Kosten des Angeklagten verworfen.

 

Gründe

I.

Der Angeklagte ist durch das Amtsgericht Ahaus am 26. Oktober 2005 wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden. Die Verwaltungsbehörde ist außerdem angewiesen worden, ihm vor Ablauf von fünf Jahren keine Fahrerlaubnis zu erteilen.

Das Landgericht Münster hat durch das angefochtene Urteil die Berufung des Angeklagten mit der Maßgabe verworfen, daß der Angeklagte des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis schuldig ist und die Freiheitsstrafe auf zehn Monate herabgesetzt wird. Bei der isolierten Sperrfrist hat es das Landgericht belassen.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner rechtzeitig eingelegten Revision, die er ohne nähere Ausführungen form- und fristgerecht mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründet hat.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Zuschrift an den Senat vom 25. Februar 2008 beantragt, "auf die Revision des Angeklagten das angefochtene Urteil mit den zugehörigen Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Landgerichts zurückzuverweisen." Insoweit wird ausgeführt, das Urteil könne keinen Bestand haben, weil die Urteilsgründe den sachlich-rechtlichen Anforderungen an die Darlegung des eingeholten anthropologischen Gutachtens nicht gerecht werde.

II.

Das zulässige Rechtsmittel des Angeklagten ist unbegründet.

1.

Die Überprüfung des Schuldspruchs auf die erhobene Sachrüge hat einen durchgreifenden Rechenfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht ergeben.

Das Landgericht hat festgestellt, daß der Angeklagte am 29. Mai 2004 gegen 0.16 Uhr mit dem Kraftfahrzahrzeug Citroen seiner Ehefrau mit dem amtlichen Kennzeichen xxxxxxx die Bundesautobahn A 1 aus Münster kommend in Fahrtrichtung Bremen gefahren sei, ohne im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubnis zu sein, was ihm bewußt gewesen sei.

Im Rahmen der Beweiswürdigung hat die Strafkammer ausgeführt:

"Der Angeklagte hat sich nicht zur Sache eingelassen.

Der Sachverständige Privatdozent Dr. H. hat im Rahmen seiner Gutachtenerstattung im Hauptverhandlungstermin ausgeführt, dass bei dem Vergleich des am Tattag gefertigten Messfotos vom Fahrer des Fahrzeugs und dem Angeklagten zu berücksichtigen sei, dass die Qualität des Fotos mäßig sei und dass das Gesicht des Fahrers zudem durch Sonneneinstrahlung und die vom Fahrer getragene Sonnenbrille teilweise verdeckt werde. Dennoch seien auf dem Foto Merkmale ersichtlich, die eine Übereinstimmung mit dem Angeklagten aufweisen würden. Übereinstimmungen seien insoweit gegeben, als es sich um einen älteren männlichen Fahrer mit breiter, fliehender Stirn und hohem Haaransatz handele. Der Oberlippenraum sei hoch und schnabelförmig ausgeprägt. Die Kinnspitze verlaufe unregelmäßig und sei zum seitlichen Unterkiefer durch tiefe Furche abgegrenzt. Insbesondere bei der erkennbaren tiefen Furchenbildung, ausgehend von der Nase über die Lippen/Wangen bis zum Unterkiefer handele es sich um ein individualtypisches Merkmal. Die Wangenknochen seien betont und abgegrenzt. Der Nasenrücken sei relativ lang und die Nasenspitze weise eine rundliche Form auf. Auch die Höhe des Ohransatzes sei auf dem Foto und beim Angeklagten identisch. Das Ohrläppchen sei relativ groß und verlaufe rund. Insgesamt kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass die Identität der auf dem Messfoto abgebildeten Person mit dem Angeklagten höchstwahrscheinlich sei. Die höchste Einstufung "Identität mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" habe er nicht vergeben, weil als Vergleichsmaßstäbe weitergehende Individualmerkmale wie beispielsweise eine Narbe oder ein Muttermal nicht gegeben seien. Soweit er in seinem schriftlichen Gutachten vom 15. Juli 2005 zu der abgeschwächteren Einstufung "Identität wahrscheinlich" gekommen sei, beruhe dieser Umstand darauf, dass er sich nunmehr im Hauptverhandlungstermin vom Angeklagten einen persönlichen Eindruck habe verschaffen können.

Die Kammer ist den überzeugenden und nachvollziehbaren Feststellungen des Sachverständigen bei der Urteilsfindung in vollem Umfang gefolgt und hat die sichere Überzeugung gewonnen, dass es sich bei dem Angeklagten um die auf dem Messfoto abgebildete Person und damit des Fahrers des Pkw handelt.

Neben den Feststellungen des Sachverständigen und den persönlichen, insbesondere optischen Eindruck des Angeklagten, den die Kammer sich vom Angeklagten im Hauptverhandlungstermin machen konnte, sprechen weitere ...

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