Leitsatz (amtlich)

1. Schmerzensgeld in Höhe von 430.000 EUR für bei einem Verkehrsunfall erlittene schwerste Verletzungen unter Berücksichtigung des zögerlichen und unangemessenen Regulierungsverhaltens des Haftpflichtversicherers

2. Zur Bemessung des Pflegeaufwandes für eine nächtliche Bereitschaftspflege

 

Normenkette

BGB §§ 253, 823, 843 Abs. 1; StVG § 7 Abs. 1, § 18 Abs. 1; VVG § 115 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Paderborn (Aktenzeichen 3 O 366/14)

 

Tenor

Auf die Berufungen der Klägerin und des Beklagten wird das am 10.10.2016 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel teilweise abgeändert und aus Gründen der Klarstellung insgesamt neu gefasst. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin unter Einschluss der erstinstanzlich zuerkannten und bereits gezahlten Beträge ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 255.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.10.2012 zu zahlen. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin auf den materiellen Schadenersatz unter Einschluss der erstinstanzlich zuerkannten und bereits gezahlten Beträge 170.875,49 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.11.2014 zu zahlen. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin unter Einschluss der erstinstanzlich zuerkannten und bereits gezahlten Beträge beginnend ab dem 01.11.2014 bis zum 31.12.2016 eine im Voraus fällige Rente in Höhe von 7.055,00 EUR im Quartal und ab dem 01.01.2017 eine im Voraus fällige Rente in Höhe von 6.755,00 EUR im Quartal zu zahlen. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin unter Einschluss der erstinstanzlich zuerkannten und bereits gezahlten Beträge beginnend ab dem 01.11.2014 bis zum 31.07.2019 eine im Voraus fällige Rente in Höhe von 3.600,00 EUR im Quartal und ab dem 01.08.2019 eine im Voraus fällige Rente in Höhe von 4.500,00 EUR im Quartal auf den Verdienstausfall zu zahlen. Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von Rechtsanwaltsgebühren der Rechtsanwaltskanzlei O, C-Straße ..., ... B für die außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von 8.811,47 EUR freizuhalten. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 39 % und der Beklagte 61 %. Von den Kosten der Berufung tragen die Klägerin 56 % und der Beklagte 44 %.Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert für die Berufung wird in Abänderung des Senatsbeschlusses vom 15.09.2017 auf insgesamt 643.607,42 EUR festgesetzt, davon entfallen 397.596,48 EUR auf die Berufung der Klägerin und 246.010,94 EUR auf die Berufung des Beklagten.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Schadenersatzansprüche der Klägerin nach einem Verkehrsunfall, der sich am ....08.2011 im Kreisgebiet I3 ereignet hatte. Die am ...1993 geborene Klägerin erlitt bei dem Unfall schwerste Verletzungen, unter anderem ist sie ist seitdem querschnittsgelähmt und leidet an einem Kurzdarmsyndrom. Der Beklagte erkannte seine Einstandspflicht für die Unfallfolgen an und zahlte vorgerichtlich in verschiedenen Abschlägen einen Betrag von insg. 175.000,00 EUR an die Klägerin, der gemäß seiner nachträglich erklärten Tilgungsbestimmung auf das Schmerzensgeld anzurechnen ist. Vor dem Landgericht hat die Klägerin den Beklagten auf Zahlung eines restlichen angemessenen Schmerzensgeldes sowie auf Zahlung von materiellem Schadenersatz wegen der Heilbehandlungskosten, unfallbedingter Fahrtkosten, Besuchskosten, Pflegekosten, der Kosten für ein behindertengerechtes Leben sowie wegen des Haushaltsführungs-/Erwerbschadens in Anspruch genommen. Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes, der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts und der in erster Instanz gestellten Anträge wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil verwiesen, soweit sich aus dem Nachfolgenden nichts anderes ergibt. Das Landgericht hat den Beklagten nach Einvernahme der Zeugen I und I2 sowie nach Einholung eines schriftlichen medizinischen Sachverständigengutachtens und dessen Erläuterung durch den Sachverständigen Dr. L unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an die Klägerin ein über den Betrag von 170.000,00 EUR hinausgehendes Schmerzensgeld in Höhe von 210.000,00 EUR nebst den gesetzlichen Zinsen seit dem 31.10.2012 sowie weitere 178.098,61 EUR nebst den gesetzlichen Zinsen seit dem 01.11.2014 auf den materiellen Schaden zu zahlen. Ferner hat es den Beklagten verurteilt, an die Klägerin jeweils ab dem 01.11.2014 eine im Voraus fällige Quartalsrente von 7.285,00 EUR auf den behindertenbedingten Mehraufwand sowie von 3.600,00 EUR bzw. von ...

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