Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung des steuerlichen Vorteils aus dem Ehegattensplitting im Rahmen einer Mangelverteilung

 

Leitsatz (amtlich)

Soweit im Rahmen einer Mangelverteilung der steuerliche Vorteil des Unterhaltsschuldners und seines Ehegatten aus dem Ehegattensplitting von den nach § 1609 BGB vorrangig unterhaltsberechtigten Kindern aufgebraucht würde, ist eine Korrektur dieses Ergebnisses vorzunehmen, die gewährleistet, dass der Steuervorteil dem Ehegatten des Unterhaltsschuldners, der über kein existenzsicherndes Einkommen verfügt, mindestens in dem Umfang zugute kommt, wie dies bei einem Gleichrang mit den Kindern der Fall wäre.

 

Normenkette

BGB §§ 1609, 1579 Nr. 7

 

Verfahrensgang

AG Ibbenbüren (Aktenzeichen 41 F 157/06)

AG Rheine (Aktenzeichen 13 F 325/06)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 02.06.2010; Aktenzeichen XII ZR 160/08)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18.4.2007 verkündete Urteil des AG - FamG - Rheine unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert.

Der gerichtliche Vergleich vom 18.9.2002 - 13 F 313/00 AG Rheine - in Verbindung mit dem Teilversäumnis- und Schlussurteil des AG Ibbenbüren - 41 F 157/06 - vom 11.4.2006 wird für die Zeit ab September 2006 abgeändert. Der Kläger bleibt verpflichtet, folgende Unterhaltsbeträge an die Beklagten zu Händen ihres gesetzlichen Vertreters jeweils bis zum 3. eines Monats im Voraus zu zahlen:

für die Zeit vom 1.9.2006 bis zum 30.6.2007 monatlich 150 EUR für den Beklagten zu 1) und monatlich 177 EUR für die Beklagte zu 2),

für die Zeit vom 1.5. bis zum 30.9.2007 monatlich 148 EUR für den Beklagten zu 1) und monatlich 174 EUR für die Beklagte zu 2),

für die Zeit vom 1.10. bis zum 31.12.2007 monatlich 169 EUR für den Beklagten zu 1) und monatlich 191 EUR für die Beklagte zu 2),

und für die Zeit ab dem 1.1.2008 monatlich 166 EUR für den Beklagten zu 1) und monatlich 195 EUR für die Beklagte zu 2).

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens haben der Kläger zu 38 % und die Beklagten zu 62 % zu tragen. Die Kosten der Berufungsinstanz werden dem Kläger zu 25 % und den Beklagten zu 75 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Beklagten sind die Kinder der Klägerin aus deren geschiedener Ehe. Die Klägerin ist wieder verheiratet. In ihrem Haushalt leben ihre beiden weiteren Kinder M. und R., deren Vater der Ehemann der Klägerin ist.

Mit Teilversäumnis- und Schlussurteil des AG Ibbenbüren vom 11.4.2006 sind auf Antrag des Vaters der Beklagten deren Unterhaltsansprüche gegen die Klägerin in Abänderung eines Vergleichs vor dem AG Rheine vom 18.9.2002 für die Zeit ab April 2004 von bis dahin monatlich jeweils 231 EUR auf monatlich 247 EUR für den Beklagten zu 1) und auf monatlich 291 EUR für die Beklagte zu 2) erhöht worden (die im Tatbestand des angefochtenen Urteils insoweit angegebenen Beträge von 310 EUR bzw. 354 EUR sind nicht nachvollziehbar und offensichtlich unrichtig).

Im vorliegenden Verfahren begehrt die Klägerin im Wege der Abänderung die Reduzierung ihrer Unterhaltspflicht. Sie stützt ihr Begehren darauf, dass sie ab Juni 2006, d.h. nur wenige Monate nach dem Urteil im Vorverfahren ihre bis dahin halbschichtige Erwerbstätigkeit beim Kreis Steinfurt (19,25 Stunden/Woche mit monatlich rd. 1.200 brutto) zu einer vollschichtigen Tätigkeit mit monatlich rd. 2.400 EUR brutto ausgeweitet habe, während ihr Ehemann, der bis dahin ein etwa gleich hohes Einkommen erzielt habe wie sie jetzt, die Kinderbetreuung übernommen habe und Erziehungsgeld i.H.v. monatlich 300 EUR beziehe. Die Elternzeit des Ehemannes der Klägerin sei zwar schon bei der früheren Entscheidung geplant gewesen, es habe aber noch nicht die Zustimmung des Arbeitgebers vorgelegen. Die Entscheidung für die Elternzeit sei vor allem dadurch bestimmt gewesen, dass ihr Ehemann auf diese Weise der Kündigungswelle bei der Fa. Karmann habe entgehen wollen in der Erwartung, dass während und nach der Elternzeit eine Kündigung gesetzlich ausgeschlossen sei. Der Ehemann der Klägerin erzielt außerdem noch Nebeneinkünfte als Kellner von monatlich 300 EUR.

Das FamG hat der Klage teilweise stattgegeben. Es hat in dem Wechsel der Klägerin mit ihrem Ehemann in der Betreuung der gemeinsamen Kinder eine wesentliche Änderung der für die Unterhaltsansprüche der Beklagten maßgeblichen Umstände gesehen. Es ist bei der Neuberechnung des Unterhalts davon ausgegangen, dass der Rollentausch der Klägerin mit ihrem Ehemann hinsichtlich der Kindesbetreuung von den Beklagten hinzunehmen sei. Das FamG hat eine Mangelverteilung vorgenommen, bei der es die teilweise Unterhaltspflicht der Klägerin gegenüber ihrem Ehemann berücksichtigt hat, da er mit seinem eigenen Einkommen nicht in der Lage sei, seinen notwendigen Unterhaltsbedarf zu decken.

Die Berufung der Beklagten, mit der diese ihren erstinstanzlichen Antrag auf vollständige Abweisung des Abänderungsbegehrens weiter verfolgen, macht geltend, das FamG habe zu Unrecht das Erziehungsgeld a...

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