Entscheidungsstichwort (Thema)

Gebäudeversicherung: Veränderung der Schadensstelle nach § 20 Nr. 1 Buchst. e)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Stimmt der Versicherer nach dem Eintritt eines Versicherungsfalles einer Reparatur zu, so erteilt er damit grundsätzlich seine Zustimmung zur Veränderung der Schadensstelle nach § 20 Nr. 1 Buchst. e) VGB 88.

2. Übergibt der Versicherungsnehmer dem Versicherer von diesem angeforderte Kostenvorschläge und äußert sich der Versicherer hierzu nicht, so darf der Versicherungsnehmer dieses Verhalten als Zustimmung zur Ausführung der Reparatur und als Zustimmung zur Veränderung der Schadensstelle werten.

3. § 20 Nr. 1 Buchst. e) VGB 88 enthält weder eine Obliegenheit zur Aufbewahrung von beschädigten und ausgetauschten Teilen noch eine solche zur Ablichtung der Schadenstelle bzw. der ausgetauschten Teile.

 

Normenkette

VGB § 88

 

Verfahrensgang

LG Essen (Urteil vom 07.11.2007; Aktenzeichen 1 O 13/07)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen - das am 7.11.2007 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Essen abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.328,89 EUR sowie weitere 146,85 EUR zu zahlen, jeweils nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 2.2.2007.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Von den Kosten der ersten Instanz tragen der Kläger 52 % und die Beklagte 48 %; die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 34 % und die Beklagte zu 66 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte aus bei ihr genommenen Gebäudeversicherungen auf Ersatz von Sturmschäden aufgrund eines Sturmes vom 20.5.2006 in Anspruch.

Der Kläger ist Eigentümer der Häuser S 3 und S 1 in M. Die Beklagte ist Gebäudeversicherer der vorgenannten Objekte unter Geltung der VGB 88.

Am 20.5.2006 fand gegen 15.00 Uhr in M ein heftiges Unwetter statt. Auf dem Dach des Mehrfamilienhauses S 1 lösten sich Dachziegel und Dachreiter und fielen teilweise auf den Hof. Weiter hatte sich durch den Sturm ein Entlüftungskamin, der an einem Schornstein befestigt war, gelöst. Am Nachbargebäude S 3 hatte der Sturm aufliegende Stegplatten beschädigt. Weitere Einzelheiten sind zwischen den Parteien streitig.

Am 21.5.2006 wurde der Schaden von dem Kläger zunächst auf dem Anrufbeantworter der für ihn zuständigen Provinzial-Geschäftsstelle in M gemeldet. Sodann erfolgte am 22.5.2006 eine Sturmschadensanzeige ggü. dem Sachbearbeiter der Beklagten, dem Zeugen B. Dieser besichtigte am 23.5.2006 das versicherte Objekt und fertigte Lichtbilder an. Anlässlich dieses Ortstermins wurde dem Sachbearbeiter B die beschädigte Terrassenüberdachung am Objekt S 3 gezeigt. Weiter erfolgte ein Hinweis auf am Dach verschobene Dachziegel und Dachreiter. Diesen Schaden hatte der Kläger von der Fa. K (Zeuge N) bereits am 22.5.2006 provisorisch beheben lassen. Auch auf einen Schaden am Lüftungskanal wurde der Sachbearbeiter B hingewiesen. Auch diesen Schaden hatte der Kläger am 22.5.2006 provisorisch beheben lassen.

Zwischen dem Kläger und dem Zeugen B (und zum Teil dem Zeugen R) ist sodann die weitere Vorgehensweise bezüglich der Reparatur der Terrassenüberdachung und hinsichtlich des Entlüftungskamins besprochen worden. Unstreitig sollte der Kläger in Bezug auf die beschädigte Terrassenüberdachung Kostenvoranschläge einholen. Der Inhalt dieses Gesprächs sowie weiterer nachfolgender Gespräche zwischen dem Kläger und Vertretern der Beklagten sind streitig.

Der Kläger hat seinen Schaden wie folgt beziffert:

Schaden am Hause S 3

Rechnung der Fa. R vom 8.6.2006 4.695,30 EUR

Rechnung des Malerfachbetriebes S vom 7.6.2006 1.357,20 EUR

Gesamtschaden am Hause S 3 6.052,50 EUR

Schaden am Hause S 1

Rechnung der Fa. K vom 12.6.2006 (17) 4.518,19 EUR

Fliesenschaden 300 EUR

Gesamtschaden am Hause S 1 4.818,19 EUR

Den Fliesenschaden i.H.v. 300 EUR beglich die Beklagte. Auf die Kosten der zerstörten Terrassenüberdachung wurde ein Pauschalbetrag von 3.000 EUR gezahlt. Weiter leistete die Beklagte für die Beseitigung des Sturmschadens am Dach und Entlüftungskamin des Hauses S 1 eine Pauschalentschädigung i.H.v. 650 EUR. Eine weitere Schadensregulierung lehnte die Beklagte ab, so dass der Restbetrag i.H.v. 6.920,69 EUR noch streitig war.

Der Kläger hat behauptet, dass sämtliche von ihm geltend gemachten Schäden durch das heftige Unwetter vom 20.5.2006 verursacht worden seien. Im Übrigen sei die Schadensbehebung im Einzelnen mit den Zeugen B und R besprochen worden.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.920,69 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 2.2.2007 zu zahlen,

2. die Beklagte weiter zu verurteilen, an ihn weitere 305,95 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 2.2.2007 zu zahlen (vorgerichtliche Rechtsanwalts-Kosten).

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat bestritten, dass zwischen dem Kläger und de...

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