Leitsatz (amtlich)

1. Die im Gründungsstaat erloschene englische Limited besteht in Deutschland als Rest- oder Spaltgesellschaft fort, solange sie noch Vermögen besitzt, das ansonsten keinem Rechtsträger zugeordnet werden kann.

2. Die Rest- oder Spaltgesellschaft unterliegt grundsätzlich dem deutschen Gesellschaftsrecht. Sie wird regelmäßig in der Rechtsform einer OHG oder Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführt.

3. Diese Einordnung scheidet aus, wenn die Gesellschaft nur über einen einzigen Gesellschafter verfügt hat. In diesem Falle wird sie als Einzelunternehmen des früheren Gesellschafters fortgeführt. Dieser wird Rechtsnachfolger und Inhaber ihrer inländischen Forderungen.

 

Normenkette

BGB §§ 631-632, 641 Abs. 1 S. 1; EGV Art. 43, 48

 

Verfahrensgang

LG Siegen (Urteil vom 01.10.2013; Aktenzeichen 8 O 49/11)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 1.10.2013 verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des LG Siegen in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 12.11.2013 abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.484,46 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 331,25 EUR seit dem 15.2.2010, aus 592,45 EUR seit dem 14.6.2010, aus 665,26 EUR seit dem 29.6.2010, aus 5.002,81 EUR seit dem 10.9.2010, aus 101,75 EUR seit dem 22.10.2010 und aus 788,94 EUR seit dem 22.10.2010 zu zahlen.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 603,93 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.12.2010 zu zahlen.

Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.

Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Kläger war Alleingesellschafter der nach englischem Recht gegründeten Firma F mit inländischer Zweigniederlassung in C. Diese war mit der Beklagten, die sich mit Trocknungs- und Sanierungsarbeiten nach Wasser- und/oder Brandschäden befasst, durch einen schriftlichen Rahmenvertrag vom 24.2./8.4.2010 verbunden. Dabei ging es um die Ausführungen von Einzelleistungen der Wasser- und Brandschadenbehebung durch die Firma F als Subunternehmerin. Nach §§ 1 Nr. 1, 9 Nr. 3 S. 2 sollten die Einzelaufträge schriftlich erteilt und bestätigt werden. In § 2 Nr. 1 war vorgesehen, dass die Vergütung bei jedem Einzelauftrag gesondert festgelegt wird. Die Leistungen sollten durch Rechnungen, Lieferscheine und Stundennachweise belegt werden. Fälligkeit war gem. § 2 Nr. 3 binnen 30 Tagen nach Abnahme vorgesehen.

Am 3.8.2010 wurde die Firma F im englischen Handelsregister gelöscht. Der Kläger war in der Folgezeit in dem Geschäftsbereich der Gesellschaft weiterhin gewerblich tätig.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Bezahlung offener Rechnungen in Höhe eines Gesamtbetrags von 7.484,46 EUR. Der Betrag setzt sich aus sechs Einzelrechnungen aus dem Jahre 2010 zusammen, die der Beklagten erteilt worden sind.

Der Kläger hat behauptet, dass die abgerechneten Arbeiten aufgrund von Einzelaufträgen ordnungsgemäß erbracht worden seien. Die Beauftragungen seien jeweils kurzfristig mündlich vor Arbeitsbeginn erfolgt. Die hierfür erteilten Rechnungen habe die Beklagte nach Grund und Höhe anerkannt. Das ergebe sich aus einer Email des Prokuristen U der Beklagten vom 13.9.2010, nach der die Rechnungen freigegeben und an die Hauptniederlassung der Beklagten in P übersandt worden seien. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass sämtliche Vergütungsforderungen der gelöschten Gesellschaft im Wege der Universalsukzession auf ihn als einzigen früheren Gesellschafter übergegangen seien.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.484,46 EUR nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus 331,25 EUR seit dem 21.1.2010, aus 101,75 EUR seit dem 29.9.2010, aus 592,45 EUR seit dem 21.5.2010, aus 5.002,81 EUR seit dem 8.9.2010, aus 788,94 EUR seit dem 19.10.2010 und aus 667,26 EUR seit dem 7.6.2010 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 603,93 EUR zu zahlen, nebst fünf Prozentpunkten Zinsen aus 402,82 EUR über dem Basiszinssatz seit dem 13.10.2010 und aus 201,11 EUR seit dem 22.12.2010.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat das Klagevorbringen als unsubstantiiert zurückgewiesen. Allein die Vorlage von Rechnungen reiche nicht aus, um einen Vergütungsanspruch zu begründen. Die Erteilung etwaiger den Rechnungen zugrunde liegender Einzelaufträge sei hiernach nicht ersichtlich. Im Übrigen fehle es an der im Rahmenvertrag vereinbarten schriftlichen Auftragserteilung und -bestätigung. Ferner hat die Beklagte die Aktivlegitimation des Klägers bestritten. Die Firma F bestehe nach ihrer Handelsregisterlöschung als Restgesellschaft im Inland fort. Vergütungsforderungen der Gesellschaft seien daher nicht auf den Kläger übergegangen. Hilfsweise hat die Beklagte die Aufrechnung mit einer Gegenforderung i.H.v. 1.085,12 EUR erklärt. Hier...

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