Leitsatz (amtlich)

1. Der Franchisegeber hat als (potentieller) Vertragspartner nicht die Aufgaben eines Existenzgründungsberaters. Ihm obliegt insbesondere nicht, den Franchisenehmer über die allgemeinen Risiken einer beruflichen Selbständigkeit aufzuklären oder für ihn insoweit umfassende Kalkulationen zu erstellen.

2. Der Franchisegeber ist indes verpflichtet, den (potentiellen) Franchisenehmer vor Abschluss des Franchise-Vertrages über die Rentabilität des von ihm angebotenen Franchise-Systems auf insgesamt zutreffender Tatsachenbasis, d.h. insgesamt wahrheitsgemäß, aufzuklären, da die Rentabilität des Systems für den potentiellen Franchisenehmer im Vorfeld des Vertragsschlusses - für den Franchisegeber ohne weiteres erkennbar - von besonderer Bedeutung ist.

3. Die Aufklärungspflicht des Franchisegebers über die Rentabilität umfasst insbesondere auch die Pflicht, zutreffende Angaben über die erzielbaren Umsätze zu machen und sein System nicht erfolgreicher darstellen als es tatsächlich ist. Das zur Aufklärung über die erzielbaren Umsätze verwendete Datenmaterial muss auf einer sorgfältigen Untersuchung des Marktes (der jeweiligen Branche nebst deren Eigenheiten) beruhen, auf den konkreten Standort (bzw. die vorvertraglich in Rede stehende Franchise-Region) ausgerichtet sein und darf - ohne entsprechenden eindeutigen Hinweis - nicht lediglich den Charakter einer Schätzung aufweisen.

4. Wenn der Franchisenehmer hinreichend substantiiert Anzeichen für - zumindest - unzureichende bzw. irreführende und auch tatsächlich falsche vorvertragliche Angaben des Franchisegebers vorgetragen hat, obliegt es - zumindest nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast - dem Franchisegeber, die Vollständigkeit und inhaltliche Richtigkeit seiner vorvertraglichen wörtlichen Angaben und seines vorvertraglichen Zahlenwerks substantiiert darzutun.

5. Die (zumindest sekundäre) Darlegungslast des Franchisegebers besteht in gesteigertem Umfang, wenn der Franchisenehmer ab Vertragsbeginn im Zeitraum von vier Monaten nur 4 Aufträge mit einem Umsatz von rund 1.500 EUR statt in der Umsatzplanung des Franchisegebers für das erste Franchisejahr in Aussicht gestellter ca. 101.000 EUR (bzw. rund 33.000 EUR für vier Monate) abwickeln konnte.

6. Folge der Nichterfüllung der - zumindest - sekundären Darlegungslast des Franchisegebers ist zwar keine Beweislastumkehr, aber eine Geständnisfiktion zugunsten des Klägers i.S.v. § 138 Abs. 3 ZPO.

7. Im Rahmen eines Anspruchs aus §§ 812 Abs. 1, 123, 142 BGB ist die sog. Saldotheorie zugunsten des Franchisenehmers dahingehend eingeschränkt, dass er als Bereicherungsgläubiger - etwaige - Zurückbehaltungsrechte bzw. Gegenansprüche des Franchisegebers nicht bereits - etwa im Rahmen eines Antrages auf eine Zug-um-Zug-Verurteilung - zu berücksichtigen hat.

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 13.11.2012; Aktenzeichen 35 O 38/08)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Vorsitzenden der 5. Kammer für Handelssachen des LG Düsseldorf vom 13.11.2012 abgeändert und wie folgt neugefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 41.956,65 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 40.785,56 EUR seit dem 23.5.2008 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 1.188,20 EUR zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche auf bzw. aus der Rückabwicklung eines Franchise-Vertrages vom 22.5.2007 sowie Ansprüche auf Zahlung von Vergütungen für von ihm unstreitig ausgeführte Leistungen geltend. Wegen weiterer Einzelheiten wird gem. § 540 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen.

Das LG hat die Klage nach Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Die zulässige Klage sei unbegründet. Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Rückerstattung der Einstiegsgebühr (26.120 EUR) und des Betrages für die Fahrzeugausstattung (14.665,56 EUR) zu.

Ein Anspruch des Klägers aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB bestehe nicht, da die von ihm an die Beklagte erbrachten Zahlungen mangels Wirksamkeit der von ihm erklärten Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung (§§ 123 Abs. 1, 142 Abs. 1 BGB) mit Rechtsgrund erfolgt seien.

Bereits anhand der vom Kläger vorgelegten Unterlagen könne nicht festgestellt werden, dass die Beklagte ihn über das Bestehen von "Großkunden-Rahmenverträgen" bzw. "Großkundenverträgen" arglistig getäuscht habe. Bei den dortigen Angaben der Beklagten handele es sich - nach der äußeren und graphischen Aufmachung als auch den einem Werbetext entsp...

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