Verfahrensgang

LG Dortmund (Entscheidung vom 10.02.2010; Aktenzeichen 2 O 101/09)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 07.02.2012; Aktenzeichen VI ZR 29/11)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 10.02.2010 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin bleibt nachgelassen eine Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Klägerin verlangt als Rechtsnachfolgerin der S AG Schadensersatz, weil ein Bagger der Beklagten am 15.05.2007 bei Rodungsarbeiten in I über die Trasse einer unterirdischen Gasleitung gefahren und dabei von einer sogenannten Baggermatte abgerutscht ist.

Daraufhin ist die Leitung freigelegt und vermessen worden. Es ist eine Unrundheit festgestellt worden, die sich aber innerhalb der zulässigen Grenzwerte hielt, so dass an der Leitung selbst keine Reparatur durchgeführt werden mußte. Die Ferngasleitung mußte auch zu keinem Zeitpunkt abgeschaltet werden.

Im Grundbuch ist für die S AG das Recht eingetragen, in einem Grundstücksstreifen von 8 m Breite eine Ferngasleitung zu betreiben nebst Benutzungsrecht und Bebauungsverbot.

Die Klägerin begehrt Ersatz der Überprüfungskosten in Höhe von insgesamt 8.904,92 Euro (7.483,13 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer) nebst Zinsen.

Die Beklagte macht demgegenüber geltend, dass kein dinglich geschütztes Rechtsgut verletzt worden sei.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zwar könne das ungeschützte Befahren des Schutzstreifens der Gasleitung einen grundstücksbezogenen Eingriff in das dinglich gesicherte Nutzungsrecht der Klägerin darstellen. Ein Organisationsverschulden der Beklagten sei aber nicht festzustellen. Eine Haftung aus § 831 BGB komme nicht in Betracht, weil der Baggerfahrer sorgfältig ausgewählt worden sei.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Schadensersatzverlangen (8.904,92 Euro nebst Zinsen) weiter. Die Beklagte habe den Baggerfahrer weder beaufsichtigt, noch ausreichend eingewiesen. Unabhängig von einem Verschulden ergebe sich die Schadensersatzverpflichtung bereits aus dem Gesichtspunkt der Gefährdungshaftung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, das Protokoll vom 10.02.2010 über die Aussagen der erstinstanzlich vernommenen Zeugen und das erstinstanzliche Urteil verwiesen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.

Das Schadensersatzbegehren der Klägerin scheitert daran, dass kein durch die Vorschriften über unerlaubte Handlungen geschütztes Rechtsgut der Klägerin verletzt ist.

Die von der Berufung geltend gemachte Gefährdungshaftung nach dem Straßenverkehrsgesetz scheidet nach § 8 Ziff. 1 StVG aus, weil der Bagger nach der unwidersprochenen Darstellung der Beklagten nicht mehr als 20 km/h fahren kann. Außerdem greift die Haftung nach § 7 StVG nur ein im Fall der Beschädigung einer Sache. Die Leitung selbst ist hier aber tatsächlich nicht beschädigt worden. Eine regelwidrige Substanzveränderung ist nicht festgestellt worden.

Eine Eigentumsverletzung der Gasleitung ist nicht dargelegt. Die Rohrleitung ist in der Substanz nicht beschädigt worden.

Ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Rechtsvorgängerin der Klägerin ist nicht ersichtlich. Unstreitig konnte die Gasleitung weiter betrieben werden und mußte nicht abgeschaltet werden.

Eine Verletzung des dinglich gesicherten Nutzungsrechts sieht der Senat - abweichend vom Landgericht, dass sich auf eine Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 19.11.2008 (19 U 13/08) bezieht - nicht. Das dingliche Recht umfaßt das Verlegen und Betreiben der Ferngasleitung und ein Bebauungsverbot. Ein Befahren des Grundstücksstreifens ist damit nicht grundsätzlich untersagt. Das Leitungsrecht selbst ist hier aber nicht beeinträchtigt, weil die Leitung weiter betrieben werden konnte. Weitergehende Pflichten, auch eine Gefährdung der Leitung auszuschließen, sind nicht von dem dinglichen Recht umfaßt. Was die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit geltend macht, sind Überprüfungskosten wegen vermuteter Beschädigung der Leitung. Eine Beschädigung ist aber tatsächlich nicht eingetreten. Wenn ein dingliches Recht, - wie hier - tatsächlich nicht verletzt worden ist, besteht kein Anspruch auf Ersatz der Überprüfungskosten (vgl. Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl., Kap. 3 Rdn. 45, Kap. 10 Rdn. 14 bis 16 und Kap. 29, Rdn. 8).

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Ziff. 10, 711 ZPO.

Die Revision war zuzulassen, weil der Senat von dem zitierten Urteil des OLG Düsseldorf abweicht. Diese Abweichung ist entscheidungserheblich, weil der Senat die Frage des Verschuldens, wenn es hierauf noch angekommen wäre, voraussichtlich anders entschieden hätte, als das Landgericht. Der Baggerfahrer hat als Zeuge e...

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