Verfahrensgang

LG Bochum (Urteil vom 11.11.1987; Aktenzeichen 4 O 391/86)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 11. November 1987 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bochum abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits und die außergerichtlichen Kosten der Streithelferin in der ersten Instanz.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung wegen der Kosten der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 3.700,– DM und wegen der Kosten der Streithelferin durch Sicherheitsleistung von 1.600,– DM abwenden, wenn nicht die Beklagte und die Streithelferin vor der Vollstreckung Sicherheit leisten. Den Parteien und der Streithelferin wird nachgelassen, die Sicherheitsleistung auch durch Bürgschaft einer deutschen Großbank, einer Sparkasse oder Genossenschaftsbank zu erbringen.

Der Kläger ist in Höhe von 8.058,80 DM beschwert.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte aus Verletzung der Verkehrssicherungspflicht auf Schadenersatz wegen eines Unfalls in Anspruch, den er am 28.12.1985 gegen 11.15 Uhr auf dem Gelände der Beklagten erlitten hat.

Der Kläger ist als Trompeter Mitglied der von der … der Streithelferin in erster Instanz, getragenen … Neben dieser Tätigkeit spielte er bis zu seinem Unfall in Kammermusikgruppen Violine und erteilte auch Violinunterricht. Er hatte sein Musikstudium hinsichtlich beider Instrumente mit der Note „sehr gut” abgeschlossen.

Die Bochumer Philharmoniker pflegen in den Räumlichkeiten der Beklagten Konzerte zu geben. Zu diesem Zweck hat die Beklagte durch Vereinbarung mit der … das Auditorium … zur Durchführung von zwölf Konzertveranstaltungen pro Spielzeit unentgeltlich (d.h. lediglich gegen Erstattung der anfallenden Personal- und Sachkosten) zur Verfügung gestellt. In § 7 dieser Vereinbarung wird auf die „Richtlinien für die Überlassung von Räumlichkeiten für Veranstaltungen in der … Bezug genommen, wo es in § 7 Abs. 2 heißt:

„Der Veranstalter haftet für sämtliche Personen- und Sachschäden, die Dritten, insbesondere den Besuchern seiner Veranstaltung, seinen Beauftragten oder ihm selbst sowie der …, dem Land Nordrhein-Westfalen und deren Bediensteten bei der Benutzung der überlassenen Räume und ihrer Zugangswege entstehen, es sei denn, daß die Schäden auf ein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten der … oder ihrer Mitarbeiter zurückzuführen ist. Der Veranstalter hat die … und das Land Nordrhein-Westfalen bzw. deren Bedienste von allen Ansprüchen freizustellen, die aus diesem Anlaß gegen sie geltend gemacht werden können.”

Der Kläger hatte am 28.12.1985 vormittags an einer Orchesterprobe im Auditorium Maximum teilgenommen. Als er nach deren Beendigung gegen 11.15 Uhr seinen PKW im Tiefgaragenbereich aufsuchen wollte, kam er auf einer Außentreppe, die zu den Parkplätzen im Bereich „Mensa” hinunterführt, zu Fall. Dabei erlitt er eine Rückenprellung sowie einen knöchernen Strecksehnenausriß am Endglied des 4. Fingers der linken Hand. Die Knochenverletzung führte zu einer Versteifung des linken Ringfingers.

Die Parteien streiten über die Passivlegitimation der Beklagten, die Anwendbarkeit des Haftungsprivilegs gemäß § 636 RVO sowie darüber, ob die Unfallstelle bei Beendigung der Orchesterprobe ausreichend gestreut war und ob der Beklagten Mängel bei der Organisation der Streumaßnahmen sowie der Auswahl und Überwachung der damit betrauten Bediensteten Mängel anzulasten sind.

Der Kläger hat behauptet, die von ihm benutzte Treppe sei weder geräumt noch abgestreut gewesen. Unter einer frischen Schneedecke habe sich eine von oben nicht erkennbare Eisschicht befunden. Er hat die Auffassung vertreten, die Streupflicht sei nicht wirksam auf die Stadt Bochum übertragen worden sei und selbst im Falle einer wirksamen Übertragung wäre zumindest eine eigene Sicherungspflicht der Beklagten – in Form einer Aufsichtspflicht – verblieben.

Zur Höhe eines angemessenen Schmerzensgeldes hat der Kläger vorgetragen, er könne wegen der Versteifung des linken Ringfingers auf Dauer nicht mehr Geige spielen, wobei dieses Instrument für ihn das „zweite berufliche Bein” bedeutet habe; auch seine Kammermusiktätigkeit sei dadurch nicht mehr möglich. Daher sei ein Schmerzensgeld von mindestens 6.000,– DM angemessen. – Als materielle Schadenfolge aus seiner Verletzung hat er Attestkosten (28,80 DM) und eine Pauschale von 30,– DM für Aufwendungen geltend gemacht.

Der Kläger hat beantragt,

1.) die Beklagte zu verurteilen, an ihn 58,80 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11.2.1986 zu zahlen,

2.) die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens jedoch 6.000,– DM, nebst 4 % Zinsen seit dem 11.2.1986 zu zahlen,

3.) festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihm sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihm aus dem Unfall vom 28.12.1985 noch entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger übergegangen ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

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