Leitsatz (amtlich)

Zur internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte für die Klage auf Gewährung von Aktienoptionen gegen die Konzernmutter der Arbeitgeberin, wenn die Beklagte ihren Sitz in den Vereinigten Staaten von Amerika hat.

 

Normenkette

ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 Lit. a; EuGVVO Art. 6 Abs. 1, Art. 17 Abs. 1, Art. 21 Abs. 1 lit. b, Abs. 2; Rom I-VO Art. 3 Abs. 1, Art. 4 Abs. 2-3; ZPO §§ 21, 23, 29

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Aktenzeichen 4 O 361/16)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 16.03.2018 verkündete Urteil des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung aus beiden Urteilen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des jeweiligen Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Übertragung des Rechts zum Bezug von 281 Belegschaftsaktien auf sein Konto bei dem Online-Broker D T.

I. 1. Die Beklagte ist ein international tätiges Online-Versandhandelsunternehmen. Ein Tochterunternehmen der Beklagten ist die B F Core S.à.r.l. in M (nachfolgend "B F"). Der Kläger war in der Zeit vom 1.9.2005 bis zum 29.2.2016 bei verschiedenen deutschen Tochtergesellschaften der B F, mithin Enkelgesellschaften der Beklagten beschäftigt.

Neben Verträgen mit diesen Enkelgesellschaften hat der Kläger unmittelbar mit der Beklagten Einzelverträge über die Aktienzuteilung im Einzelfall geschlossen. Ein Rahmenvertrag über die Zuteilung von Belegschaftsaktien (Aktienoptionen; auch sog. Restricted Stock Units [RSU]) mit vertraglicher Sperrfrist geschlossen ("1997 Stock Incentive Plan") legt die allgemeinen Voraussetzungen für Ansprüche auf die Zuteilung von Aktienoptionen fest. Er enthält in Ziff. 16.9 eine Rechtswahlklausel. Der Umfang der auf dieser Grundlage durch die Einzelverträge zugeteilten Aktienoptionen ist abhängig von einer Leistungsbeurteilung des jeweiligen Arbeitgebers.

Die aufgrund von Einzelverträgen zugesprochenen Aktien hat die Beklagte nach dem Rahmenvertrag auf ein Aktienkonto der Mitarbeiter bei dem Online-Broker D T zu übertragen. Auf diesem Konto sind sie dem Empfänger zunächst während der Dauer einer (dreijährigen) Haltefrist "schwebend" zugewiesen, mit Ablauf der Haltefrist wurden sie sukzessive "unverfallbar" (engl.: vested) und dem Empfänger unwiderruflich zugewiesen.

Über die Aktienoptionen erstellte die Beklagte jährliche "Vergütungsaufstellungen", aus denen neben Grundgehalt, Zielvergütung und "Grants" auch das "Aktienvesting" ersichtlich war, also eine Übersicht, zu welchem Zeitpunkt Aktienoptionen unverfallbar werden. Die jeweiligen Arbeitgeber des Klägers hatten mit diesen "Vergütungsaufstellungen" nichts zu tun.

Im Laufe seiner Beschäftigung bei den verschiedenen Enkelgesellschaften hat der Kläger jedes Jahr mehrere hundert Belegschaftsaktien der Beklagten erhalten.

In einer vom Kläger vorgelegten Vergütungsaufstellung über "Vergütung im Jahre 2011" mit Datumsangabe vom 21. April 2011 finden sich in der Rubrik "Aktienvesting" für das Jahr 2013 Einträge von 121 "Aktienoptionen und RSU-Bewilligungen" für die "Grant-Beschreibung" "B2 10" sowie weitere 109 Stück für "B2 11", für das Jahr 2014 37 Stück für "B2 11".

Die Summe von 267 Aktien hat der Kläger zunächst außergerichtlich und anschließend gerichtlich gegenüber der Tochtergesellschaft der Beklagten geltend gemacht, bei der er zuletzt beschäftigt war. Das ArbG Leipzig (Az.: 3 Ca 2132/15) und das sächs. LAG (Az.: 9 Sa 661/15) haben die Klage rechtskräftig abgewiesen mit der Begründung, die Aktienoptionen beruhten auf einem selbständigen Vertrag und nicht auf dem Arbeitsvertrag.

Daraufhin hat der Kläger die hiesige Beklagte zunächst außergerichtlich in Anspruch genommen. Diese erläuterte ihre Sicht der Dinge mit E-Mail v. 1.8.2016. Sie wies darauf hin, dass der Kläger bei der Berechnung seiner Forderung seine (krankheitsbedingte) Beurlaubung nicht berücksichtigt habe. Diese habe zu einer Verschiebung der Unverfallbarkeit um 903 Tage geführt. Aus einer der E-Mail angehängten tabellarischen Aufstellung (Bl. 9) ergibt sich, dass die Beklagte davon ausging, der Kläger habe zunächst 281 Aktienoptionen erworben. 130 davon seien unverfallbar geworden. Diese habe die Beklagte auf das - mittlerweile von D T zu N T2 migrierte - Konto des Klägers bei N T2 gutgeschrieben. Die restlichen 151 Optionen hingegen seien verfallen, da ihr Unverfallbarkeitsdatum nach dem Ausscheiden des Klägers am 28.2.2016 gelegen habe.

2. Der Kläger ist der Ansicht, für sein Begehren seien die deutschen Gerichte international zuständig. Deutschland sei Erfüllungsort i.S.v. § 29 ZPO. Die Beklagte habe zudem selbständige Niederlassungen i.S.v. § 21 ZPO in Deutschland. Sie verfüge auch über Vermögen in Deutschland, § 23 ZPO.

In der Sache behauptet der Kläger, entsprechend der...

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