Leitsatz (amtlich)

1. Ein Aufwendungsersatzanspruch des Mieters gem. §§ 539 Abs. 1, 677, 683 S. 1 BGB setzt u.a. Fremd-geschäftsführungswillen des Mieters voraus, der nur bei einem objektiv fremden Geschäft vermutet wird. Nimmt der Mieter die Maßnahmen zumal nach eigenen Bedürfnissen und Vorstellungen im Interesse des eigenen Geschäfts vor, ist eher von einem neutralen Geschäft auszugehen.

2. Auch ein Anspruch aus §§ 684 S. 1, 818 Abs. 2 BGB setzt Fremdgeschäftsführungswillen voraus (OLG Düsseldorf, Az. 24 U 58/09).

3. Ein Anspruch auf Ausgleich einer Wertsteigerung am Mietgrundstück gem. §§ 951 Abs. 1, 812 Abs. 1 S. 1, Alt. 1, 812 Abs. 2 BGB scheidet aus, soweit es wegen § 95 As. 1 S. 1 BGB nicht zu einem Eigentums-werb des Vermieters gekommen ist.

4. Ein Anspruch des Mieters auf Wertausgleich ergibt sich auch nicht, wenn er die von ihm getroffenen baulichen Maßnahmen auf dem Grundstück belässt, denn § 539 Abs. 2 BGB regelt die wechselseitigen Ansprüche abschließend in der Weise, dass der eine Vertragspartner sein Eigentum an der Einrichtung nur durch rechtzeitige Wegnahme erhalten bzw. wiedererlangen kann und der andere die Wegnahme nur zu dulden hat (BGHZ 81, 146).

 

Normenkette

BGB § 539 Abs. 1-2, §§ 677, 683, 684 S. 1, §§ 818, 951

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Aktenzeichen 7 O 257/13)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten wird das am 10.12.2014 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 7. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Klägerin - teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Abrechnungen über die Betriebskosten der Kalenderjahre 2010 und 2011 für das Mietobjekt "B-Straße" in ... I - ehemals B1 T2-Center - zu erteilen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 4.000,00 Euro abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Klägerin begehrt als frühere Mieterin einer gewerblich genutzten Immobilie von der Beklagten als letzter Eigentümerin und Vermieterin den Ausgleich einer Wertsteigerung des Mietobjekts, die sie im Verlauf des Mietverhältnisses herbeigeführt haben will, sowie die Erteilung von Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2010, 2011 und 2012.

Die Fahrzeug-Werke M GmbH mietete mit Vertrag vom 30.12.1998 von den damaligen Eigentümern L und S2 L ein Gewerbeobjekt unter der B-Straße in I zum Betrieb eines Autohauses mit Fahrzeugen der Marke T2. Der Mietvertrag enthielt in § 9 ("Benutzung des Mietobjektes") folgende Bestimmungen:

"1.) Der Mieter hat das Recht, das Mietobjekt für seine Zwecke herzurichten.

2.) Alle Investitionen in das Gebäude, die der Mieter tätigt, werden, sofern sie wertverbessernd sind, nach Beendigung des Mietvertrages vom Vermieter ausgeglichen. Der maßgebliche Wert wird durch einen von der zuständigen Industrie- und Handelskammer zu bestellenden öffentlich vereidigten Sachverständigen bindend bestimmt. Bewegliche Gegenstände sowie Scheinbestandteile kann der Mieter entfernen. Für bauliche Veränderungen bedarf es der Zustimmung des Vermieters, die nur aus zwingenden Gründen versagt werden kann."

Ende 2005 / Anfang 2006 kam es zu Verhandlungen zwischen den Vertragsparteien über die Fortsetzung des Mietverhältnisses sowie von Mieterseite beabsichtigte Veränderungen des Gebäudebestands. Hintergrund war u. a., dass die Fa. M beabsichtigte, an dem Standort in I nicht mehr die Marke T2, sondern die Marken N und G2 zu vertreiben, wozu sie zwei getrennte, den Herstellervorgaben genügende Schauräume benötigte.

Unter dem 15./18.11.2005 schlossen die Herren L als Vermieter mit der durch formwechselnde Umwandlung aus der Fahrzeug-Werke M GmbH hervorgegangenen Fahrzeug-Werke M AG als bisheriger Mieterin und der Klägerin eine als "Nachtrag Nr. 1 zum Mietvertrag vom 30.12.1998" bezeichnete dreiseitige Vereinbarung. Die Vertragsparteien vereinbarten, dass die Klägerin ab dem 01.01.2006 anstelle der Fahrzeug-Werke M AG als Mieterin in das Mietverhältnis eintreten sollte. Die Vereinbarung enthielt u. a. folgende Bestimmungen:

"[...]

§ 14 - sonstige Vereinbarungen - wird wie folgt geändert:

5.) [...]

'6.) Der Vermieter gestattet dem Mieter bauliche Veränderungen am T2-Turm vorzunehmen. Sämtliche hierfür anfallenden Kosten trägt der Mieter.'

Alle sonstigen Bestimmungen des Vertrages bleiben unverändert.

[...]"

Mit Schreiben vom 30.01.2006 (Anl. 26) teilte die Fahrzeug-Werke M AG den Herren L und S2 L mit, sie beabsichtige, den auf dem Mietgrundstück befindli...

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