Verfahrensgang

LG Hagen (Urteil vom 24.11.1994; Aktenzeichen 4 O 602/93)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten zu 1) wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das am 24. November 1994 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hagen abgeändert.

Der Beklagte zu 1) bleibt verurteilt, an den Kläger 5.497,21 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1. Februar 1994 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Streithelfers werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch den Beklagten zu 1) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 12.000,00 DM, die Vollstreckung durch den Beklagten zu 2) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000,00 DM und die Vollstreckung durch den Streithelfer gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 6.000,00 DM abwenden wenn nicht der Beklagte zu 1), der Beklagte zu 2) und der Streithelfer zuvor Sicherheit in jeweils gleicher Höhe leisten.

Der Beklagte zu 1) kann die Vollstreckung durch den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 6.000,00 DM abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Parteien und der Streithelfer können eine ihnen obliegende Sicherheitsleistung auch durch unbefristete Bürgschaft einer Großbank, einer öffentlichen Sparkasse oder Genossenschaftsbank erbringen.

Die Beschwer beträgt für den Beklagten zu 1) 5.497,21 DM und für den Kläger 106.835,44 DM.

 

Tatbestand

Der Kläger verlangt von dem Beklagten zu 1) – gegen den früheren Beklagten zu 2) ist die Klage vor der mündlichen Verhandlung in erster Instanz zurückgenommen worden – Schadensersatz wegen einer anwaltlichen Pflichtverletzung.

Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Großmutter des Klägers (Erblasserin) setzte durch notarielles Testament vom 12.08.1963 den Vater des Klägers und dessen Tante (…) zu gleichen Teilen als Erben ein. Zu ihrem Vermögen gehörte das Hausgrundstück … in ….

Am 25.05.1965 verfaßte die Erblasserin handschriftlich ein Schreiben mit folgendem Inhalt:

„Meinem Enkel … gehört als letzter Überlebender das Haus und die Briefmarkensammlung.”

Das Schreiben – wegen des genauen Wortlautes wird auf die bei den Akten befindliche Ablichtung (Bl. 11 Beiakte 14 O 335/91 LG Hagen) verwiesen – trägt sodann die Unterschrift der Erblasserin und deren Anschrift. Aufgefunden vom Kläger wurde das Schreiben erst nach dem Tode des Vaters des Klägers am 31.01.1987 unter dessen Papieren. Zuvor war der Inhalt dem Kläger und seiner Tante nicht bekannt.

Durch notariellen Vertrag vom 04.11.1967 übertrug die Erblasserin im Wege vorweggenommener Erbfolge einen 1/3-Anteil an dem Grundstück … auf den Vater des Klägers.

Nachdem die Erblasserin am 17.06.1977 verstorben war, schlossen ihre Erben – der Vater des Klägers und seine Tante – unter dem 26.09.1977 einen Erbauseinandersetzungsvertrag, mit dem beide das Ziel verfolgten, eine gleichmäßige Beteiligung beider an dem Grundstück zu erreichen. Demgemäß wurde der zuvor auf den Vater des Klägers übertragene 1/3-Anteil nun zur Hälfte auf die Tante übertragen. Beide gingen davon aus, daß eine solche Regelung dem Willen der Erblasserin entsprochen habe.

Als der Kläger nach dem Tode seines Vaters das Schreiben der Erblasserin vom 25.05.1965 vorfand, suchte er im März 1987 den Rechtsanwalt und Notar … in … auf und erteilte ihm den Auftrag, das Grundstück zu sichern. Sowohl die Tante des Klägers als auch dessen Mutter, die inzwischen als Erbin im Grundbuch eingetragen war, waren nicht bereit, die Eintragung eines Widerspruches gegen die Richtigkeit des Grundbuches zu bewilligen. Daher beantragte Rechtsanwalt und Notar … am 21.04.1987 die Erteilung eines Erbscheins dahin, daß der Kläger seine Großmutter allein beerbt habe.

Im Erbscheinsverfahren – wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt 12 VI 218/87 AG Dortmund Bezug genommen – widersprach die Tante des Klägers der Erteilung eines Erbscheines. Unter anderem führte sie aus, daß die Testierfähigkeit der Erblasserin zweifelhaft sei. Auch sei es fraglich, ob es sich bei dem Schreiben vom 25.05.1965 überhaupt um ein Testament handele. Die Umstände sprächen insgesamt eher dagegen. Auf Seiten des Nachlaßgerichtes wurden Bedenken gegen die Erteilung des Erbscheines erhoben. Selbst wenn unterstellt werde, daß es sich bei dem Schreiben vom 25.05.1965 um eine wirksame letztwillige Verfügung handele, könne nicht davon ausgegangen werden, daß der Kläger alleiniger Erbe bzw. Nacherbe geworden sei. Denn nach dem eingereichten Wertfragebogen sei neben dem 2/3-Anteil an dem Hausgrundstück, welcher mit 80.000 DM bewertet worden sei, noch Geldvermögen von 21.000 DM hinterlassen worden. Das Schreiben vom 25.05.1965 könne daher allenfalls als Vermächtnis angesehen werden.

Unter dem 24.11.1987 nahm Rechtsanwalt und Notar … daraufhin den Erbscheinsantrag zurück.

Ebenfalls am 24.11.1987 übertrug die Tante des Klägers ihren ½-Miteigentumsanteil an dem Hausgrundstück im Wege vorweggenommener Erbfolge auf ihren...

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